Supernova-Überreste mit Erinnerung
von Stefan Deiters astronews.com
29. Dezember 2009
Nach Auswertung von zahlreichen Bildern von
Supernova-Überresten, die das NASA-Röntgenteleskop Chandra gemacht hat,
glauben Astronomen, dass man aus ihrer Form auch etwas über die Explosion
ableiten kann, durch die sie einmal entstanden sind. Die Entdeckung könnte
wichtig sein, um auch mehr über den Verlauf von Supernovae zu erfahren, die
schon viele Tausend Jahre zurückliegen.
"Das ist fast so, als hätte der Supernova-Überrest ein
Erinnerungsvermögen an die ursprüngliche Explosion", vergleicht Laura Lopez von
der University of California in Santa Cruz, die die Untersuchung
leitete. "Es ist das erste Mal, dass die Form von Supernova-Überresten im
Röntgenbereich systematisch miteinander verglichen worden ist."
Astronomen unterschieden verschiedene Arten von Supernova-Explosionen: Die
unterschiedlichen Typen werden in der Regel durch Beobachtungen direkt im
Anschluss an die Explosion festgelegt und spiegeln auch den eigentlichen Ablauf
der Explosion wider. Dies funktioniert daher nicht sonderlich zuverlässig bei
Supernovae, die sich schon vor langer Zeit ereignet haben.
Lopez und ihre Kollegen haben sich bei der Untersuchung auf relativ junge
Supernova-Überreste konzentriert, die eine starke Röntgenstrahlung von Silizium
zeigen, das bei der Explosion ins All geschleudert wurde. Auf diese Weise
wollten sie den störenden Einfluss von interstellarer Materie möglichst gering
halten. Die Analyse von 17 Supernova-Überresten in der Milchstraße und der
Großen Magellanschen Wolke ergab, dass man aus dem Aussehen des Überrestes
tatsächlich auf die vorangegangene Explosion schließen kann.
Für jede der untersuchten Supernova-Überreste lagen den Wissenschaftlern noch
zusätzliche, von der Form unabhängige Informationen über den Typ der Explosion
vor. So konnten sie ermitteln, dass Supernovae vom Typ Ia relativ symmetrische,
kreisförmige Überreste hinterlassen. Supernovae vom Typ Ia entstehen durch die
Explosion eines Weißen Zwergs und werden von Astronomen häufig als sogenannte
Standardkerzen zur Entfernungsbestimmung eingesetzt.
Supernovae hingegen, die durch den Kollaps eines massereichen Sterns
verursacht werden, sind deutlich asymmetrischer. "Wenn wir die
Supernova-Überreste mit dem Typ der Explosion in Verbindung bringen können, dann
sind diese Informationen auch für unsere theoretischen Modelle verfügbar, mit
denen wir detailliert berechnen können, wie sich die Explosion abgespielt hat",
so Teammitglied Enrico Ramirez-Ruiz, ebenfalls von der University of California in
Santa Cruz.
Theoretische Modelle von Supernovae-Explosionen vom Typ Ia sollten künftig in
der Lage sein, die beobachtete Symmetrie und Kreisform zu reproduzieren, die
Modelle für die Kollaps-Supernovae wiederum müssen die entdeckten
Unregelmäßigkeiten darstellen können.
Von den 17 untersuchten Supernova-Überresten wurden zehn als Kollaps eines
massereichen Sterns klassifiziert, die sieben übrigen gingen auf Supernovae vom
Typ Ia zurück. Ein Überrest, SNR 0548-70.4, passte allerdings nicht richtig ins
Bild: Die chemische Analyse hatte ergeben, dass es sich um eine Supernova vom
Typ Ia handeln muss, doch zeigte SNR 0548-70.4 deutliche Anzeichen von
Asymmetrie. "Wir haben da ein merkwürdiges Objekt", gibt Lopez zu, "doch glauben
wir, dass es sich hier tatsächlich um einen Typ Ia handelt, den wir aber in
einer ungewöhnlichen Orientierung sehen. Aber wir werden uns den sicherlich noch
einmal anschauen."
Die Methode wurde von den Astronomen zunächst auf Supernova-Überreste in der
Milchstraße und in unserer Nachbargalaxie der Großen Magellanschen Wolke
angewandt, es sollte aber auch möglich sein, Supernova-Überreste in weiter
entfernten Galaxien damit zu kategorisieren, etwa in M33. Die Wissenschaftler
veröffentlichten ihre Ergebnisse im vergangenen Monat in der Fachzeitschrift
The Astrophysical Journal Letters.
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