Geburt und Tod von Sternen
Redaktion
/ Pressemitteilung der Max-Planck-Gesellschaft astronews.com
10. Juli 2009
Nach zehn Jahren Entwicklungsarbeit am Herschel-Weltraumteleskop
und dem erfolgreichen Start des Satelliten im Mai 2009 haben jetzt erstmals
alle drei wissenschaftlichen Instrumente die ersten Bilder und Spektren von
Himmelsobjekten geliefert. Herschel ist ein Projekt der ESA, an dem
auch zahlreiche Wissenschaftler aus Deutschland beteiligt sind.

Das hier gezeigte Bild enthält einen
"Schnappschuss" der Stickstoffspektren, mit der
darunter montierten photometrischen Aufnahme des
Staub-Kontinuums.
Foto: ESA & The PACS Consortium [Großansicht] |
Nachdem Herschel im Juni 2009 nur einen Monat nach dem Start ins All
spektakuläre Bilder der berühmten Whirlpool-Galaxie M51 lieferte, gibt es jetzt
auch Schnappschüsse von HIFI. Das hochauflösende Spektrometer ist auf
die Gewinnung detaillierter Informationen aus Spektrallinien spezialisiert -
quasi den Fingerabdrücken von Atomen und Molekülen im interstellaren Medium. Als
Teil der "First Light"-Beobachtungen beobachtete HIFI ein
Entstehungsgebiet massereicher Sterne in der Milchstraße mit dem Namen DR21.
"Niemals zuvor ist diese Linie des ionisierten Kohlenstoffs mit so hoher
Genauigkeit und Winkelauflösung gemessen worden. Das ist äußerst
vielversprechend für das wissenschaftliche Programm, das meine Kollegen und ich
entwickelt haben um die Sternentstehungsaktivität in solchen Gebieten besser
verstehen zu können", so Volker Ossenkopf, von der Universität zu Köln.
Ähnlich begeistert klingt auch der führende HIFI-Forscher auf
deutscher Seite, Jürgen Stutzki, ebenfalls von der Universität zu Köln.
"Zusätzlich zu den vertrauten Bildern des Himmels in unterschiedlichen
Wellenlängenbereichen geben uns Spektren sehr detaillierte Auskunft über die
physikalischen Bedingungen und die chemische Zusammensetzung des interstellaren
Mediums, sowie über dessen interne Dynamik. Spektroskopie ist deshalb
unverzichtbar um ein vollständiges Bild zu erhalten", erklärt er die Bedeutung
dieser Bilder für die Forschung.
HIFI, das "Heterodyn-Instrument für das ferne Infrarot", ist ein
außerordentlich komplexes Instrument und weder ein Institut, noch ein Land
könnten im Alleingang die nötige Expertise zusammenbringen, um ein derartiges
Gerät zu bauen. Dementsprechend wurde HIFI von einem großen, internationalen
Konsortium gebaut. 25 Institute aus 13 Ländern brachten bei der Entwicklung
unter der Leitung des niederländischen Principal Investigators Frank
Helmich von SRON, Groningen, ihr technologisches Können ein.
Von deutscher Seite kamen die essentiellen Komponenten vom Physikalischen
Institut der Universität zu Köln, dem MPI für Radioastronomie in Bonn sowie dem
MPI für Sonnensystemforschung in Lindau. "Wir freuen uns schon darauf, die
einzigartigen Fähigkeiten von HIFI und Herschel dafür zu nutzen, die
Entstehung von Sternen in anderen Galaxien aber auch in unserer eigenen
Milchstraße zu untersuchen", sagt Rolf Güsten vom MPI für Radioastronomie in
Bonn. Und Paul Hartogh vom MPI für Sonnensystemforschung in Lindau fügt hinzu: "Herschel
und besonders HIFI werden uns neue Einblicke gewähren in die chemische
Zusammensetzung, die Entwicklung, die Dynamik und Struktur der Atmosphären von
anderen Planeten und von Kometen in unserem Sonnensystem; von besonderem
Interesse ist dabei der Ursprung von Wasser."
Am 23. Juni kam auch PACS zum vollen Einsatz, waren doch die Bilder
von der Whirlpool-Galaxie (M51) nur mit einem seiner beiden Instrumente, der
photometrischen Kamera, entstanden. Jetzt hat auch sein zweites Instrument, der
Spektrograph, sein erstes Licht im Sternbild Drache gesehen. Dieser Teil von
PACS ist in der Lage, Bilder von Himmelsobjekten im Licht einzelner
Spektrallinien aufzunehmen, also in engen, genau definierten
Wellenlängenbereichen. Beide Teilinstrumente ergänzen einander perfekt: Das
Photometer, das Licht in breiten Wellenlängenbereichen misst, ist zur
Beobachtung des kalten Staubs im Universum optimiert, während der Spektrograph
die physikalischen Eigenschaften und die chemische Zusammensetzung der
gasförmigen Materie untersucht. Das Licht, das dabei von PACS genutzt wird, hat
etwa 200-mal längere Wellenlängen als sichtbares Licht.
Die erste Spektralaufnahme mit PACS galt dem planetarischen Nebel
NGC 6543 (mit dem Spitznamen "Katzenaugennebel") im Sternbild Drache. Er wurde
von Wilhelm Herschel im Jahr 1786 entdeckt. Planetarische Nebel bestehen aus dem
leuchtendem Gas und Plasma, das von sonnenähnlichen Sternen gegen Ende ihres
Lebens abgestoßen wird.
"Sterbende Sterne geben einen großen Teil ihrer Masse an das interstellare
Medium zurück, was zu spektakulären Nebeln führt. Uns interessiert zum Beispiel,
wie ursprünglich kugelförmige Sterne Nebel formen können, die eine so komplexe
Struktur wie etwa NGC6543 haben", erklärt einer der Forschungsleiter für
PACS, Christoffel Waelkens von der Katholischen Universität Leuven in
Belgien. Um das zu verstehen, müssen die Astronomen die Prozesse nahe an der
Sternoberfläche untersuchen, wo die Materie abgestoßen wird.
Mit dem PACS-Spektrographen ist es nun möglich, Dichte, Temperatur,
Bewegung und Zusammensetzung des Sternwinds mit hoher räumlicher Auflösung zu
messen und zu sehen, wie dadurch die dreidimensionale Struktur des Nebels
beeinflusst wird. Die Aufnahme mit PACS konzentrierte sich auf zwei
Spektrallinien des neutralen Sauerstoffs ("[O I]", bei 63 Mikrometern)
einerseits und des zweifach ionisierten Stickstoffs ("[N III]", bei 57
Mikrometern) andererseits. Zusätzlich wurde im 70-Mikrometer-Filter des PACS-Photometers
die ringförmige Verteilung von Staubwolken gemessen.
Das neuartige Instrument PACS verwendet speziell entwickelte,
hochempfindliche Detektoren - die empfindlichsten an Bord des Satelliten - und
benötigt ausgeklügelte Mechanismen, um die schwachen Signale aus dem All präzise
zu vermessen. Oliver Krause vom Max-Planck-Institut für Astronomie in
Heidelberg, verantwortlich unter anderem für die Entwicklung eines dieser
Mechanismen und für die Charakterisierung einiger der verwendeten Detektoren,
ist daher überglücklich: "Diese Aufnahmen beweisen, dass die komplizierte
Technik die hohen Anforderungen voll erfüllt."
Der leitende Wissenschaftler des PACS-Konsortiums, Albrecht
Poglitsch vom Max-Planck-Institut für Extraterrestrische Physik in Garching,
Deutschland, verweist darauf, dass diese "Premieren-Aufnahmen" von PACS
zwar von hervorragender Qualität sind, aber noch einer genauen Kalibrierung
bedürfen. "Etwa der genauen räumlichen Zuordnung und der Quantifizierung der
Linienstärken der einzelnen Spektren", sagt er.
Dies ist das Ziel der bevorstehenden Testphase des Herschel-Observatoriums.
"Aber bereits jetzt", so Poglitsch, "erfüllen die Spektren alle unsere
Erwartungen und zeigen uns, dass unsere großen Hoffnungen gerechtfertigt waren.
Der enorme Aufwand, der für die Entwicklung von PACS betrieben werden
musste, zahlt sich nun aus, und die wissenschaftlichen Projekte, die wir uns
vorgenommen haben, sind nun tatsächlich durchführbar. Wir werden mit PACS
noch viel Spaß haben."
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