NASA-Mondmission vor dem Start
Redaktion
/ Pressemitteilung des Universität Münster astronews.com
12. Juni 2009
Am kommenden Mittwoch soll es endlich so weit sein: Mit dem Start der Sonde
Lunar Reconnaissance Orbiter will die amerikanische Weltraumbehörde
NASA ihre Rückkehr zum Mond einläuten. Mithilfe der Sonde sollen unter
anderem detaillierte Aufnahmen des Mondes gemacht und so nach möglichen
Landeplätze für künftige Missionen gesucht werden. Auch deutsche
Wissenschaftler sind beteiligt.
Start für den 17. Juni geplant: die NASA-Sonde
Lunar Reconnaissance Orbiter.
Bild:
NASA |
"Mein Flug nach Florida ist gebucht, ich kann es kaum erwarten, dass es
endlich losgeht," freut sich Prof. Dr. Harald Hiesinger vom Institut für
Planetologie der Universität Münster. Der Wissenschaftler möchte am kommenden
Mittwoch einem besonderen Ereignis beiwohnen, dem Start einer Atlas V-Rakete
in Cape Canaveral, die die NASA-Sonde Lunar Reconnaissance Orbiter
(LRO) auf eine Umlaufbahn um den Mond befördern soll. Mit an Bord ist auch ein
Experiment, an dem Hiesinger mitarbeitet.
Insgesamt sechs Experimente befinden sich an Bord des Mondorbiters. Sie
reichen vom Laserhöhenmesser, mit dem eine hochgenaue topografische Karte
erstellt werden soll, über ein Instrument zur Messung der Mondtemperatur bis hin
zu einer Apparatur, die den möglichen biologischen Effekt von kosmischer
Strahlung messen soll. Außerdem an Bord ist LCROSS, ein Satellit, der
sich bei der Ankunft am Mond zweiteilen wird. Die eine Hälfte wird zielgenau auf
den Mond stürzen, die andere Hälfte wird in die aufgewirbelte Staubwolke fliegen
und das Mondmaterial analysieren, bevor sie ebenfalls auf dem Mond aufschlägt.
Das Projekt an dem Hiesinger beteiligt ist, heißt LROC. Es handelt sich dabei
um die Lunar Reconnaissance Orbiter Cameras, drei Kameras, die bislang
noch nie gesehene Details vom Mond ans Licht bringen sollen. "Die Datenmenge
wird alles übertreffen, was von den bisherigen Mondmissionen gesammelt worden
ist", verspricht Hiesinger. Rund 70 Terabyte werden im ersten Jahr anfallen,
schätzt er.
Zwei der Kameras, die speziell für diese Mission entwickelt wurden, haben
eine Brennweite von 70 Zentimetern und einen Durchmesser von 27 Zentimetern. Sie
liefern Schwarz-Weiß-Bilder, die eine Auflösung von einem halben Meter haben und
werden als Narrow Angle Cameras (NAC) bezeichnet. Ihre kleine Schwester
ist die Wide Angle Camera (WAC), die farbige Weitwinkelaufnahmen
erlaubt. Sie hat eine Auflösung von 100 Metern pro Pixel und wird den Mond
global abdecken.
Die Kameras dienen vielen unterschiedlichen Zwecken. Einer der wichtigsten:
die Bestimmung des Alters der Mondoberfläche. Das Entstehungsalter des Mondes
wurde mit 4,527 Milliarden Jahren von Prof. Klaus Mezger vom Zentrum für
Geochronologie vor vier Jahren sehr präzise bestimmt. "Das ist eine enorme
Leistung, aber Mezger konnte nur mit einigen wenigen Gesteinsproben arbeiten.
Wir dagegen haben den ganzen Mond im Blick und können somit die geologische
Aktivität über lange Zeiträume bestimmen."
Das Team um Hiesinger bedient sich eines einfachen Tricks: Sie zählen einfach
die Zahl der Krater. Denn je mehr Einschläge ein Himmelskörper erlebt habe,
desto älter ist die Planetenoberfläche. Noch ein weiteres Ziel hat die Arbeit
mit den Präzisonskameras. Sie können dabei helfen, Landeplätze für künftige
Missionen, seien sie nun bemannt oder unbemannt, zu finden.
Hiesinger will auch der Hypothese nachgehen, dass sich in den besonders
tiefen Kratern an den Polen Reste von Wassereis finden. Dieses Wasser könnte von
Ausgasungen des Mondinneren stammen oder durch Kometen auf die Mondoberfläche
gebracht worden sein. Die Krater an den Polen sind so tief, das niemals
Sonnenlicht hinein fällt. Am Boden herrschen Temperaturen von bis zu -230 Grad
Celsius. "Dagegen haben wir an einigen Kraterrändern permanent Sonnenlicht. Das
wäre ein idealer Landeplatz, weil man auf den Rändern die Solarenergie nutzen
könnte, gleichzeitig aber auch das notwendige Wasser aus dem Eis am Boden
gewinnen könnte", erklärt Hiesinger. Dass die Kameras empfindlich genug sind, um
bis zum Grund des Kraters zu sehen, habe gerade erst die japanische Mission
SELENE (Kaguya) demonstriert.
Nicht nur das Alter, auch die Zusammensetzung des Mondes will Hiesinger
erforschen. Die WAC-Kamera verfügt über unterschiedliche Farbkanäle bis in den
UV- und Infrarot-Bereich hinein. "Jedes Mineral hat spezielle spektrale
Merkmale, anhand derer wir es sicher identifizieren können", so Hiesinger. Dabei
gilt vor allem dem Element Titan sein Interesse.
Vorerst ist die Finanzierung der Mission für ein Jahr gesichert. Sie könnte
aber weitergeführt werden, genügend Treibstoff hat der Lunar Reconnaissance
Orbiter an Bord. Hiesinger hofft darauf, denn in einem Jahr können die
beiden NAC-Kameras nur einen Bruchteil der Mondoberfläche erfassen. Rund zehn
Prozent werden es sein, so schätzt er. Dennoch sind die Datenmengen gigantisch,
die an der Arizona State University verarbeitet und von dort
weiterverteilt werden - auch nach Deutschland.
"Wir haben gar nicht die Speicher, um alle Daten zu bewältigen", erläutert
Hiesinger. Und auch nicht die Mitarbeiter, die nötig sind, um alles auszuwerten.
Deshalb sollen schon ein halbes Jahr nachdem sie kalibriert worden sind, die
ersten Daten öffentlich gemacht werden, damit jeder Wissenschaftler darauf
zugreifen kann. "Wir werden so viele Daten bekommen, da können sich noch
Generationen von Wissenschaftlern mit der Auswertung beschäftigen", so Hiesinger.
"Natürlich werden wir uns die Sahnestückchen herauspicken, schließlich haben wir
viel Zeit und Geld investiert, um das Projekt ins Rollen zu bringen."
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