Sonnenteleskop am Ballon gestartet
Redaktion
/ Pressemitteilung des DLR astronews.com
8. Juni 2009
Die SUNRISE-Mission hat begonnen:
Im nordschwedischen Kiruna startete am Morgen der riesige Helium-Ballon, der
das Sonnenteleskop SUNRISE auf eine Höhe von etwa 30 Kilometern tragen wird.
Aus dieser einmaligen Perspektive wird SUNRISE nun rund fünf Tage lang die
Sonne mit einer bislang unerreichten Genauigkeit beobachten. Dann soll das
Teleskop an einem Fallschirm zur Erde zurückkehren.
Am Montag, den 8. Juni 2009, ist um 8.27 Uhr das
deutsche Teleskop SUNRISE vom Raketenstartplatz
Esrange bei Kiruna (Nordschweden) zu einer
fünftägigen Mission gestartet. Der riesige Ballon
wurde - nur zum Teil - mit Helium befüllt, denn
in mehr als 30 Kilometern Höhe dehnt er sich
stark aus. Beim Aufstieg beträgt sein Durchmesser
über 100 Meter. Foto:
DLR / MPS (P. Barthol) [Großansicht] |
Am Montag, den 8. Juni 2009, ist um 8.27 Uhr das deutsche Teleskop SUNRISE
vom Raketenstartplatz Esrange bei Kiruna (Nordschweden) zu einer fünftägigen
Mission gestartet. An einem riesigen Helium-Ballon schwebt das Sonnenteleskop
über dem Polarmeer zum Nordpol und hält dabei die Sonne fest im Blick. Sunrise
wurde vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert und dem
Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS) in Katlenburg-Lindau gebaut
(astronews.com berichtete). SUNRISE soll die Sonne aus großer Höhe mit einer
Genauigkeit beobachten, die weder ein bodengebundenes Teleskop noch eine
Raumsonde bisher erreicht hat.
Das Sonnenteleskop stieg an einem riesigen amerikanischen Ballon auf. Mit
einem Volumen von etwa einer Million Kubikmetern ist er der größte jemals in
Europa gestartete Höhenballon. Die Mitternachtssonne macht das Raketen- und
Ballonstart-Center Esrange zum optimalen Startplatz für Ballonfahrten zur
Sonnenbeobachtung. Die Beobachtung der Sonne ist während des Flugs rund um die
Uhr möglich. Das Teleskop wird voraussichtlich am 12. Juni 2009 im Norden
Kanadas an einem Fallschirm landen.
Die Nutzlastgondel von SUNRISE wiegt mehr als zwei Tonnen. Damit der Ballon
mit diesem Schwergewicht in die Stratosphäre aufsteigen kann, benötigt er 2.500
Kubikmeter Helium. Nach dem Aufstieg dehnt er sich weiter auf ein Volumen von
gut einer Million Kubikmetern aus, das die Dresdner Frauenkirche mit einer Höhe
von mehr als 91 Metern umfassen könnte. Aufgebläht beträgt der Durchmesser des
Ballons insgesamt über 100 Meter. Der Ballon steigt bis auf 30 Kilometern Höhe.
In dieser Höhe ist die Restatmosphäre so gering, dass das ultraviolette Licht
mit einer Wellenlänge von bis zu 200 Nanometern fast ungefiltert von den
Instrumenten aufgenommen werden kann. Am Boden wären diese Beobachtungen nicht
möglich, da die Ozon-Schicht und der Wasserdampf in der unteren Atmosphäre das
UV-Licht größtenteils absorbieren.
Mit dem Spiegel des Sonnenteleskops SUNRISE, der einen Durchmesser von
einem Meter hat, wollen die Wissenschaftler des MPS Strukturen auf der Sonne ab
einer Größe von etwa 35 Kilometern beobachten. Ihr Ziel ist es, erstmals die
Bewegung und magnetische Orientierung feiner Strukturen im heißen Plasma, also
dem ionisierten Gas in der Sonnenatmosphäre zu erfassen.
Die scheinbar gleichmäßig strahlende Sonne zeigt beim Blick durch ein
Sonnenteleskop starke Aktivitäten. Auf ihrer Oberfläche brodelt es ähnlich wie
in einem Kochtopf. Dabei kann es zu gigantischen Eruptionen kommen, bei denen
Wolken heißen Plasmas Millionen von Kilometern ins All geschleudert werden - die
Ursache für die so genannten Sonnenwinde.
Durch die Beobachtung dieser dynamischen Prozesse wollen Wissenschaftler die
zugrundeliegenden physikalischen Kräfte und das Verhalten der Sonne als Ganzes
besser verstehen lernen. Denn schließlich haben bereits geringe Schwankungen der
Sonnenstrahlung auch Einfluss auf das empfindliche Gleichgewicht von Wetter und
Klima der Erde. SUNRISE dient darüber hinaus auch der Vorbereitung der
Weltraummission Solar Orbiter der Europäischen Weltraumorganisation
(ESA), deren Start für 2017 geplant ist.
Auf seiner Mission wird das SUNRISE-Teleskop eine mehrtägige Reise über das
Polarmeer bis nach Nordkanada unternehmen und dabei ständig die Sonne im Blick
behalten. Über dem Bergungsgebiet in Kanada wird der Ballon per Funk-Kommando
abgetrennt und an einem Fallschirm zur Erde zurückkehren. Der Ballon wird dabei
zerstört und fällt separat zu Boden. Nach erfolgreicher Bergung kann das
Teleskop für weitere Missionen benutzt werden.
Das technologische Ziel der Mission ist es, neue Beobachtungsinstrumente für
zukünftige Weltraummissionen zu erproben. Dies und die herausragenden
wissenschaftlichen Ziele sind der Grund für die Förderung der Mission durch das
Raumfahrt-Management des DLR. Mit einem Kostenumfang von rund 30 Millionen Euro
ist SUNRISE erheblich günstiger als eine entsprechende Weltraummission. Die
Beobachtungszeit ist hierbei allerdings auf wenige Tage begrenzt.
Rund 20 Millionen Euro trägt Deutschland, das sind etwa zwei Drittel der
Projektkosten. Die Leitung hat das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung
(MPS) in Katlenburg-Lindau bei Göttingen. Das MPS wird unterstützt durch das
Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik in Freiburg. Beteiligt sind weiterhin die
amerikanischen Partner High Altitude Observatory des National
Center for Atmospheric Research (NCAR) in Boulder und die
Lockheed-Martin-Laboratories in Palo Alto sowie spanische Forscher vom
Instituto Astrofisica de Canarias in La Laguna. Die Entwicklung des
SUNRISE-Teleskops wurde durch das Raumfahrt-Management des DLR mit Mitteln des
Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) aufgrund eines
Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
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