Der Antimaterie auf der Spur
Redaktion /
Pressemitteilung der PTB astronews.com
14. August 2008
In kaum einem Science Fiction-Film fehlt sie:
Antimaterie. In unserer realen Welt allerdings, ist sie nur mit großem Aufwand
herzustellen und dementsprechend auch schwer zu untersuchen. Nun ist in der
Schweiz ein neues Antimaterie-Experiment geplant, bei dem auch die
Expertise der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt gefragt ist. Diese
hat nämlich eine nahezu perfekte Abschirmung für Magnetfelder entwickelt.
In den Weiten des Alls (hier: Galaxien im
Hubble Deep Field) findet sich keine
Antimaterie.
Bild: STScI / NASA |
In Science Fiction-Geschichten ist sie wahlweise die unerschöpfliche Energiequelle der Zukunft oder eine Superwaffe galaktischen Ausmaßes: die Antimaterie. Tatsächlich ist Antimaterie weder auf der Erde noch im Weltraum zu finden, nur mit extremem Aufwand herzustellen und somit schwer zu untersuchen. Um dem Ursprung von Materie und Antimaterie im Universum dennoch auf die Spur zu kommen, misst eine europäische Forschergruppe die Stärke des elektrischen Dipolmoments von Neutronen, die ein Maß für die unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften von Materie und Antimaterie darstellt.
Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) liefert nun mit ihrem Know-how die Voraussetzung für weitere, noch präzisere Messungen. Sie ist mitverantwortlich für die Konstruktion, den Test und den Aufbau einer perfekten Isolierung gegenüber elektrischen und magnetischen Feldern aus der Umgebung.
Die PTB hat in Berlin-Charlottenburg mit der magnetisch bestgeschirmten begehbaren Kabine weltweit den magnetisch ruhigsten Ort der Erde geschaffen. Die Erfahrungen aus dieser Arbeit fließen nun in die Entwicklung einer optimalen Abschirmung für das ehrgeizige Neutronenexperiment, das am Paul Scherrer Institut in der Schweiz aufgebaut wird.
In der PTB vorhandene Messsysteme werden dabei zur Voruntersuchung der Anlagenteile genutzt. Von besonderer Bedeutung sind die Möglichkeiten an der PTB, auch noch geringste magnetische Verunreinigungen nachzuweisen. Die Abschirmung besteht aus mehreren Schichten sogenannten Mumetalls, einer Nickel-Eisen-Legierung mit hoher magnetischer Permeabilität, die vor allem zur Abschirmung niederfrequenter Magnetfelder dient. Besonders kritisch ist unter anderem die Entmagnetisierung der Mumetall-Schichten, um geringste statische Magnetfelder im Innern zu erhalten.
Wissenschaftliche Institute aus sieben Ländern sind an dem Neutronenexperiment beteiligt, das Erkenntnisse darüber bringen soll, ob und in wie weit sich Materie und Antimaterie in ihren physikalischen Eigenschaften unterscheiden. Neutronen sind von außen gesehen elektrisch ungeladene Teilchen. Da das Neutron sowohl positiv als auch negativ geladene Quarks enthält, wäre es denkbar, dass im Innern gleich große positive und negative Ladungen mit einem minimalen räumlichen Abstand existieren. Das Neutron wäre dann ein elektrischer Dipol mit zwei entgegengesetzt geladenen Polen.
Bisher versucht diese europäische Forschergruppe am Institut Laue-Langevin (ILL) in Grenoble die Stärke des elektrischen Dipolmoments von Neutronen mit hoher Präzision zu messen. Bei diesen Experimenten wird das Verhalten von extrem langsamen Neutronen, genannt ultrakalte Neutronen oder kurz UCN, in magnetischen und elektrischen Feldern untersucht. Experimente zeigten bisher keine Indizien, die auf ein nennenswertes elektrisches Dipolmoment hindeuten. Wegen der grundlegenden physikalischen Bedeutung ist es aber interessant, die Größe des möglichen elektrischen Dipolmoments weiter einzuschränken.
Das elektrische Dipolmoment des Neutrons ist ein Maß dafür, wie stark sich Materie und Antimaterie in ihren Eigenschaften voneinander unterscheiden. Um die Messunsicherheit maßgeblich zu verbessern, ist der Neuaufbau des Experiments am Paul Scherrer Institut (PSI) in Villigen / Schweiz mit einer stärkeren Neutronen-Quelle und einer verbesserten magnetischen Schirmung geplant.
|