Katastrophe im Kuiper-Gürtel
von Rainer Kayser
19. März 2007
Amerikanische Astronomen haben erstmals eine "Familie" von
Himmelskörpern im sogenannten Kuiper-Gürtel jenseits der Neptunbahn entdeckt.
Nach Ansicht der Forscher handelt es sich um die Überreste einer planetaren
Katastrophe, dem Zusammenstoß von zwei Zwergplaneten in der Frühzeit des
Sonnensystems. Dieses Szenario würde auch die ungewöhnlichen Eigenschaften von
2003 EL61 erklären.
2003 EL61 ist nicht nur von der Form her eines der
merkwürdigsten Objekte des Kuiper-Gürtel. Bild: NASA |
Der Kuiper-Gürtel gilt als Relikt der Scheibe aus kleinen Objekten - den
Planetesimalen - aus denen vor 4,5 Milliarden Jahren die Planeten des
Sonnensystems entstanden sind. Die Astronomen erhoffen sich daher aus der
Beobachtung der Kuiper-Familie neue Erkenntnisse über die Zeit der
Planetenentstehung."Die kleinen Körper im Sonnensystem wurden vermutlich
stark durch Zusammenstöße und Erosion verändert", schreiben die Wissenschaftler
um Michael Brown vom California Institute of Technology in Pasadena im
Fachblatt Nature. Doch während im Asteroidengürtel zwischen Mars und
Jupiter zahlreiche Familien von Himmelskörpern mit einem gemeinsamen Ursprung
aufgespürt werden konnten, gelang dies bislang im Kuiper-Gürtel nicht. "Doch wir
haben jetzt mehrere Kuiper-Objekte entdeckt, deren Eigenschaften und Bahnen
übereinstimmen. Vermutlich handelt es sich um Fragmente des Eismantels von 2003
EL61."
2003 EL61 ist mit einem Durchmesser von 1.500 Kilometern das drittgrößte der
bekannten Objekte im Kuiper-Gürtel und gilt als Zwergplanet. Der Himmelskörper
steht seit langem im Verdacht, Opfer eines größeren Zusammenstoßes gewesen zu
sein. Denn er dreht sich ungewöhnlich schnell um sich selbst, besitzt eine
ungewöhnlich hohe Dichte und hat zudem zwei kleinere Monde.
Die Beobachtungen von Brown und seinem Team erhärten nun diesen Verdacht. Die
Forscher fanden fünf weitere Kuiper-Objekte auf ähnlichen Bahnen und mit
ähnlicher Beschaffenheit wie 2003 EL61. Ihre Größen liegen im Bereich von 10 bis
400 Kilometern. Das wahrscheinlichste Szenario ist, dass 2003 EL61 ursprünglich
ein gewöhnlicher Himmelskörper mit einem felsigen Kern und einem Mantel aus Eis
war. Bei dem Zusammenstoß mit einem etwa 1.000 Kilometer großen Objekt wurde ein
großer Teil des Eismantels ins All geschleudert - deshalb die heute ungewöhnlich
hohe Dichte von 2003 EL61. Aus den herausgeschleuderten Bruchstücken entstanden
dann die Monde und die anderen Mitglieder der Familie von 2003 EL61.
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