Entstehung
mit Neptuns Hilfe?
von Rainer Kayser
27. November 2003
Im so
genannten Kuiper-Gürtel jenseits der Neptunbahn entdecken leistungsstarke
Teleskope seit Jahren immer wieder neue eisige Welten. Doch die Entstehung
dieser Objekte stellte die Wissenschaftler lange Zeit vor ein Rätsel. Jetzt
glauben zwei Forscher hinter das Geheimnis des Kuiper-Gürtels gekommen zu sein:
Er entstand mit Neptuns Hilfe.
Möglicherweise verantwortlich für den Kuiper-Gürtel: der Planet
Neptun. Foto:
NSSDC /
NASA |
Jenseits des Neptun schwirren Milliarden kleiner, eisiger Himmelskörper
durchs All. Die Entstehung dieses "Kuiper-Gürtels" stellte die
Astronomen bislang vor ein schier unlösbares Problem. Nun glauben zwei
Forscher das Rätsel gelöst zu haben: Der Planet Neptun hat den
Kuiper-Gürtel in der Jugendzeit des Sonnensystems erzeugt, in dem er
kleinere Himmelskörper aus dem inneren des Sonnensystems heraus
katapultiert hat.
"Eigentlich haben wir das Problem nicht gelöst, sondern wir haben es
umschifft", erklärt Harold Levison vom Southwest Research Institute in Boulder, Colorado. Gemeinsam mit seinem Kollegen Alessandro Morbidelli
vom Observatoire de la Cote d'Azur in Nizza hat er den Kuiper-Gürtel
untersucht - und kam zu einem überraschenden Schluss: "Wir glauben,
dass der Raum jenseits des Neptun ursprünglich leer war."
Bislang gingen die Astronomen ganz selbstverständlich davon aus, dass
die Objekte des Kuiper-Gürtels dort entstanden sind, wo sie sich noch
heute befinden. Das Problem: Die Region enthält nur rund ein Hundertstel
der Masse, die notwendig ist, um die Entstehung der Himmelskörper zu
verstehen. So suchten die Forscher seit Jahren nach einer Erklärung, wie
der Kuiper-Gürtel 99 Prozent seiner Masse verloren haben könnte - ohne
Erfolg.
Levison und Morbidelli behaupten nun, dass die protoplanetarische
Scheibe, aus der das Planetensystem entstanden ist, in der dreißigfachen
Entfernung der Erde von der Sonne geendet hat - ursprünglich gab es also
keinen Kuiper-Gürtel. In der Frühzeit des Sonnensystems ist nun der
Neptun langsam durch die Scheibe nach außen gewandert - eben bis zu
dieser Grenze, wo er noch heute seine Bahn zieht. Auf seiner langsamen
Wanderung nach außen hat der Planet kleinere Himmelskörper aus ihrer
Bahn geworfen - und so den Kuiper-Gürtel jenseits der heutigen
Neptun-Bahn erzeugt. Das Massenproblem des Kuiper-Gürtels löst sich also
dadurch, dass seine Objekte ganz woanders - im Inneren des Sonnensystems
- entstanden sind.
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