Galaxienvielfalt in Abell S0740
von Stefan
Deiters
astronews.com
7. Februar 2007
Das Hubble Heritage-Projekt veröffentlicht regelmäßig
eindrucksvolle Aufnahmen aus den Archiven des Weltraumteleskops Hubble -
in diesem Monat einen Blick auf den Galaxienhaufen Abell S0740. Der über 450
Millionen Lichtjahre entfernte Haufen wird dominiert von der elliptischen
Riesengalaxie ESO 325-G004, die von einem Schwarm Kugelsternhaufen umgeben ist.
Hubble-Aufnahme des Galaxienhaufens Abell S0740. Foto:
NASA, ESA und das Hubble Heritage Team (STScI/AURA) [Großansicht]
Hubble-Aufnahme des Galaxienhaufens Abell S0740
mit Detailvergrößerungen der
Kugelsternhaufen und der Bögen, die durch den
Gravitationslinsen-Effekt entstanden sind.
Foto: NASA, ESA und Z. Levay (STScI) [Großansicht]
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Abell S0740 liegt in über 450 Millionen Lichtjahren Entfernung im Sternbild
Zentaur. Im Zentrum des Galaxienhaufens liegt die elliptische Riesengalaxie ESO
325-G004, deren Masse das 100 Milliardenfache der Masse unserer Sonne beträgt.
Hubbles Auflösungsvermögen ist so gut, dass auf dem Bild Tausende von
Kugelsternhaufen zu erkennen sind, die ESO 325-G004 umrunden.
Jeder dieser
Kugelsternhaufen enthält Hunderttausende von Sterne, die durch ihre
Anziehungskraft aneinander gebunden sind. Auf dem Bild erscheinen die
Sternhaufen als gleichmäßig verteilte Punkte im diffusen Halo der Galaxie. Hier
sind aber auch einige Vordergrundsterne und Hintergrundgalaxien zu sehen.
Auf der Aufnahme sind zudem andere elliptische Galaxien zu erkennen und auch
verschiedene Spiralgalaxien, bei denen sich die Sterne hauptsächlich in einer
Scheibe in Spiralform konzentrieren. Auch unsere Milchstraße ist eine
Spiralgalaxie.
Bei der Analyse des Bildes entdeckten Astronomen, dass ESO 325-G004 eine so
genannte Gravitationslinse ist. Durch ihre gewaltige Masse sorgt die Galaxie
dafür, dass das Licht einer leuchtschwachen Galaxie im Hintergrund abgelenkt und
verstärkt wird. Dadurch erscheint diese Hintergrundgalaxie weitaus heller als
sie eigentlich sein sollte und ihr Bild ist bogenförmig verzerrt.
Man nennt
dieses Phänomen einen "Einsteinring", da es erstmals von Albert Einstein
vorhergesagt wurde. Obwohl es im Universum unglaublich viele Galaxien gibt, sind
Einsteinringe relativ selten: Damit es zu so einer Erscheinung kommt, benötigt
man nämlich eine Hintergrundgalaxie, die mit der Linsengalaxie nahezu exakt auf
einer Linie liegt.
ESO 325-G004 verfügt nicht nur über einen solchen Einsteinring, sie ist sogar das uns am nächsten gelegene
System, das dieses Phänomen zeigt. Trotzdem ist die
Galaxie noch nahe genug, um mit großen Teleskopen auf der Erde Spektren
aufzunehmen, die etwas über die Geschwindigkeitsverteilung der Sterne in der
Galaxie verraten, woraus die Astronomen dann die Masse im Zentrum der Galaxie
errechnen können. Außerdem wissen die Forscher welche Masse vorhanden sein muss, um
den beobachteten Linseneffekt zu erzielen. Dadurch haben sie wichtige Daten über die
Massenverteilung der Galaxie zur Hand.
Das Bild entstand aus wissenschaftlichen Hubble-Beobachtungen, die im Januar
2005 gemacht wurden. Das Hubble Heritage-Team unternahm ein Jahr später dann ergänzende
Beobachtungen, um so die gezeigte Aufnahme erstellen zu können. Sie setzt sich
aus Daten zusammen, die mit einem Blau-, einem Rot- und einem Infrarot-Filter
mit Hilfe der Advanced Camera for Surveys gemacht wurden. Diese Kamera
musste unlängst, wie berichtet, wegen eines Problems mit der Kameraelektronik
abgeschaltet werden.
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