Albert Einstein sagte sie 1936 voraus, meinte aber, daß sie mit herkömmlichen
Teleskopen kaum zu entdecken sein dürften: Gravitationslinsen. Doch Einstein hatte sich
verschätzt. Seit 1979 werden Gravitationslinsen beobachtet. Mit Hilfe des
Hubble-Weltraumteleskops entdeckten Astronomen nun gleich zehn Kandidaten auf einer
Fläche, die nicht größer ist als der Vollmond.

Oben: Die erste von Hubble entdeckte und mittlerweile bestätigte Gravitationslinse. Den
Linseneffekt verursacht die elliptische Galaxie (Bildmitte) in rund 7 Milliarden
Lichtjahren Entfernung. Der Quasar, dessen Bilder man sieht, befindet sich in 11
Milliarden Lichtjahren Entfernung.
Unten: Ein weiterer guter Kandidat für eine Gravitationslinse. Fotos
Kavan Ratnatunga (Carnegie Mellon Univ.) and NASA
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Gravitationslinsen sind recht exotische Objekte am Himmel: Sie entstehen, wenn ein
massereiches Objekt im Vordergrund das Licht einer weiter entfernten und direkt hinter dem
Objekt liegenden Galaxie so beugt, daß man plötzlich recht merkwürdige Abbilder der
weit entfernten Galaxie sieht.
Bei einer Durchsicht von 500 Feldaufnahmen des Hubble-Weltraumteleskopes haben
Wissenschaftler nun insgesamt zehn solcher Gravitationslinsen ausgemacht und damit die
Zahl der bekannten Linsen deutlich erhöht. Eine Analyse dieser "Top 10" ist in
der aktuellen Ausgabe des "Astronomical Journal" erschienen.
Sind Gravitationslinsen an sich schon faszinierend genug, könnte ihr Entdeckung auch
auf ganz anderen Gebieten neue Erkenntnisse bringen. Die Anzahl solcher Phänomene kann
nämlich auch mit der sogenannten kosmologischen Konstanten in Zusammenhang gebracht
werden: Das Einführen dieser Konstante in die aktuellen Modelle der Kosmologen würde
bedeuten, daß unser Universum eigentlich älter und größer ist. Je größer die
Konstante ist, desto größer wäre also die Chance, daß Licht von entfernten Objekten
auf dem Weg zur Erde zufällig an einer massereichen Galaxie vorbeikommt und gebeugt wird.
Daß das Hubble-Weltraumteleskop nun in einem Bereich des Himmels von der Größe des
Vollmonds allein zehn Kandidaten für dieses Phänomen ausgemacht hat, bedeutet zumindest,
daß Gravitationslinsen nicht ganz so exotisch sind, wie bisher angenommen. Bevor man
daraus aber weitere Rückschlüsse ziehen kann, müssen weitere Beobachtungen von der Erde
erst einmal klären, ob wirklich alle Kandidaten Gravitationslinsen sind. Dazu muß
überprüft werden, ob die Entfernung zwischen Linsenobjekt und dem abgebildeten Objekt
wirklich groß genug ist und ob die Bilder, die man von dem weit entfernten Objekt zu
sehen glaubt, wirklich alle von einem Objekt stammen.
Die Hubble-Bilder, in denen die Linsen gefunden wurden, gehören zur "Medium Deep
Survey" Datenbank, die Bilder von über 200.000 Objekten enthält, meistens äußerst
lichtschwachen Galaxien. Mit weiteren Funden des Weltraumteleskops ist schon ab dem
nächsten Jahr zu rechnen: Da soll eine verbesserte Kamera für großflächige
Himmelsbeobachtung am Weltraumteleskop installiert werden.
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