So füttert man Schwarze Löcher
Redaktion / idw / FZ Rossendorf
astronews.com
5. Dezember 2006
Bei der Entstehung von Sternen und Planetensystemen, aber
auch bei der Bildung Schwarzer Löcher im Zentrum von Galaxien, spielt ein
außergewöhnlicher magnetischer Effekt eine entscheidende Rolle: Erst durch ihn
kann ein Schwarzes Loch überhaupt wachsen. Im Forschungszentrum
Dresden-Rossendorf gelang nun erstmals der experimentelle Nachweis dieses
fundamentalen Effekts.
Schwarze Löcher können nur durch einen
außergewöhnlichen magnetischen Effekt wachsen. Bild: ESA / NASA |
Wer kennt es nicht, das Bild vom gefräßigen Schwarzen Loch, das alles um sich
herum verschlingt und nichts entkommen lässt, nicht einmal Licht. Bei genauerem
Hinsehen merkt man allerdings, dass es gar nicht so einfach ist, ein Schwarzes
Loch zu füttern. Die Gasscheiben, die sich in der Umgebung Schwarzer Löcher
gebildet haben und um diese rotieren wie die Erde um die Sonne, werden in der
Astrophysik Akkretionsscheiben genannt.
Genauso wenig, wie etwa die Erde in die
Sonne stürzt, kann die um das Schwarze Loch kreisende Materie von diesem einfach
so aufgesaugt werden. Nur wenn die Materieteilchen abgebremst werden, reicht die
Fliehkraft nicht mehr aus, um die Teilchen auf ihren Kreisbahnen zu halten, und
sie stürzen in das Schwarze Loch. Wie wird die Materie in der Akkretionsscheibe
aber abgebremst? Dieses Problem stellt sich nicht nur bei Schwarzen Löchern,
sondern auch bei der Entstehung ganz normaler Sterne, deren Planetensysteme
ebenfalls aus Akkretionsscheiben entstehen, und ist somit von fundamentaler
Bedeutung für die kosmische Strukturbildung.
Die Lösung besteht in der so genannten Magneto-Rotations-Instabilität (MRI),
deren Bedeutung für die Astrophysik 1991 von den Wissenschaftlern Balbus und
Hawley theoretisch vorausgesagt wurde. Sie konnten mathematisch zeigen, dass
stabile Akkretionsscheiben durch Magnetfelder destabilisiert werden können. Erst
durch diesen Prozess wird Massenkonzentration in Sternen und Schwarzen Löchern
überhaupt möglich.
Seit etwa fünf Jahren gibt es weltweite Bestrebungen, diesen für die
kosmische Strukturbildung so fundamentalen Prozess im Laborexperiment
nachzuweisen. Jüngste Arbeiten von amerikanischen und französischen
Wissenschaftlern zeigten, dass Turbulenz in Akkretionsscheiben nur durch die
Magnetfeldwirkung möglich ist, ein experimenteller Nachweis dieses Mechanismus
gab es aber bislang nicht. Im Forschungszentrum Dresden-Rossendorf (FZD) wurde
nun gemeinsam von Dresdner Physikern und Wissenschaftlern vom
Astrophysikalischen Institut Potsdam (API) das Experiment PROMISE zum Nachweis
der Magneto-Rotations-Instabilität aufgebaut und erfolgreich durchgeführt.
PROMISE steht für Potsdam ROssendorf Magnetic InStability Experiment.
Es verblüfft durch einfache Komponenten wie etwa ein Abwasserrohr aus dem
Baumarkt. In diesem Rohr, auf das die Spule zur Erzeugung des axialen
Magnetfeldes gewickelt ist, finden zwei rotierende Kupferzylinder Platz. Der
äußere Zylinder ist doppelt so groß wie der innere, in dem dazwischen liegenden
Spalt wird ein Flüssigmetall durch unterschiedliche Drehzahlen von Innen- und
Außenzylinder in eine rotierende Bewegung versetzt. Beträgt die Drehzahl des
Außenzylinders mehr als ein Viertel derjenigen des Innenzylinders, ist die
Strömung stabil, weist also keine Turbulenzen auf.
Mithilfe von
Ultraschall-Geschwindigkeitssensoren wird dies auch im Experiment beobachtet.
Wirklich interessant aber ist die Tatsache, dass die hydrodynamisch stabile
Strömung unter dem Einfluss eines extern angelegten, schraubenförmigen
Magnetfeldes destabilisiert und somit turbulent wird, was zum effektiven
Abbremsen der Strömung führt. Mit diesem Versuchsaufbau konnte erstmalig die Magneto-Rotations-Instabilität (MRI) im Laborexperiment nachgewiesen werden.
Die Ergebnisse wurden von den Wissenschaftlern inzwischen in den Fachblättern
Physical Review Letters und Astrophysical Journal Letters
veröffentlicht.
|