Neue Ära der Wettersatelliten beginnt
Redaktion / ESA
astronews.com
20. Oktober 2006
Seit 28 Jahren senden die europäischen Meteosat-Wettersatelliten
ihre Daten aus einer geostationären Umlaufbahn. Jetzt erhalten sie Unterstützung
von MetOp, dem ersten Exemplar einer ganz neuen Baureihe von
Wettersatelliten, die die Atmosphäre aus einer niedrigen polaren Umlaufbahn
unter die Lupe nehmen und die weltweiten Wettervorhersagen und unser Verständnis
vom Klimawandel verbessern sollen.

Mit dem Start von MetOp-A beginnt eine neue Ära der
Wettersatelliten. Foto: Starsem
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MetOp-A wurde als erster von insgesamt drei Satelliten im Rahmen eines
Gemeinschaftsprogramms der ESA und der Europäischen Organisation für die Nutzung
von meteorologischen Satelliten (EUMETSAT) entwickelt und an Bord eines
russischen Sojus-2/Fregat-Trägers, der von dem europäisch-russischen
Unternehmen Starsem betrieben wird, erfolgreich von Baikonur in
Kasachstan aus gestartet.
Der zum ersten Mal eingesetzte Sojus-2-Träger startete mit seinem 4093
Kilogramm schweren Satelliten an Bord um 18.28 Uhr MESZ. Zum Einsatz kam hierbei
auch eine neue Nutzlastverkleidung, die mit ihren 4,1 Meter Durchmesser in Form
und Größe an die der Ariane-4 erinnert. Die Sojus-2, der jüngste
Spross der bereits seit fast 50 Jahren bestehenden Semjorka-Trägerfamilie,
soll ab 2008 von Französisch-Guayana aus gestartet werden.
Etwa 69 Minuten nach dem Start brachte die Fregat-Oberstufe den ersten
MetOp-Satelliten 837 Kilometer hoch über den Kerguelen-Inseln im südlichen
Indischen Ozean in seine kreisförmige Umlaufbahn. Auf dieser mit 98,7 Grad
leicht retrograden Bahn wird MetOp-A den Globus von Pol zu Pol umrunden
und den Äquator dabei immer um dieselbe Ortszeit (9.30 Uhr) passieren. Von
diesen so genannten "sonnensynchronen" Umlaufbahnen aus kann praktisch jeder
Punkt der Erdoberfläche bei ähnlichen Sonneneinstrahlungsbedingungen täglich
überflogen werden.
Die Steuerung des Satelliten, dessen Solarpaneele mittlerweile entfaltet wurden,
übernimmt vorerst das Europäische Raumflugkontrollzentrum der ESA (ESOC) in
Darmstadt. In den nächsten Tagen stehen erste technische Kontrollen der Systeme
und das Ausfahren der Antennen auf dem Programm. Die Übergabe an EUMETSAT, die
die endgültige Einsatzerprobung und den Routinebetrieb des Satelliten übernehmen
wird, ist für den 22. Oktober geplant.
MetOp-A ist Teil des Weltraumsegments des polaren EUMETSAT-Systems (EPS),
dessen Umwelt- und atmosphärische Daten die vom Meteosat-System vom
geostationären Orbit aus durchgeführten hemisphärischen Untersuchungen ergänzen
sollen. Der Betrieb des EPS ist außerdem auf das polare Umweltsatellitensystem
POES der US-amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration
(NOAA) abgestimmt: Während die NOAA-Satelliten die "Nachmittagsschicht" fliegen
werden (sie überqueren den Äquator nachmittags Ortszeit), sollen Europas
MetOp-Satelliten den "Vormittagsdienst" übernehmen.
Neue und altgediente Instrumente
Zur Durchführung seiner anspruchsvollen Aufgaben führt MetOp-A ein
umfangreiches Nutzlastpaket zur Fernerkundung mit sich, das sowohl neue
Instrumente aus Europa als auch altgediente Instrumente aus den USA umfasst, die
denen der NOAA-Satelliten ähneln.
Das von der französischen Raumfahrtagentur CNES bereitgestellte
Infrarot-Interferometer zur Untersuchung der Atmosphäre (IASI) wird mit seinen
Messungen in mehr als 8000 Kanälen Temperatur- und Wasserdampfprofile mit bisher
nicht erreichter Genauigkeit liefern, um so numerische Wettervorhersagemodelle
mit Daten zu versorgen. Vervollständigt werden diese Analysen durch die
US-Instrumente und die Mikrowellen-Feuchtigkeitssonde MHS, ein
Fünfkanal-Radiometer, das für EUMETSAT entwickelt wurde, jedoch auch auf
Satelliten der NOAA zum Einsatz kommen soll.
Bei dem gemeinsam von der ESA und EUMETSAT entwickelten Spektrometer GOME-2
handelt es sich um die neue, verbesserte Generation des bereits auf dem
Satelliten ERS-2 verwendeten abtastenden Spektrometers. Es wurde zur Überwachung
der Ozon- und Spurengaskonzentration in der Erdatmosphäre entworfen.
Ein ebenfalls in erheblichem Maße auf dem ERS-Programm basierendes ESA/EUMETSAT-Instrument
ist das fortschrittliche Scatterometer (ASCAT). Dieses verbesserte
C-Band-Radargerät soll Geschwindigkeit und Richtung der Winde an der Oberfläche
der Ozeane messen, um numerische Wettervorhersagemodelle mit Daten zu füttern
und darüber hinaus nützliche Informationen über Eis, Schnee und
Bodenfeuchtigkeit zu liefern.
Ein von der ESA und EUMETSAT neu entwickeltes Instrument ist der GNSS-Empfänger
für die Sondierung der Atmosphäre (GRAS), der aus der Okkultierung von
Satellitennavigationssignalen atmosphärische Temperatur- und
Feuchtigkeitsprofile ableiten wird.
Zu den von der NOAA bereitgestellten Instrumenten gehören ein fortschrittliches,
sehr hoch auflösendes Radiometer der dritten Generation (AVHRR-3) zur
umfassenden Abbildung der Wolkendecke und der Ozean- und Landoberflächen, zwei
fortschrittliche Mikrowellensonden mit 15 Kanälen (AMSU-A) zum Abtasten
atmosphärischer Temperaturprofile und eine hoch auflösende Infrarotsonde der
vierten Generation (HIRS), ein 20-Kanal-Pendant der Infrarotsonde IASI, das die
Validierung der von dem europäischen Instrument gesammelten Daten unterstützen
und später als Reserveinstrument dienen wird.
Darüber hinaus führt MetOp-A das vom CNES gelieferte fortschrittliche
Datensammelsystem Argos zur Anpeilung von und Kommunikation mit festen oder
mobilen automatischen Stationen, zwei von der kanadischen Raumfahrtagentur bzw.
vom CNES bereitgestellte Such- und Rettungsgeräte zur Unterstützung des
internationalen COSPAS-SARSAT-Netzes durch das Auffangen und die Weiterleitung
von Notsignalen und ein von den USA geliefertes Gerät für die Überwachung der
Weltraumumgebung (SEM-2), ein Spektrometer zur Beobachtung des Stroms geladener
Teilchen im Weltraum, mit.
Verbesserte Wettervorhersagen
MetOp, der 1992 genehmigt wurde, ist wie Meteosat ein
Wettersatellit. Der Beitrag der ESA zur Durchführung des Vorhabens erfolgt über
die Erdüberwachungskomponente ihres Programms "Lebender Planet". Die ESA ist für
die Entwicklung und Beschaffung des Satelliten zuständig und hat aus diesem
Grund einen großen Teil der Fertigung des ersten Flugmodells finanziert.
EUMETSAT ist für das Betriebssystem verantwortlich und finanziert die
Entwicklung des Bodensegments, die weiteren Satelliten, die Träger und den
Betrieb.
Bei einem Industriekonsortium unter der Leitung von EADS Astrium wurden drei
Flugmodelle in Auftrag gegeben. Die in Toulouse integrierten Satelliten beruhen
auf einer vom ESA-Satelliten Envisat und den französischen SPOT-5-Satelliten
abgeleiteten Plattform und umfassen fortschrittliches Gerät zur Gewährleistung
eines flexiblen Betriebs mit mehr als 36-stündiger Autonomie und einer
Datenspeicherkapazität von 24 Gbit.
Die MetOp-Satelliten werden die Erde 14 Mal pro Tag umkreisen und die
erfassten Daten an die EPS-Kontroll- und Datenerfassungsbodenstation (CDA) in
Svalbard im Norden Norwegens senden. Dank ihrer Position in 78 Grad nördlicher
Breite wird die CDA bei jedem MetOp-Überflug der Arktis für den
Satelliten "sichtbar" sein. Anschließend werden die MetOp-Daten an die
EUMETSAT-Einrichtungen in Darmstadt zur Verarbeitung und Verteilung
weitergeleitet. Zusätzlich werden bestimmte Daten des polaren Systems in
Echtzeit an regionale meteorologische Organisationen gesandt, sobald sich der
Satellit in Reichweite der entsprechenden Empfangsstationen befindet.
Mit seiner fortschrittlichen Nutzlast und Sendekapazität wird MetOp in
der Lage sein, die Entstehung örtlicher meteorologischer Ereignisse wie etwa
schwerer Gewitter, die vom geostationären Orbit aus nicht beobachtet werden
können, frühzeitig zu erkennen. Damit wird der Satellit weitaus zeitigere
Wetterwarnungen als heute ermöglichen.
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