Drei Planeten und ein Asteroidengürtel
Redaktion / idw / Universität Bern
astronews.com
19. Mai 2006
Astronomen der Universität Genf und Astrophysiker der
Universität Bern haben ein Planetensystem aufgespürt, das etwas ganz Besonderes
sein könnte: Die Forscher entdeckten in dem rund 41 Lichtjahre entfernten System
gleich drei Planeten und einen Asteroidengürtel. Die Planeten sind teilweise der
Erde recht ähnlich und einer könnte sogar am Rand der lebensfreundlichen Zone
des Systems liegen.
So stellt sich ein Künstler das System um HD 69830 vor. Bild:
ESO |
Die Entdeckung extrasolarer Planeten gehört für die Genfer Astronomen schon
fast zum Tagesgeschäft und wäre kaum einer größeren Meldung wert gewesen, wenn
es nicht einige Besonderheiten gegeben hätte: Die Entdeckung gleicht am meisten unserem
eigenen Sonnensystem. Dies zeigen die Analysen der Astrophysiker um Prof. Willy
Benz vom Physikalischen Institut der Universität Bern. Die neu entdeckten
Planeten bestehen gemäß deren Modellrechnungen vor allem aus Stein und Eis und
nicht aus Gas, wie es bei den meisten anderen extrasolaren Planeten der Fall
ist.
Diese Entdeckung stellt einen neuen Höhepunkt in der Suche nach extrasolaren
Planeten dar, die an der Universität Genf vor zehn Jahren gestartet wurde und
seit fünf Jahren in Zusammenarbeit mit der Universität Bern geschieht. Im Lauf
der letzten elf Jahre wurden mehr als 180 Exoplaneten entdeckt, die um Sterne
kreisen, die unserer eigenen Sonne gleichen. Rund die Hälfte der Entdeckungen
gelang den Astronomen der Universität Genf.
Die jetzt mit Hilfe des HARPS-Spektrographen am ESO 3,6-Meter Teleskop in La
Silla aufgespürten drei Welten, die den 41 Lichtjahre entfernten Stern HD 69830
umkreisen, stellen jedoch ein Novum dar, da die Eigenschaften des neuen
Planetensystems denen unseres eigenen Sonnensystems ähnlich sind. In diesem Fall
wird ein Stern - er ist ein wenig masseärmer als die Sonne - von drei Planeten
umkreist, die die 10-, 12- und 18-fache Masse der Erde haben. Damit sind sie
zwar immer noch deutlich massereicher als die Erde selbst, aber zugleich auch sehr klein
im Vergleich mit zuvor entdeckten Exoplaneten.
Die neu entdeckten Welten besitzen aber noch weitere interessante
Eigenschaften: Das NASA-Weltraumteleskop Spitzer hatte zuvor
ein Übermaß an Infrarot-Strahlung festgestellt, die von diesem System ausgeht
und einem extrasolaren Asteroidengürtel zugeschrieben wird, wo Kollisionen
zwischen Asteroiden kleinen, mikrometergroßen Silikat-Staub produzieren, der
dann vom Stern aufgeheizt wird (astronews.com berichtete).
Die Analyse und Interpretation einer solchen Entdeckung erfordert genaue
Kenntnisse über die Prozesse, die bei der Bildung und Evolution von Planeten
eine Rolle spielen. Dies ist nur durch eine intensive Zusammenarbeit
verschiedener Institute möglich. Innerhalb dieser Zusammenarbeit sind die Berner
Astrophysiker und Spezialisten für die Bildung von Planeten, Yann Alibert und
der Rest des Teams um Prof. Willy Benz, für die theoretische Erklärung der
beobachteten Eigenschaften zuständig.
Nachdem sie mehr als 20.000 mögliche
Formationsszenarien für das Planetensystem mit ihrem Modell durchgerechnet
haben, zogen die Berner Forscher durch Vergleiche mit den beobachteten Bahnen
und Massen Schlüsse über den Aufbau der drei Planeten: Die zwei inneren Planeten
bestehen hauptsächlich aus einem Kern aus Stein und sind von einer relativ
kleinen Gashülle aus Wasserstoff und Helium umgeben. Im Gegensatz dazu besteht
der äußerste Planet rund zur Hälfte aus Gas, unter dem sich ein Kern aus Wasser
und Stein befindet. Da das Wasser bei hoher Temperatur unter großem Druck
steht, befindet es sich im superkritischen Aggregatszustand – ein Zustand, der
in unserem Alltag unbekannt ist. Der äußere Planet könnte sich außerdem gerade
am inneren Rand der habitablen Zone dieses Systems befinden.
Auf internationaler Ebene haben Spezialisten aus Paris und Portugal die
dynamische Stabilität des Planetensystems untersucht und dadurch die Position
des Asteroidengürtels genauer bestimmen können. Insgesamt hat die Entdeckung der
drei Planeten intensive Forschungstätigkeit von 14 Wissenschaftlern an 8
europäischen Instituten ausgelöst. Eine Tätigkeit, die wegen der
außergewöhnlichen Eigenschaften des Systems noch lange andauern wird.
Obwohl die Planetologie bezüglich der Planeten unseres eigenen Sonnensystems
schon beachtliche Resultate erzielen konnte, steckt sie beim Studium
extrasolarer Planeten noch in den Kinderschuhen. Neue Beobachtungsinstrumente,
die in wenigen Jahren verfügbar sein werden und erstmals direkte Bilder der
Exoplaneten liefern können, sind deshalb hoch willkommen. Mit neuen
Beobachtungsmethoden wird es dann auch möglich sein, wirklich erdähnliche
Planeten zu entdecken, für die die aktuellen Techniken noch nicht ausreichen.
Die Ziele der Forscher aber bleiben unverändert: Die Suche und Analyse
extrasolarer Planeten ist ein wichtiges und sehr aktives Gebiet der boden- und
weltraumgestützten Astronomie, denn nur sie ermöglicht ein vertieftes
Verständnis des Ursprungs unseres Sonnensystems und der Erde, und nur sie wird
auf längere Sicht die Frage nach extraterrestrischem Leben beantworten können.
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