Zwei neue Nachbarn für die Milchstraße
von Rainer Kayser
10. Mai 2006
Zumindest in unmittelbarer Nachbarschaft unserer
Milchstraße, so könnte man denken, sollten doch inzwischen sämtliche Galaxien
entdeckt sein. Weit gefehlt: Von zahlreichen hier vermuteten Zwerggalaxien fehlt
bislang jede Spur. Jetzt haben zwei britische Astronomen wieder zwei dieser
leuchtschwachen Begleiter unserer Heimatgalaxie aufgespürt.
Die neu entdeckte Satellitengalaxie im Sternbild
Bootes. Oben sind nur die Sterne der Satellitengalaxie
dargestellt. Unten ist eine ungefilterte Ansicht zu sehen, die
deutlich macht, wieso Satellitengalaxien so schwer aufzuspüren
sind. Fotos:
Cambridge University / Belokurov et al.
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Britische Forscher haben im Rahmen eines internationalen Projekts zwei neue
Nachbarn der Milchstraße entdeckt. Die beiden Satellitengalaxien sind extrem
leuchtschwach und den Astronomen deshalb bislang entgangen. Die Sternsysteme
befinden sich in den Konstellationen Jagdhunde und Bootes. Die Forscher
vermuten, dass es noch zahlreiche weitere kleine Galaxien in der Umgebung der
Milchstraße gibt.
"Ich betrachtete eine Karte der weiter entfernten Sterne am galaktischen
Nordhimmel", berichtet Daniel Zucker von der Cambridge University, "und
bemerkte plötzlich eine größere Sternendichte in den Jagdhunden." Eine genauere
Analyse zeigte, dass sich dort, in einer Entfernung von 640.000 Lichtjahren,
tatsächlich eine bislang unbekannte Zwerggalaxie verbirgt. Zucker informierte
seinen Institutskollegen Vasily Belokurov über die Entdeckung - der schon wenige
Stunden später mit der Entdeckung einer neuen Galaxie im Sternbild Bootes
konterte.
Die neuen Zwerggalaxien befinden sich zwar in der unmittelbaren Nachbarschaft
der Milchstraße, sind aber nur schwer auszumachen, da sie extrem leuchtschwach
sind. Die neue Galaxie im Bootes ist mit einer Leuchtkraft von 100.000 Sonnen
die schwächste bislang entdeckte Galaxie überhaupt. Da sich die Sterne der
Zwerggalaxien zudem über einen großen Bereich verteilen, sind sie selbst mit
großen Teleskopen nicht zu entdecken. Nötig ist stattdessen eine möglichst
komplette Bestandsaufnahme aller Sterne in unserer Umgebung, wie sie im Rahmen
des Sloan Digital Sky Survey durchgeführt wird.
Für die Astronomen ist die Entdeckung neuer Satellitensysteme der Milchstraße
von großer Bedeutung. Denn während die Theorie die Existenz von Hunderten von
Zwerggalaxien um die Milchstraße voraussagt, sind bislang nur etwa zehn bekannt.
Möglicherweise sind die anderen Satellitengalaxien zu leuchtschwach und daher
bislang einer Entdeckung entgangen. Die Forscher sind jedenfalls zuversichtlich,
dass sie im Rahmen des Sloan Digital Sky Survey noch auf viele weitere
schwache Galaxien stoßen.
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