Roll Out des europäischen Weltraumlabors
Redaktion / DLR
astronews.com
3. Mai 2006
Gestern wurde bei EADS Space in Bremen das fertig gestellte
Columbus-Labor für die ISS auf die Reise zum Kennedy Space Center
in Florida geschickt. An der Feierlichkeit, dem so genannten "Roll Out", nahm
auch Bundeskanzlerin Angela Merkel teil. Columbus wird Ende Mai von einem
Beluga-Airbus in die USA geflogen und soll 2007 mit einem Space Shuttle
in den Weltraum starten.

Raumlabor Columbus in der Integrationshalle bei EADS SPACE
Transportation in Bremen. Bild: EADS
|
15 Nationen errichten derzeit ein gemeinsames Großforschungslabor im Weltall,
die Internationale Raumstation ISS. Und trotz aller technischen Probleme,
insbesondere mit dem amerikanischen Space Shuttle, und anderer
Schwierigkeiten, geht der Bau der ISS weiter - wenn nicht im All, dann doch
zumindest auf der Erde.
Die USA haben unlängst noch einmal bekräftigt, dass sie ihre Verpflichtungen
erfüllen wollen. So versicherte US-Außenministerin Rice in einem Schreiben vom
27. Februar 2006, dass die ISS vor dem Hintergrund der künftigen
Weltraumerkundung von den USA bis 2010 fertig installiert werden wird. Zu den
noch zu startenden Modulen gehört neben Columbus auch das japanische JEM
(Japanese Experiment Module). Nach aktuellem Zeitplan wird Columbus
voraussichtlich Ende 2007 zur ISS gebracht werden.
Columbus ist ein Mehrzwecklabor für die multidisziplinäre Forschung unter
Schwerelosigkeit. Es ist 6,9 Meter lang und hat einen Durchmesser von 4,5 Meter.
Forschungsgebiete werden die Material- und Lebenswissenschaften, die
Flüssigkeitsforschung und die Entwicklung neuer Technologien sein. Für die
Zukunft wird auch die industrielle, kommerzielle Nutzung des Labors angestrebt.
Das Labor wird der Hauptarbeitsplatz für die europäischen Astronauten sein. An
der Außenwand des Labors bieten Plattformen Möglichkeiten für Experimente, die
den Umgebungsbedingungen des freien Weltraums ausgesetzt sein sollen. Der
Betrieb des Labors wird vom europäischen Columbus-Kontrollzentrum
innerhalb des Deutschen Raumfahrt-Kontrollzentrums des DLR in Oberpfaffenhofen
geleitet.
Als Hauptauftragnehmer für Columbus führt EADS Space in Bremen ein
Konsortium von 41 Unternehmen aus 14 Ländern an, das für die Entwicklung,
Fertigung, Integration und die Tests verantwortlich ist. Der Industrievertrag
wurde im März 1996 unterzeichnet. Die Gesamtkosten für das Modul betragen
einschließlich der Testeinrichtungen 880 Millionen Euro. Hiervon fielen etwa 450
Millionen Euro für die deutsche Industrie an. Insgesamt sind bisher von
deutscher Seite im Zeitraum 1996 bis 2005 etwa 1,5 Milliarden Euro in das
Europäische Raumstationsprogramm für die Infrastrukturentwicklung eingeflossen.
Für die Nutzung der Station sind es von deutscher Seite bisher rund 360
Millionen Euro.
Deutschland ist mit wegweisender Forschung von Beginn an auf der ISS vertreten.
Tatsächlich war es ein deutsches Experiment, das Plasma-Kristall Experiment, das
im Februar 2001 die naturwissenschaftliche Forschung auf der Raumstation
einleitete und bis heute in deutsch-russischer Kooperation bei laufender
Fortentwicklung durchgeführt wird.
Das Plasma-Kristall Experiment beschäftigt sich mit der Untersuchung von
Niedertemperatur-Plasmen. In einem ionisierten Gas (Plasma), das aus freien
Elektronen, Ionen und neutralem Gas besteht, führt das Einfügen von kleinen
Partikeln zu deren elektrostatischer Aufladung und in Folge zu Wechselwirkungen
untereinander. Unter bestimmten Bedingungen platzieren sich diese Partikel
geometrisch in Form eines Kristalls, dem Plasma-Kristall. Dieser Materiezustand
wurde erst 1994 entdeckt. Die durchgeführten Untersuchungen können nur unter
verminderter Schwerkraft, wie sie auf der ISS herrscht, durchgeführt werden. Die
nächste Versuchsserie ist für den Sommer geplant.
Durch die derzeit auf zwei Astronauten reduzierte Besatzung der ISS ist die
wissenschaftliche Forschung eingeschränkt. Das wird sich ändern, wenn im Sommer
der deutsche Astronaut Thomas Reiter zu einem Langzeitaufenthalt von etwa sechs
Monaten auf der ISS startet. Mit Reiter wird die permanente Besatzung wieder auf
drei Astronauten erhöht werden. Thomas Reiter wird auf der Raumstation
wissenschaftliche Experimente durchführen und als erster europäischer
Langzeitastronaut in Funktion eines Flugingenieurs in die Wartung und den
Betrieb der ISS eingebunden sein.
Die Wissenschaft wartet auf die Verstärkung der Crew auf drei Astronauten und
auf Columbus. Deutsche Forscher haben mit bislang 14 Experimentserien die
ISS genutzt und neue Versuche vorbereitet. Insgesamt werden in Deutschland etwa
80 neue Experimente geplant, weitere 47 sind nach der letzten Ausschreibung der
Europäischen Weltraumorganisation ESA im Herbst 2004 zur weiteren Definition
ausgewählt worden.
|
ISS - die
astronews.com Berichterstattung über die Internationale
Raumstation ISS |
|