GAMMA
RAY BURSTS
Burst in Explosionsphase beobachtet
Redaktion / MPG
astronews.com
24. August 2005
Einer internationalen Gruppe von Physikern ist es erstmals gelungen,
einen so genannten Gamma Ray Burst noch während der Explosionsphase zu
beobachten. Sie nutze dazu MAGIC, das weltweit größten Gammastrahlen-Teleskop
auf der spanischen Insel La Palma. Zwischen der Entdeckung des Ausbruchs im
Gammastrahlenbereich und dem Beobachtungsbeginn mit MAGIC lagen nur 20 Sekunden.
Das
MAGIC-Teleskop auf La Palma. Mit einem Spiegeldurchmesser von 17 Metern
ist es weltweit das größte
Teleskop seiner Art und untersucht die Gamma-Strahlung ferner
Galaxien und explodierender Sterne. Foto: Robert Wagner, Max-Planck-Institut für Physik |
Einen Gamma Ray Burst noch während der Explosionsphase zu beobachten ist
jetzt erstmals einer internationalen Wissenschaftlergruppe um Prof. Masahiro
Teshima vom Münchner Max-Planck-Institut für Physik mit MAGIC (für: Major
Atmospheric Gamma Imaging Cherenkov), dem weltweit
größten Gammastrahlen-Teleskop auf La Palma/Spanien, gelungen. Am frühen Morgen
des 13. Juli 2005 konnten die Astronomen bereits 40 Sekunden nach der Explosion
und nur 20 Sekunden, nachdem der Ausbruch GRB050713a vom Satelliten SWIFT
gemeldet worden war, das Teleskop auf die gemeldete Position ausrichten und den
Ausbruch messen.
Damit liegen zum ersten Mal gleichzeitig durchgeführte
Messungen der Gamma-Emission in stark unterschiedlichen Spektralbereichen vor,
nämlich von SWIFT im Röntgenlicht und von MAGIC im extrem harten Gamma-Licht.
Die Beobachtungsergebnisse wurden auf der 29. Internationalen Cosmic Ray
Konferenz vorgestellt, die vom 3. bis 10. August 2005 in Puna (Indien)
stattgefunden hat.
Beobachtungen im Gammastrahlen-Bereich des elektromagnetischen Spektrums
öffnen ein neues Fenster in der langen Geschichte der Astronomie. Da die
Erdatmosphäre für dieses extrem energiereiche Licht undurchlässig ist, erfordern
direkte Beobachtungen den Einsatz von Satelliten oder Raketen. Sie können
allerdings nur Gammastrahlung bis zu Energien von maximal einigen zehn
Milliarden Elektronenvolt registrieren. Für höhere Energien müssen sich die
Astronomen mit einem Trick behelfen, der es erlaubt, Gammaquanten auch mit
erdgebundenen Detektoren nachzuweisen.
Dazu nutzen die Forscher die Tatsache, dass sich ein hochenergetisches
Gammateilchen in den oberen Schichten der Atmosphäre beim Vorbeiflug an einem
Atomkern spontan in ein Elektron und in dessen Antiteilchen, ein Positron,
umwandeln kann. Beide Teilchen erzeugen wiederum in einer Art Schneeballsystem
weitere Sekundär-Teilchen - eine Teilchenlawine, ein so genannter "Luftschauer",
entsteht. Die elektrisch geladenen Teilchen des Schauers, deren Geschwindigkeit
höher ist als die Lichtgeschwindigkeit in Luft, emittieren Cherenkov-Licht.
Als Cherenkov-Strahlung bezeichnet man eine elektromagnetische Strahlung, die
von schnellen elektrischen Teilchen in elektrisch nicht leitenden Medien erzeugt
wird, wenn ihre Geschwindigkeit größer ist als die Geschwindigkeit der Strahlung
in diesem Medium. Die 1934 von P. A. Cherenkov entdeckte Strahlung breitet sich
annähernd in Flugrichtung des ursprünglichen Gammateilchens aus und beleuchtet
auf der Erdoberfläche für wenige Milliardstel Sekunden eine Fläche von einigen
hundert Metern Durchmesser.
Das Potenzial von MAGIC beruht auf dem konzertierten Einsatz neuester
Technologien in den zentralen Komponenten des Teleskops, die eine effizientere
Lichtsammlung ermöglichen. So war Leichtbau bei allen bewegten Teilen
Voraussetzung dafür, einen Spiegeldurchmesser von 17 Metern realisieren zu
können, ohne dabei Kompromisse bei der Positionierungsgeschwindigkeit eingehen
zu müssen. Dies ist wichtig für die Beobachtung kurzzeitiger Phänomene wie
Gamma Ray Bursts. Erstmals bei einem Cherenkov-Teleskop wird eine
ultraleichte Kohlefaser-Gitterrahmenstruktur als Spiegelträger eingesetzt.
Auch
die 934 Spiegelsegmente bestehen aus Gewichtsgründen nicht aus Glas, sondern aus
Aluminium, dessen Oberfläche mit diamantbestückten Werkzeugen geschliffen wurde.
Die Spiegelsegmente selbst sind mit einem computergesteuerten Verstellmechanismus ausgestattet, so dass kleinste Verformungen des
Spiegelträgers, wie sie bei Lageänderungen auftreten, automatisch korrigiert
werden können. Auf diese Weise bleibt die optische Qualität des Teleskops
unabhängig von der Positionierungsrichtung stets gewährleistet.
Die vom Spiegel gesammelten Photonen werden auf eine aus 577 Lichtsensoren
bestehende elektronische Kamera fokussiert, die im Brennpunkt des Teleskops
angebracht ist und ultrakurze Belichtungszeiten von wenigen Milliardstel
Sekunden erlaubt. Für die Kamera nutzt man speziell entwickelte
Photomultiplier-Röhren, deren spektrale Empfindlichkeit an das zu beobachtende
Cherenkov-Licht angepasst ist. Der Signaltransfer geschieht über ein
ultraschnelles optisches Glasfaser-System, das eine nahezu verlustfreie
Analog-Übertragung der in der Kamera erzeugten Impulse ermöglicht. Auf diese
Weise kann in der Kamera selbst auf schwere Digitalisierungselektronik
verzichtet und die Beeinträchtigung durch ein mechanisches Nachschwingen des
Kameragehäuses minimiert werden.
Die durch konsequente Nutzung technologischer Neuentwicklungen erreichte
Empfindlichkeit und schnelle Positionierbarkeit machen MAGIC zu einem weltweit
einzigartigen Instrument für die Beobachtung von Gamma Ray Bursts und
anderer bisher weitgehend ungeklärter astrophysikalischer Prozesse. Mit MAGIC
ist es möglich, bis zu acht Milliarden Lichtjahre weit ins Universum zu schauen.
Wichtige Objekte des Beobachtungsprogramms sind dabei einige der rätselhaftesten
und exotischsten Himmelskörper: Quasare und andere aktive Zentren von Galaxien,
Schwarze Löcher, Pulsare und die Überreste von Supernovae, jenen gewaltigen
Explosionen, die dem Lebenszyklus massereicher Sterne ein Ende setzen.
Die wissenschaftlichen Fragestellungen, auf die sich die Physiker dabei
Antworten erhoffen, zählen zu den Brennpunkten der modernen Grundlagenforschung.
Dazu gehören etwa die Frage, welche Mechanismen die Teilchen der kosmischen
Strahlung auf die enormen Energien beschleunigen, aber auch ein besseres
Verständnis der Prozesse, die zur Bildung der ältesten Objekte im Kosmos geführt
haben, oder die Untersuchung der infraroten Hintergrundstrahlung im Universum
und die Überprüfung des Gültigkeitsbereichs der speziellen Relativitätstheorie
sowie die Suche nach Effekten der Quantengravitation. Auch die rätselhafte
Dunkle Materie, die das Universum erfüllt und über deren Natur bisher nur wenig
bekannt ist, könnte für MAGIC beobachtbare Spuren hinterlassen.
Das Teleskop wurde unter Federführung des Münchner Max-Planck-Instituts für
Physik in den Jahren 2001 bis 2003 gebaut (astronews.com berichtete) und seither
in internationaler Kooperation betrieben. Rund 150 Wissenschaftler aus 14
Ländern beteiligen sich an dem Projekt. Deutschland ist durch das
Max-Planck-Institut für Physik in München, die Humboldt-Universität Berlin sowie
die Universitäten Dortmund und Würzburg vertreten. MAGIC wird derzeit durch ein
zweites, weitgehend baugleiches Teleskop ergänzt. Dies ermöglicht dann auch
stereoskopische Beobachtungen von Luftschauern, was die Empfindlichkeit des
Instruments noch weiter erhöhen wird.
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