Überleben in der Nähe eines Roten Riesen
Redaktion / idw / Universität Jena
astronews.com
6. Juli 2005
Um den
Stern Gliese 86 haben Jenaer Astronomen mit Hilfe des Very Large Telescope
einen Weißen Zwerg entdeckt, der den Stern in weitem Abstand umrundet.
Zusätzlich wird die ferne Sonne aber auch von einem Planeten umkreist. Dieser
muss also die turbulente Rote-Riesen-Phase des jetzigen Weißen Zwergs
unbeschadet überstanden haben.
Gliese 86 mit seinem Weißen-Zwerg-Begleiter (links). Die
Aufnahme entstand im nahen Infrarot mit einem 8-Meter-Teleskope
des Paranal Observatoriums in Chile. Durch Einsatz adaptiver
Optik wurde das durch Luftturbulenzen getrübte Bild des Sterns
nahezu perfekt korrigiert. Foto: Mugrauer / Uni Jena |
Lange ging man davon aus, dass schwere Planeten wie der Jupiter nur in weiter
Entfernung von ihrem Zentralgestirn (Sonne) entstehen, dort wo es eisig und
staubig ist. Nachdem im vergangenen Jahrzehnt Planeten sehr nah an ihren Sternen
entdeckt wurden, änderte man die Theorie dahingehend, dass sie zwar außen
entstehen, dann aber nach innen wandern. Dass es auch Planeten gibt, die in
nächster Nähe zu ihrer Sonne entstehen, das konnten jetzt Astrophysiker von der
Friedrich-Schiller-Universität Jena zeigen.
Ausgangspunkt für die neue
Erkenntnis ist ihre Entdeckung eines sogenannten Weißen Zwergs, der um den
Stern Gliese 86 (Gl 86) kreist. Weiße Zwerge sind Fixsterne von sehr kleinem
Durchmesser und sind Endstadien von Sternen, deren Masse geringer als 1,4
Sonnenmassen ist.
Bereits 1998 war von anderen ein massenreicher Planet entdeckt worden, der
diesen Stern im Sternbild Eridanus am Südhimmel begleitet. Obwohl durchs
Teleskop nicht sichtbar, verriet sich der Planet, indem er an seinem Mutterstern
zog und so verhinderte, dass sich dieser mit konstanter Radialgeschwindigkeit
bewegte.
"Das spezifische Wackeln des Muttersterns deutete zusätzlich an, dass
sich neben dem Planeten noch ein weiteres Objekt in dem System befinden musste",
sagt Prof. Dr. Ralph Neuhäuser. Dem Jenaer Lehrstuhlinhaber für Astrophysik und
seinem Doktoranden Markus Mugrauer ist es mit einem der 8-Meter-Teleskope des
Very Large Telescope in Chile gelungen, durch Infrarot-Spektroskopie das
dritte Objekt im Gl 86 System als Weißen Zwerg zu identifizieren. Unter Einsatz
einer speziellen adaptiven Optik und mit der neuen Methode der simultanen
Differenz-Abbildung gelang ihnen die Direktaufnahme.
"Wir haben das erste System gefunden, wo sowohl ein Planet, als auch ein
Weißer Zwerg um einen normalen Stern kreisen", erklärt Markus Mugrauer. Die
Bedeutung des Fundes erschließt sich Uneingeweihten erst auf den zweiten Blick.
Denn die heutige Existenz des Weißen Zwerges bedeutet, dass der Planet einst
einem System mit zwei Sonnen angehörte, deren eine nun ein Weißer Zwerg ist.
Dieser entstand, nachdem sich der Stern erst zu einem Roten Riesen aufblähte und
nun nach dieser "heißen Transformations-Phase" langsam abkühlen wird. Ein
Prozess, der mehr als zehn Milliarden Jahre dauert. "Auch unserer Sonne ist ein
solches Schicksal beschieden", sagt Neuhäuser. Nur mit dem Unterschied, dass
unsere Erde die Transformation der Sonne vom Roten Riesen zum Weißen Zwerg
wahrscheinlich nicht überlebt, weil sie zu klein und zu nah dran ist.
"Es war eine wichtige Frage, ob Planeten die Rote-Riesen-Phase überleben
können. Nun haben wir erstmals einen Hinweis gefunden, unter welchen Bedingungen
dies möglich ist", erklärt Markus Mugrauer. Wie so oft spielt die Größe, Schwere
und die Entfernung der einzelnen Objekte voneinander eine entscheidende Rolle.
"Dadurch, dass der Weiße Zwerg so nahe am Planeten ist, können wir davon
ausgehen, dass der Planet in nächster Nähe zu seinem Mutterstern Gliese 86
entstanden sein muss. Es handelt sich quasi um eine in-situ-Entstehung in
eisfreier Umgebung", fasst Mugrauer die Ergebnisse der Untersuchungen zusammen.
Der Planet ist damit der Erste, von dem man weiß, dass er den Untergang einer
Nachbarsonne, die mit extrem großer Hitze (100.000 Kelvin) und
UV-Strahlenentwicklung einhergeht, überlebt hat. "In allen anderen bekannten
Doppelsternsystemen mit Planeten ist keiner der beiden Sterne ein Weißer Zwerg",
so Neuhäuser.
Der Stern Gliese 86 ist rund 35 Lichtjahre von der Erde entfernt und rund
zehn Milliarden Jahre alt. Er liegt im südlichen Sternbild Eridanus. Der Planet
umrundet Gliese 86 in 15 Tagen, der neu entdeckte Weiße Zwerg in 80 Jahren. Der
Weiße Zwerg ist 21 Astronomische Einheiten von Gliese 86 entfernt, also 21-mal
weiter als die Erde von der Sonne. Die Jenaer Wissenschaftler veröffentlichten
ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift Monthly Notices of the Royal
Astronomical Society.
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