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Astronomen entdecken Vielzahl von Mini-Galaxien
Redaktion
astronews.com
6. April 2004
Astronomen haben mit Hilfe des Anglo-Australian Telescope (AAT)
mehr als 40 Galaxien
entdeckt, die so klein sind, dass man sie leicht für Sterne halten
könnte. Bei einigen von ihnen dürfte es sich um die Reste von
"Ur-Galaxien" handeln, aus deren Verschmelzung die heutigen großen
Galaxien entstanden sind. Dieser neue sehr kompakte Galaxientyp ist erst
vor wenigen Jahren entdeckt worden.
Die Zentralregion des Fornax-Galaxienhaufens. Die neu entdeckten
- kaum sichtbaren -Galaxien sind markiert. Bild: UQ
Communications, Arna Karick (Uni. of Melbourne) |
Laut Dr. Michael Drinkwater von der School of Physical Sciences der
University of Queensland, einem der Leiter des Projekts, gehören die
Galaxien zum Typ der ultrakompakten Zwerggalaxien (UCD). Diese Art von Galaxien
war bis vor wenigen Jahren unbekannt - bis dasselbe Forscherteam sechs der
sehr kompakten kleinen Galaxien im Fornax-Haufen entdeckte. Die Wissenschaftler
gehen inzwischen davon aus, dass es im zentralen Bereich des Fornax-Haufens
deutlich mehr ultrakompakte Zwerggalaxien als herkömmliche elliptische und
spiralförmige Galaxien gibt.
Auch im Virgo-Galaxienhaufen haben die Wissenschaftler einige ultrakompakte
Zwerggalaxien entdeckt. "Es ist anzunehmen, dass zumindest einige davon
Überreste jener Urbausteine sind, aus deren Verschmelzung die großen Galaxien
entstanden," so Dr. Drinkwater. Die Forscher vermuten, dass die ultrakompakten
Zwerggalaxien weit verbreitet sind, bisher aber übersehen wurden, da sie auf den
ersten Blick nahe gelegenen Sternen sehr ähnlich sehen. "Wenn wir genau wissen
wollen, wie viel leuchtende (und auch dunkle) Materie sich im Universum befindet,
aber auch wie Galaxien entstanden sind, dann ist es natürlich sehr wichtig, über
ein komplettes Inventar aller Galaxien-Typen zu verfügen."
Für Professor Joss Bland-Hawthorn vom AAT sind die jüngsten Entdeckungen sehr
interessant, bringen sie doch das Verständnis darüber, wie Galaxien entstehen
und sich in einer Umgebung von Schwärmen anderer Galaxien verändern, deutlich
voran. "Computersimulationen sagen voraus, dass es tausende solcher kleinen
Objekte in der Umgebung unserer eigenen Galaxie gibt, wir sehen jedoch nur
ungefähr zwanzig," erläutert Bland-Hawthorn. "Die bisher nicht entdeckten
Objekte könnten entweder aus dunkler Materie bestehen und damit zu diesem
Zeitpunkt für uns unsichtbar sein oder die Computersimulationen sind fehlerhaft.
Darüber wird in der Astrophysik intensiv diskutiert."
Die ultrakompakten Zwerggalaxien wurden von Dr. Drinkwater, Dr. Stephen Phillips
von der Bristol University und ihren Kollegen zufällig entdeckt, als sie an
einer umfassenden Studie aller leuchtschwachen Objekte arbeiteten, die sie in
der Richtung des 60 Millionen Lichtjahre von der Erde entfernten Fornax-Haufens sehen konnten. Der Schlüssel für die Entdeckung
war das Two Degree Field (2dF) Instrument des Anglo-Australian
Telescope, das die Rotverschiebungen und damit die Entfernungen von 400
Objekten gleichzeitig messen kann. "Wir konnten die Rotverschiebung von jedem
Objekt in unserem Blickfeld messen und so ausmachen, welche Objekte wie Sterne
in unserer Galaxie aussahen, sich aber tatsächlich im Fornax-Haufen befanden,"
so Professor Warrick Couch von der University of New South Wales. "Durch
das 2dF-System ist das AAT eines von nur wenigen Teleskopen weltweit, mit denen
eine solche Beobachtung möglich ist."
Folgeuntersuchungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop und dem Very Large
Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile zeigten, wie ungewöhnlich
die ultrakompakten Zwerggalaxien tatsächlich sind. Obwohl ihre Masse mit denen
vorher bekannter Zwerggalaxien vergleichbar ist, sind sie erstaunlich klein -
mit einem Durchmesser von ungefähr 120 Lichtjahren. Mehrere zehn Millionen
Sterne drängen sich auf für Galaxien-Standard engstem Raum.
Die Forscher nahmen an, dass es sich bei den ultrakompakten Zwerggalaxien um die
Kerne ursprünglich größerer Galaxien handelt, die ihre äußeren Sterne verloren
haben. Aufgrund dieser Annahme hofften die Forscher, dass sie weitere
ultrakompakte Zwerggalaxien in anderen dichten Haufen finden würden, in denen
dieser Auflösungsprozess noch im Gang sein könnte. Bei der Überprüfung ihrer
Annahmen entdeckten die Forscher innerhalb von drei Nächten 46 weitere
ultrakompakte Zwerggalaxien im Fornax-Haufen - mehr als das Team erwartet hatte
- und in nur vier Stunden acht im Virgo-Haufen - auch etwa 60 Millionen
Lichtjahre entfernt. Ultrakompakte Zwerggalaxien scheinen also tatsächlich
häufig vorzukommen und quasi zum Standardinventar von Galaxien-Haufen zu
gehören.
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