GALAXIEN
Astronomen
entdecken neuen Galaxientyp
Redaktion
astronews.com
30. Mai 2003
Mit Hilfe
der modernsten Teleskope, die derzeit verfügbar sind, gelang es einem
internationalen Astronomenteam, im Fornax-Galaxienhaufen einen neuen Typ von
Galaxien aufzuspüren. Bislang hielt man die Objekte für Sterne der Milchstraße.
Der Fund, so hoffen die Forscher, könnte auch Theoretikern helfen, die sich mit
der Entstehung und Entwicklung von Galaxien beschäftigen.

Das Zentrum des Fornax-Galaxienhaufens: Rechts oben sind die
beiden zentralen Riesen-Elliptischen Galaxien des Haufens zu
erkennen. Oben links sind vergrößert eine der neuentdeckten
ultra-kompakten Galaxien (oben) und eine Zwergelliptische
Galaxie mit Kern (unten) dargestellt. Die Position von einer der
entdeckten Galaxien und einer Zwergellipse sind mit Quadraten
markiert. Foto:
Dr. Michael Hilker / Universität Bonn [Großansicht] |
Ein internationales Astronomenteam unter der Leitung von Dr. Michael
Drinkwater (Queensland, Australien), Dr. Michael Gregg (Livermore, USA) und Dr.
Michael Hilker von der Universität Bonn hat eine neue Art von sehr kompakten
kleinen Galaxien entdeckt. Die Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der
renommierten Wissenschaftszeitschrift Nature vom 29. Mai publiziert. Der
neue Galaxientyp könnte die Diskrepanz zwischen Beobachtungen und kosmologischen
Modellen erklären helfen.
Die Galaxien in unserem Universum sind nicht alle gleich: Da gibt es
Spiralen, die unserer Milchstraße ähneln, große elliptische und kleine
leuchtschwache Galaxien. Schon immer haben sich die Astronomen gefragt, ob bei
den bisherigen Beobachtungen nicht vielleicht Galaxientypen übersehen wurden.
Mit Hilfe einer groß angelegten spektroskopischen Durchmusterung aller Objekte
in dem relativ nahe gelegenen Fornax-Galaxienhaufen konnte das Astronomenteam
nun in der Tat einem neuen Typ auf die Spur kommen: den so genannten
ultrakompakten Galaxien, die in den Zentren von Galaxienhaufen liegen. Ihr
Aussehen ähnelt dem galaktischer Kugelsternhaufen, sie sind aber um ein
Vielfaches größer und leuchtkräftiger. Aufgrund ihrer sehr geringen Ausdehnung
am Himmel hatte man die ultrakompakten Galaxien bislang für Sterne der
Milchstraße gehalten. Ihre Radialgeschwindigkeit - ein grobes Maß für die
Entfernung - verriet den Astronomen aber, dass sich die Himmelsobjekte nicht in
unserer Milchstraße befinden konnten.
Um die Eigenschaften des neuen Galaxientyps zu studieren, bedienten sich die
Astronomen der zur Zeit modernsten Teleskope. Das "scharfe Auge" des Hubble
Space Teleskopes konnte die ultrakompakten Galaxien räumlich auflösen, so
dass die Wissenschaftler ihre Ausdehnung feststellen konnten. Mit den großen
8-Meter-Teleskopen der Europäischen Südsternwarte (ESO) auf dem Observatorium
"El Paranal" in Chile konnte Dr. Michael Hilker zudem spektroskopisch
feststellen, wie schnell sich die Sterne in den Galaxien bewegen. Beide
Messungen zusammen erlaubten es den Forschern, die Galaxien zu "wiegen". Mit
verblüffendem Ergebnis: Ausdehnung, Leuchtkraft und Masse entsprechen in dieser
Kombination keinem bisher bekanntem Galaxientyp.
Die Entdeckung könnte eine Frage beantworten, die Astronomen schon lange schwer
im Magen liegt: Nach gängiger Lehrmeinung sind die ursprünglichen Bausteine des
Universums kleine und massearme Zwerggalaxien, von denen auch heute noch viele
existieren müssten. Bislang fand man allerdings stets viel weniger
Zwerggalaxien, als die kosmologischen Modelle vorhersagten. Die Forscher glauben
nun, dass die ultrakompakten Galaxien aus Zwerggalaxien entstanden sein könnten,
die ihre äußeren Sterne verloren haben. Computersimulationen von Dr. Kenji Bekki
(Sydney, Australien) belegen auch, dass dies möglich ist. Der neue Galaxietyp
ist somit ein wichtiges Bindeglied, das die Diskrepanz zwischen Beobachtungen
und kosmologischen Modellen erklären könnte.
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