Blick auf Starburst-Geschichte einer Galaxie
Redaktion
astronews.com
4. März 2004
Heutige Großteleskope sammeln jeden Tag eine Vielzahl von Daten, die oft
nur teilweise von den Astronomen ausgewertet werden, die die jeweilige
Beobachtung veranlasst haben. Das Material wird daher in einem
"virtuellen Observatorium" auch anderen Wissenschaftlern zur Verfügung
gestellt. Dass sich damit durchaus wichtige Forschung betreiben lässt,
bewies nun ein Doktorand an der Göttinger Sternwarte, der die
Geschichte einer Starburst-Galaxie untersuchte.
Der Hauptteil der Zwerggalaxie NGC 1569 mit den beiden
Supersternhaufen. Foto: idw / Universitäts-Sternwarte
Göttingen [Großansicht] |
Ein direkter Blick in die Phase einer ausbruchartigen Entstehung von Sternen,
dem so genannten "Starburst" einer Galaxie ist dem Astrophysiker Peter Anders
von der Georg-August-Universität Göttingen gelungen. Er untersuchte das
Sternhaufensystem der Zwerggalaxie NGC 1569 - die Starburst-Galaxie, die der
Erde am nächsten liegt. Dazu hat er Archivdaten aus mehreren
Beobachtungsprojekten mit dem Weltraumteleskop Hubble kombiniert und mit
Computer-Modellen ausgewertet.
Unter Sternhaufen verstehen Astronomen eine Ansammlung von Sternen, die zur
selben Zeit in einem eng begrenzten Raum unter denselben Bedingungen entstanden
sind. Der Starburst in NGC 1569 begann vor rund 25 Millionen Jahren und
dauerte etwa 20 Millionen Jahre, erläutert Anders, der die Galaxie im Rahmen
seiner Doktorarbeit untersuchte. Der Nachwuchswissenschaftler ist Mitglied der
von Privatdozentin Dr. Uta Fritze-von Alvensleben an der Universitäts-Sternwarte
geleiteten Forschungsgruppe. "Während locker gebundene, offene Sternhaufen auch
bei normaler Sternbildung entstehen, sich aber relativ schnell wieder auflösen,
werden massereiche, kompakte und damit langlebige Haufen, die so genannten
Kugelsternhaufen, nur in Starbursts gebildet", erklärt Anders.
Diese kompakten Sternhaufen erlauben eine Aufzeichnung der Starburst-Geschichte
einer Galaxie, indem man ihr Alter genau bestimmt. NGC 1569 ist weniger als
sieben Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt und kann mit den
hochauflösenden Instrumenten an Bord des Weltraumteleskops Hubble, das
die europäische und die amerikanische Weltraumorganisationen ESA und NASA
gemeinsam betreiben, hervorragend untersucht werden. Darüber hinaus sind in
dieser Starburst-Galaxie mindestens zwei sehr massereiche so genannte
"Super-Sternhaufen" zu finden.
Mit den Hubble-Archivdaten, die das Projekt Astronomisches Virtuelles
Teleskop (Astrovirtel) der Europäischen Südsternwarte bereitgestellt hat,
konnte Anders die physikalischen Parameter der Sternhaufen genauer bestimmen,
als dies bislang möglich war. "Neben den beiden sehr markanten und schon gut
untersuchten Super-Sternhaufen befinden sich in NGC 1569 noch eine große Anzahl
weiterer kleiner Sternhaufen. Diese liefern wichtige Informationen über
Entstehung und Entwicklung von Sternhaufen sowie über die Entwicklung des
Starbursts", so der Astrophysiker.
Ein Ergebnis seiner Untersuchung ist, dass die große Mehrheit der Sterngruppen
in NGC 1569 weit masseärmer ist als die kompakten, sehr alten Kugelsternhaufen
der Milchstraße und sie eher mit den jungen, offenen Sternhaufen zu vergleichen
sind. Einige dieser Ansammlungen, darunter auch die beiden Super-Sternhaufen,
sind jedoch so massereich und kompakt, dass sie sich einmal zu langlebigen
Kugelsternhaufen entwickeln könnten. Die masseärmeren Objekte dagegen werden
sich in den kommenden Milliarden Jahren auflösen, prognostiziert der
Nachwuchswissenschaftler.
Auch aus der Beobachtung, dass der Anteil massereicher Sternhaufen zu Anfang des
Starbursts deutlich höher war als am Ende, ziehen die Göttinger Forscher erste
Schlussfolgerungen. "Wir schreiben dieses Phänomen den unterschiedlichen
physikalischen Zuständen während dieser beiden Epochen zu. Unsere These lautet,
dass über einen Rückkopplungsprozess die älteren Sternhaufen die Bildung
jüngerer massereicher Haufen erschweren", fasst Fritze-von Alvensleben zusammen.
Eine endgültige Erklärung für dieses Phänomen stehe jedoch noch aus.
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