INTEGRAL
Erste Bilder
vom Gammastrahlen-Satelliten
Redaktion
astronews.com
19. Dezember 2002
Integral, das Gammastrahlenobservatorium der Europäischen
Weltraumorganisation (ESA), arbeitet wie geplant: Gestern wurden in Paris
erste von Integral aufgenommene Bilder des hochenergetischen
Universums der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Forscher zeigten sich von
diesen "First-light"-Aufnahmen begeistert.
Integral-Bilder von Cygnus X-1. Im Hintergrund eine
künstlerische Darstellung des Systems.
Bild:
ESA/Integral-Team [Großansicht] |
Das hochenergetische Universum ist Schauplatz heftiger Ereignisse wie
explodierende und kollabierende Sterne. Zu letzteren gehören die
ultrakomprimierten Neutronensterne und die alles verschlingenden Schwarzen
Löcher. Diese Himmelsobjekte erzeugen Röntgen- und Gammastrahlen, die um ein
Vielfaches energiereicher sind als die optische Strahlung, die mit bloßem Auge
und optischen Teleskopen erfasst werden kann. Die Hauptexperimentatoren für
Integral - die für die Bordinstrumente verantwortlichen Wissenschaftler -
erläutern die Schlüsselrolle von Hochenergie-Missionen wie Integral in
der Astronomie: "Die Röntgen- und Gammastrahlenastronomie ist ein Wegweiser zu
außergewöhnlichen Objekten. Im optischen Wellenlängenbereich wimmelt es von
Sternen. Im Röntgen- und Gammastrahlenbereich sind weniger Objekte zu sehen,
dafür aber die eigentümlichsten."
Als erster Test wurde der Blick des Observatoriums auf die Cygnus-Region des
Himmels und insbesondere auf das rätselhafte Objekt Cygnus X-1 gerichtet. Seit
den 60er Jahren ist bekannt, dass von diesem Objekt eine konstante energiereiche
Strahlung ausgeht. Die meisten Wissenschaftler glauben, dass Cygnus X-1 ein
Schwarzes Loch mit der fünffachen Masse unserer Sonne ist, das einen nahen Stern
verschlingt. Die Beobachtung von Cygnus X-1, das nur 10.000 Lichtjahre von der
Erde entfernt und damit ein vergleichsweise nahes Objekt unserer Galaxie ist,
stellt einen wichtigen Schritt zur Lösung des Rätsels der Schwarzen Löcher dar
und könnte auch zu einem besseren Verständnis des riesigen Schwarzen Lochs im
Zentrum unserer Galaxie beitragen, das dreimillionenmal so massereich ist wie
unsere Sonne.
Bereits während seiner Anfangsbeobachtungen hat Integral zur Freude
der Wissenschaftler einen ersten Gammastrahlenausbruch erfasst. Diese gewaltigen
Explosionen sind nicht vorhersehbar; bekannt ist nur, dass sie durchschnittlich
zweimal pro Tag an unterschiedlichen Stellen im Universum stattfinden. Ihr
genauer Ursprung ist unklar: Sie könnten durch das Kollabieren riesiger Sterne
im fernen Universum ausgelöst werden, aber auch durch Kollisionen zwischen zwei
Neutronensternen. Integral wird wichtige Aufschlüsse über diese Vorgänge
liefern und die Wissenschaftler der Lösung dieses besonderen Rätsels näher
bringen.
Zur Untersuchung dieser Phänomene führt Integral zwei leistungsstarke
Gammastrahlen-Instrumente mit: eine Kamera namens IBIS und ein Spektrometer
namens SPI. Spektrometer dienen zur Messung der Energie der empfangenen
Gammastrahlung. Gammastrahlenquellen sind oft äußerst variabel und können
innerhalb von Minuten oder Sekunden schwanken. Es ist daher wesentlich, dass
Daten gleichzeitig in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen gesammelt werden.
Deshalb ist Integral zusätzlich mit einem Röntgen- und einem optischen
Begleitinstrument (JEM-X und OMC) ausgestattet. Alle vier Instrumente beobachten
dieselben Objekte zur selben Zeit. Auf diese Weise können sie flüchtige
Ereignisse lückenlos erfassen. Integral sendet die Daten aller
Instrumente an das Wissenschaftliche Integral-Datenzentrum (ISDC) bei Genf in
der Schweiz, wo sie verarbeitet und dann den Wissenschaftlern zugänglich gemacht
werden.
"Wir haben die Leistung der Instrumente im Hinblick auf die insgesamt beste
wissenschaftliche Ausbeute optimiert. Wir erwarten, dass spätestens am
Jahresende Integral für die Nutzung durch Astronomen in aller Welt bereit
sein wird," prognostiziert Arvind Parmar, der kommissarische
Projektwissenschaftler der ESA für Integral. "Die ersten Bilder und Spektren
beweisen, dass Integral voll in der Lage ist, die ihm zugedachte Aufgabe
zu erfüllen" d.h. einige der Geheimnisse des hochenergetischen Universums zu
enthüllen.
Integral ist für eine Missionsdauer von zwei Jahren ausgelegt, doch führt der
Satellit ausreichend Treibstoff mit, um - wenn keine Pannen auftreten - seinen
Einsatz auf insgesamt fünf Jahre zu verlängern. Integral wurde am 17. Oktober
2002 mit einer russischen Proton-Rakete vom Kosmodrom Baikonur in Kasachstan aus
gestartet (astronews.com berichete). Der Satellit wurde auf eine Bahn hoher
Neigung befördert, auf der er sich bis auf 153.000 Kilometer von der Erde
entfernte und ihr wieder bis auf 600 Kilometer nahe kam. Seine Bordtriebwerke
führten dann fünf Manöver aus, durch die er auf seine Einsatzbahn in 9000 bis
153.000 km Höhe über der Erde gelangte.
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