Ein internationales Kosmologenteam hat quasi die Melodie der
Schöpfung ausfindig gemacht: Auf einer Aufnahme des Ballonexperimentes
BOOMERANG, die die kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung zeigt,
entdeckten die Forscher Schallwellen, die Materie und Licht kurz nach dem
Urknall komprimierten und wieder verteilten. Die Erkenntnisse stammen aus
der detaillierten Auswertung eines vor rund einem Jahr veröffentlichten
Bildes.
Das Universum vor etwa 14 Milliarden Jahren Foto:
BOOMERANG |
Im April 2000 veröffentlichte das Forscherteam das bis dahin
detaillierteste Bild der Mikrowellenhintergrund-Strahlung, die nach
Ansicht der Kosmologen unser direktester Zugang zu den Geschehnissen im
und kurz nach dem Urknall ist. Die Aufnahme gelang mit dem
BOOMERANG-Experiment, was für Balloon
Observations of Millimetric Extragalactic Radiation and Geophysics
steht. Es bestand aus einem hochempfindlichem Mikrowellen-Teleskops, das
Ende 1998 für etwas mehr als zehn Tage an einem Ballon in etwa 37
Kilometern Höhe über der Antarktis schwebte. Nach der ersten
Veröffentlichung vor einem Jahr (astronews.com berichtete) haben die
Wissenschaftler nun detailliertere Auswertungen der BOOMERANG-Daten
vorgelegt.
"Das frühe Universum ist vollen Schallwellen, die Materie und
Licht zusammendrücken oder verdünnen ganz wie wir das von Schallwellen
in einer Flöte oder Trompete kennen", erläutert der italienische
Leiter des Teams Paolo de Bernardis. "Zum ersten Mal konnten wir nun
klar die Harmonien dieser Wellen erkennen."
Nach Ansicht der Kosmologen ist das Universum vor rund zwölf bis 15
Milliarden Jahren im sogenannten Urknall entstanden, dessen
"Nachglühen" man noch heute als kosmische
Mikrowellen-Hintergrundstrahlung erkennen kann. Diese Strahlung erreicht
uns extrem gleichförmig aus allen Richtungen am Himmel. Allerdings
berechneten Theoretiker bald, dass jegliche Struktur im frühen Universum
als winzige Helligkeitsschwankung in der Hintergrundstrahlung auszumachen
sein müsste. Dieses wurde auch tatsächlich 1991 mit dem Cosmic
Background Explorer Satellite (COBE) der NASA entdeckt.
Seitdem sind die winzigen Unregelmäßigkeiten in der ansonsten sehr
gleichmäßigen Strahlung für Kosmologen ein willkommenes
Forschungsobjekt, versuchen sie doch zu erklären, wie sich aus dem
Feuerball des Urknalls in nur relativ kurzer Zeit Galaxien, Sterne und
Planeten bilden konnten. Mit immer feineren Instrumenten, gelingt es nun
nach und nach immer bessere Karten der Hintergrundstrahlung zu erstellen.
Das Ballon-Experiment BOOMERANG hat als erstes scharfe Aufnahmen des
Mikrowellenhintergrundes geliefert. Die neuen Analysen zeigen komplexe
Regionen, in denen es winzige Temperaturschwankungen gibt, die typischer
Weise nur den 100 Millionsten Teil eines Grades ausmachen. Und es scheint
darin eine gewissen Regelmäßigkeit zu geben, die den Kosmologen einiges
verrät.
So deuten sie die jetzt gefundenen harmonischen Serien als Beweis für
die sogenannte Inflationstheorie des Kosmos. Danach hat sich das Universum
unmittelbar nach dem Urknall in einer extrem kurzen Zeit von subatomarer
Größe aufgebläht. "Gerade so wie man aus den Harmonien einer
Flöte und einer Trompete, die den gleichen Ton spielen, die Instrumente
unterscheiden kann, können wir aus den Harmonien in der
Hintergrundstrahlung die Natur des Universums ableiten", so Barth
Netterfield von der Universität von Toronto.
Vor einem Jahr - nach der ersten Analyse - konnte das BOOMERANG-Team
deutlich weniger erkennen: "Um in der musikalischen Analogie zu
bleiben, konnten wir nur den Ton erkennen, etwa ob es ein C ist oder ein
F", so Andrew Lange vom California Institute of Technology.
"Nun können wir nicht nur die Note erkennen, sondern auch das
Instrument bestimmen, das den Ton gespielt hat - wir fangen also an, der
Musik der Schöpfung zu lauschen."
Der Bereich, den BOOMERANG beobachtete, macht rund drei Prozent des
Himmels aus. In der nahen Zukunft plant das Team ein erneuten Flug über
der Antarktis, aus der sich die Forscher weitere bahnbrechende
Erkenntnisse erwarten: "Der wissenschaftliche Ertrag solcher
Messungen ist gewaltig", so John Ruhl von der Universität von
Kalifornien in Santa Barbara. "Mit den heutigen Ergebnissen, wissen
wir sicher, dass die Musik da ist und wir sie interpretieren können. Es
besteht kein Zweifel, dass wir noch sehr viel lernen können, wenn wir
genauer hinhören."