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KOSMOLOGIE
Die Melodie der Schöpfung

von Stefan Deiters
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30. April 2001

Ein internationales Kosmologenteam hat quasi die Melodie der Schöpfung ausfindig gemacht: Auf einer Aufnahme des Ballonexperimentes BOOMERANG, die die kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung zeigt, entdeckten die Forscher Schallwellen, die Materie und Licht kurz nach dem Urknall komprimierten und wieder verteilten. Die Erkenntnisse stammen aus der detaillierten Auswertung eines vor rund einem Jahr veröffentlichten Bildes. 

Boomerang-Aufnahme
Das Universum vor etwa 14 Milliarden Jahren Foto: BOOMERANG
Im April 2000 veröffentlichte das Forscherteam das bis dahin detaillierteste Bild der Mikrowellenhintergrund-Strahlung, die nach Ansicht der Kosmologen unser direktester Zugang zu den Geschehnissen im und kurz nach dem Urknall ist. Die Aufnahme gelang mit dem  BOOMERANG-Experiment, was für Balloon Observations of Millimetric Extragalactic Radiation and Geophysics steht. Es bestand aus einem hochempfindlichem Mikrowellen-Teleskops, das Ende 1998 für etwas mehr als zehn Tage an einem Ballon in etwa 37 Kilometern Höhe über der Antarktis schwebte. Nach der ersten Veröffentlichung vor einem Jahr (astronews.com berichtete) haben die Wissenschaftler nun detailliertere Auswertungen der BOOMERANG-Daten vorgelegt.

"Das frühe Universum ist vollen Schallwellen, die Materie und Licht zusammendrücken oder verdünnen ganz wie wir das von Schallwellen in einer Flöte oder Trompete kennen", erläutert der italienische Leiter des Teams Paolo de Bernardis. "Zum ersten Mal konnten wir nun klar die Harmonien dieser Wellen erkennen."

Nach Ansicht der Kosmologen ist das Universum vor rund zwölf bis 15 Milliarden Jahren im sogenannten Urknall entstanden, dessen "Nachglühen" man noch heute als kosmische Mikrowellen-Hintergrundstrahlung erkennen kann. Diese Strahlung erreicht uns extrem gleichförmig aus allen Richtungen am Himmel. Allerdings berechneten Theoretiker bald, dass jegliche Struktur im frühen Universum als winzige Helligkeitsschwankung in der Hintergrundstrahlung auszumachen sein müsste. Dieses wurde auch tatsächlich 1991 mit dem Cosmic Background Explorer Satellite (COBE) der NASA entdeckt. 

Seitdem sind die winzigen Unregelmäßigkeiten in der ansonsten sehr gleichmäßigen Strahlung für Kosmologen ein willkommenes Forschungsobjekt, versuchen sie doch zu erklären, wie sich aus dem Feuerball des Urknalls in nur relativ kurzer Zeit Galaxien, Sterne und Planeten bilden konnten. Mit immer feineren Instrumenten, gelingt es nun nach und nach immer bessere Karten der Hintergrundstrahlung zu erstellen. Das Ballon-Experiment BOOMERANG hat als erstes scharfe Aufnahmen des Mikrowellenhintergrundes geliefert. Die neuen Analysen zeigen komplexe Regionen, in denen es winzige Temperaturschwankungen gibt, die typischer Weise nur den 100 Millionsten Teil eines Grades ausmachen. Und es scheint darin eine gewissen Regelmäßigkeit zu geben, die den Kosmologen einiges verrät.

So deuten sie die jetzt gefundenen harmonischen Serien als Beweis für die sogenannte Inflationstheorie des Kosmos. Danach hat sich das Universum unmittelbar nach dem Urknall in einer extrem kurzen Zeit von subatomarer Größe aufgebläht. "Gerade so wie man aus den Harmonien einer Flöte und einer Trompete, die den gleichen Ton spielen, die Instrumente unterscheiden kann, können wir aus den Harmonien in der Hintergrundstrahlung die Natur des Universums ableiten", so Barth Netterfield von der Universität von Toronto.

Vor einem Jahr - nach der ersten Analyse - konnte das BOOMERANG-Team deutlich weniger erkennen: "Um in der musikalischen Analogie zu bleiben, konnten wir nur den Ton erkennen, etwa ob es ein C ist oder ein F", so Andrew Lange vom California Institute of Technology. "Nun können wir nicht nur die Note erkennen, sondern auch das Instrument bestimmen, das den Ton gespielt hat - wir fangen also an, der Musik der Schöpfung zu lauschen."

Der Bereich, den BOOMERANG beobachtete, macht rund drei Prozent des Himmels aus. In der nahen Zukunft plant das Team ein erneuten Flug über der Antarktis, aus der sich die Forscher weitere bahnbrechende Erkenntnisse erwarten: "Der wissenschaftliche Ertrag solcher Messungen ist gewaltig", so John Ruhl von der Universität von Kalifornien in Santa Barbara. "Mit den heutigen Ergebnissen, wissen wir sicher, dass die Musik da ist und wir sie interpretieren können. Es besteht kein Zweifel, dass wir noch sehr viel lernen können, wenn wir genauer hinhören."

Links im WWW
BOOMERANG, Projekthomepage
siehe auch
Kosmologie: Die Welt ist flach - wahrscheinlich - 10. Mai 2000
Kosmologie: Als das All noch klein war
- 28. April 2000
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