Herzstück der These von Professor Jonathan I. Lunine vom Lunar
and Planetary Laboratory an der Universität von Arizona ist, dass
Jupiter-ähnliche Planeten Objekte von etwa der Größe des Planeten
Mars in Richtung des jeweiligen Zentralstern abgelenkt haben und so
erst den Vorrat an Wasser zur Verfügung stellten, der zur
Entwicklung von kohlenstoffbasiertem Leben nötig ist. Das, so der
Wissenschaftler, sei im Prinzip auch in unserem Sonnensystem
geschehen.
"Am Ende muss man feststellen, dass im Asteroidengürtel
nach der Entstehung unseres Sonnensystems deutlich mehr Material
enthalten war als heute vorhanden ist", so Lunine. "Und
Jupiter war dafür verantwortlich, dass dort kräftig aufgeräumt
wurde." Durch die gewaltige Gravitationskraft, die der
Riesenplanet ausübt, störte er nämlich die Bahnen der
Asteroiden, die dadurch kollidierten und zu immer größeren
Objekten wurden - manche waren sogar größer als der Mars. Diese Objekte
wurden auf recht unregelmäßige Bahnen gelenkt. Diejenigen, die mit
der Erde zusammenstießen, lieferten das Wasser, dass heute die
Erdozeane füllt. Die Erde war damals gerade im Entstehen und nur etwa halb so groß wie heute.
Dieses Entstehungsszenario hatte Lunine zusammen mit
italienischen und französischen Kollegen Ende letzten Jahres
vorgestellt. Eine weitere Schlussfolgerung der Arbeit: In einem Sonnensystem mit wasserhaltigen Asteroiden aber ohne Riesenplaneten
wären vielleicht keine Welten entstanden, in denen es Ozeane
wie auf der Erde gibt.
Hauptbeweis ihrer These ist das Verhältnis von Wasserstoff zu
schwerem Wasserstoff, oder Deuterium, im Meerwasser der Erde. Dies
beträgt 150 Teile Deuterium auf eine Millionen Teile Wasser, was
etwa dem sechsfachen des Verhältnisses in der Sonne oder im Jupiter
entspricht. Es ist allerdings nur ein Drittel des
Deuterium-Wasserstoff-Verhältnisses, das man in Kometen gemessen
hat, was der These widerspricht, dass diese für das Wasser auf der
Erde gesorgt haben. "Wenn das
Wasserstoff-Deuterium-Verhältnis im Asteroidengürtel durch
Meteoritenfunde korrekt wiedergegeben ist, sollten durch Jupiter
abgelenkte planetenähnliche Objekte für den weitaus größten
Anteil am Wasser der Erde verantwortlich sein", so die
Schlussfolgerung Lunines.
Diese Theorie hat auch Konsequenzen für die Suche nach
lebensfreundlichen Welten außerhalb unseres Sonnensystems: In den
letzten Jahren wurden beispielsweise zahlreiche Planeten um ferne
Sonnen entdeckt, die mindestens die Masse unseres Jupiters hatten.
Dass man vor allem Jupiter-ähnliche oder noch massereichere
Planeten aufspürte, hat mit der verwendeten Technik zu tun, die im
Prinzip nach den Störungen sucht, die ein Planet bei seinem Umlauf
um das Zentralgestirn verursacht. Mit heutigen Methoden sind auf
diese Weise nur sehr massereiche Planeten zu entdecken und diese
sollten auch noch möglichst dicht um die jeweilige Sonne kreisen.
So fand man auch diverse Jupiter-ähnliche Planeten in großer
Nähe zu ihrem Zentralgestirn. Astronomen bezeichnen diese gemeinhin
als heiße Jupiter. Es ist nicht ganz klar, wie diese Riesenplaneten
dort entstehen können, so dass Lunine und Kollegen davon ausgehen,
dass sie eventuell aus den äußeren Bereichen des jeweiligen
Systems ins Zentrum gewandert sind. So kommt es ganz darauf an, wo
sich die Jupiter-ähnlichen Planeten in einem fernen System
befinden. "Wenn sich ein Jupiter-ähnlicher Planet dichter an
der Sonne befindet als unser Jupiter (dieser liegt in etwa fünf Astronomischen
Einheiten Entfernung, eine Astronomische Einheit ist die mittlere
Entfernung der Erde zur Sonne), beispielsweise in drei
Astronomischen Einheiten Entfernung, könnte es immer noch
erdähnliche Planeten in einem stabilen Orbit geben", so Lunine.
"Doch könnten diese trocken sein, weil der Riesenplanet alles
wasserenthaltende Material vom dem erdähnlichen Planeten
ferngehalten hat."
Sind Jupiter-ähnliche Planeten zu weit draußen im jeweiligen
Planetensystem, könnten durch den beschriebenen Mechanismus
Planeten mit Wasser versorgt werden, die zu weit entfernt von der
Sonne sind. Dies würde dann zu einem Eisplaneten führen, auf dem
es wohl kaum uns bekanntes Leben geben dürfte. Für Lunine ist die
Sache daher klar: "Wenn man wirklich eine zweite Erde entdecken
will, muss man verstehen, wo die Jupiter-ähnlichen Planeten sind
und was sie in ihrem Sonnensystem bewirkt haben. Man könnte
beispielsweise einen erdähnlichen Planeten finden, der Wasserdampf
in der Atmosphäre enthält. Man weiß aber lange noch nicht, ob der
aus einem zehn Kilometer tiefen Ozean stammt oder ob das Wasser nur
wenige Meter tief ist."