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Satelliten nehmen Hitzebelastung in den Städten ins Visier
Redaktion
/ Pressemitteilung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt e. V. astronews.com
21. August 2025
Das DLR hat mithilfe von Daten der US-amerikanischen
Landsat-Satelliten detaillierte Karten zu den Oberflächentemperaturen in
deutschen Städten mit mehr als 100.000 Einwohnern erstellt. Die unlängst
vorgestellten Karten sollen helfen, konkreten Maßnahmen in Ballungsräumen zu
planen, um die Hitzebelastung für die Bevölkerung zu verringern.

Mittelwerte der Oberflächentemperaturen
mittags in den Sommermonaten Juni, Juli und
August in den Jahren 2013 bis 2024 für den
Großraum Hamburg.
Bild: DLR (CC
BY-NC-ND 3.0) [Gesamtansicht] |
Erstmals liefert das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) eine
systematische Analyse der Oberflächentemperatur-Verteilung für Städte mit mehr
als 100.000 Einwohnern in Deutschland. Dabei zeigt sich, dass die Versiegelung
die Hitzebelastung in unseren Städten verstärkt: Gerade in hochversiegelten,
dicht bebauten Stadtlagen kommt es zu erhöhten Temperaturen. Für die
ausgewählten mehr als 70 Großstädte, darunter Berlin, München, Frankfurt,
Stuttgart, Köln und Hamburg, ist dies nun räumlich aufgelöst entsprechend der
geografischen Lage und Struktur nachvollziehbar. Dafür wurden thermale Aufnahmen
der US-amerikanischen Landsat-Satelliten ausgewertet. Die Analysen liefern eine
fundierte, datenbasierte Grundlage, um in Ballungsräumen konkrete Maßnahmen
gegen die Hitze ergreifen zu können.
"Das DLR begleitet und unterstützt mit seiner anwendungsorientierten
Forschung aktiv öffentliche Stakeholder wie Ministerien, Kommunen und Behörden
sowie die Wirtschaft. Durch einen intensiven Wissensaustausch vergrößert das DLR
den Nutzen seiner Technologien für die Gesellschaft", sagt Prof. Dr.-Ing. Anke
Kaysser-Pyzalla, Vorstandsvorsitzende des DLR. "Informationen aus dem Weltraum
sind grundlegend für ein noch besseres Verständnis von Prozessen wie den
klimatischen Entwicklungen in Städten und Ballungsräumen. Durch die im DLR
entwickelten Verfahren und Methoden zur Be- und Verarbeitung von Satellitendaten
können verlässliche Informationen und Anwendungen für ein breites Spektrum an
Handlungsempfehlungen bereitgestellt werden."
Die Forschenden des DLR haben die durchschnittlichen Oberflächentemperaturen
von Juni, Juli und August in den Jahren 2013 bis 2024 einbezogen.
Oberflächentemperatur und Lufttemperatur entsprechen sich nicht 1:1, sie stehen
aber in direktem Zusammenhang und die räumlichen Muster ähneln sich. So lassen
sich Hitze-Inseln eindeutig anhand der Oberflächentemperaturen identifizieren.
Diese werden in Beziehung gesetzt zu Variablen wie Stadtgröße, Lage in
Deutschland und Lage im Stadtgebiet. Hinzu kommen verschiedene
Stadtstrukturtypen wie Einfamilienhausgebiet, Großwohnsiedlung oder
Blockbebauung. Die Forschenden haben zusätzlich Erdbeobachtungsdaten mit
Stadtklimamodellen kombiniert, um die Temperaturverteilung in verschiedenen
Stadtgebieten mit bis zu einem Meter Auflösung detailliert zu simulieren. Mit
diesen Simulationen auf Gebäudeebene lassen sich wichtige Faktoren wie
Beschattung und Exposition einzelner Bereiche präzise erfassen. So kann gezielt
analysiert werden, wo in der Stadt die Hitzebelastung besonders hoch ist.
"Aus der Fernerkundung haben wir mittlerweile umfangreiche Daten, um
räumliche Hitze-Hot-Spots zu identifizieren, zu quantifizieren und zu monitoren.
Dieses Wissen kann eingesetzt werden, um die Hitzebetroffenheit der
Stadtbevölkerung zu reduzieren", sagt Thilo Erbertseder, der im DLR zu
Stadtklima und Gesundheit forscht. Er betont, dass aus umweltmedizinischer Sicht
Hitzestress für den Organismus nicht allein von der Oberflächen- oder
Lufttemperatur abhängt, sondern zusätzlich von Faktoren wie Luftfeuchte,
Windgeschwindigkeit und Strahlung. Diese Faktoren können die Hitzebelastung für
Menschen verstärken.
"Unsere Auswertungen zeigen im Detail, dass die Differenzen von
Oberflächentemperaturen zwischen Innenstadtgebieten und ländlichen Räumen
teilweise acht bis zehn Grad betragen können", sagt Prof. Hannes Taubenböck vom
Earth Observation Center des DLR. Wie diese Temperaturverteilung für
einzelne Städte oder Regionen im Detail aussieht ist, ist ein Thema der weiteren
Forschung. In einer Studie am Beispiel Augsburg konnte das DLR vor einigen
Jahren schon nachweisen, dass während einer Hitzewelle mehr als die Hälfte der
Bevölkerung auch nachts dauerhaft hohen Temperaturen ausgesetzt ist. "Der
Organismus des Menschen kann sich dann kaum von der Hitze erholen und die
Gesundheitsgefährdungen steigen", sagt Dr. Tobias Leichtle, der die
Augsburg-Studie geleitet hat.
Allgemein zeigt sich: Städtische Strukturen mit geringer Bebauungsdichte und
hohem Grünanteil weisen geringere Temperatur-Differenzen zum Umland auf als
dicht bebaute Gebiete mit geringerem Grünanteil. Grüne und blaue Infrastruktur –
also Vegetation und Wasserflächen – haben abhängig von ihrer Größe eine
signifikante Temperaturwirkung. Sie werden wegen ihres Kühlungseffekts schon
heute als Anpassungsmaßnahmen eingesetzt. Vor allem Stadtgrün kann städtische
Temperaturen signifikant senken. Auch das hat eine Studie gezeigt, an der
DLR-Forschende beteiligt waren.
"Diese Maßnahmen erscheinen offensichtlich. Und doch muss immer bedacht
werden, dass in jeder Stadt Nutzungskonflikte bestehen zwischen der
Notwendigkeit, sich an den Klimawandel anzupassen, und dem Bedarf an Wohnraum
und Verkehrsinfrastruktur. Wir möchten Wissen liefern, um gesellschaftliche und
politische Entscheidungen dazu bewusster treffen zu können“, sagt Taubenböck.
Einige Maßnahmen könnten zum Beispiel sein, Menschen bei Hitzewellen in
einzelnen Stadtquartieren gezielt zu informieren, kühle Räume zur Verfügung zu
stellen, Sanierungen mit Blick auf Hitzeschutz durchzuführen oder langfristig
stadtplanerische Eingriffe umzusetzen.
Zukünftige Analysen des DLR werden die Temperaturwirkung nach verschiedenen
Anpassungsmaßnahmen einbeziehen. Der Blick in die Vergangenheit ermöglicht
einerseits, städtebauliche Entwicklungen der Temperaturentwicklung
gegenüberzustellen. Zum anderen sollen Stadtklima-Modelle mit
Fernerkundungsdaten gekoppelt werden, um mögliche Szenarien und geplante
Maßnahmen zu bewerten. Damit leistet das DLR einen Beitrag zu einer nachhaltigen
Stadtentwicklung.
Die Karten hat das DLR in einem Album bei Flickr bereitgestellt.
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