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ROSAT
Größte Superstruktur im nahen Universum entdeckt
Redaktion / Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik
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19. Februar 2025

Der deutsche Röntgensatellit Rosat verglühte 2011 in der Erdatmosphäre. Seine wissenschaftliche Mission war schon 1999 beendet, doch die Auswertung der dabei gewonnenen Daten dauert bis heute an. Nun entdeckte ein Team in den Rosat-Daten die größte bislang bekannte sicher vermessenen kosmische Struktur. Sie nannten das Gebilde Quipu.

Superstrukturen

Verteilung der Galaxien (Farbkodierung) und Galaxienhaufen (schwarze Punkte) in einer uns umgebenden Kugelschale mit einer Entfernung von 416 bis 826 Millionen Lichtjahren. Die fünf Superstrukturen sind markiert: 1 Quipu, 2 Shapley, 3 Serpens-Corona Borealis und Herkules (am Himmel überlappend), 4 Sculptor-Pegasus. Das weiß umrandete Gebiet ist durch die Scheibe der Milchstraße abgeschattet. Bild: MPE [Großansicht]

Ein Wissenschaftsteam hat die bisher größte, sicher vermessene Superstruktur im Weltall gefunden. Die Entdeckung gelang bei der Kartierung des näheren Universums anhand der Daten von Galaxienhaufen aus der Durchmusterung des Himmels durch den Röntgensatelliten Rosat. Mit einer Länge von etwa 1,4 Milliarden Lichtjahren setzt sich die neue Struktur aus vorwiegend Dunkler Materie an die Spitze der bisher bekannten Gebilde. Beteiligt waren Forschende am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) und Max-Planck-Institut für Physik (MPP) in Zusammenarbeit mit Kollegen in Spanien und Südafrika.

Gemittelt über sehr große Distanzen erscheint das Universum fast homogen. Auf Skalen kleiner als etwa eine Milliarde Lichtjahre und in unserer kosmischen Umgebung kennzeichnen es Materieverdichtungen in Superhaufen und Leerräume. Die genaue Kenntnis dieser Strukturen ist für die kosmologische Forschung sehr wichtig und stellt die Hauptmotivation für die Kartierung des näheren Universums dar. "Betrachtet man die Verteilung der Galaxienhaufen auf einer Kugelschale mit einer Distanz von 416 bis 826 Millionen Lichtjahre, so fällt sofort eine riesige Struktur auf, die sich vom hohen Nordhimmel bis fast zum südlichen Ende des Himmels erstreckt", erklärt Hans Böhringer, Leiter des Projektes. Sie umfasst 68 Galaxienhaufen und hat eine geschätzte Gesamtmasse von 2,4 mal 1017 Sonnenmassen mit einer Länge von etwa 1,4 Milliarden Lichtjahren. Damit bricht sie den Größenrekord aller sicher vermessenen kosmischen Strukturen. Die bisher Größte unter ihnen, die "Sloan Great Wall", hat zum Beispiel eine Länge von ca. 1,1 Milliarden Lichtjahre und ist wesentlich weiter entfernt.

Für ihre Untersuchung haben die Wissenschaftler einen nahezu vollständigen Atlas der Galaxienhaufen im nahen Universum verwendet. "Der Katalog wurde mithilfe des Röntgensatelliten Rosat erstellt, der 1990 am MPE zum ersten Mal mit einem hochauflösenden Röntgenteleskop den gesamten Himmel erfasst hat", erläutert Joachim Trümper, Leiter des Rosat-Projektes und emeritierter Direktor am MPE. In den Jahrzehnten danach arbeiteten Forscherinnen und Forscher daran, die Galaxienhaufen genauer zu identifizieren und deren Entfernungen zu bestimmen.

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Auf diese Weise entstand ein dreidimensionales Bild ihrer Verteilung, in dem die Galaxienhaufen die Struktur der großräumigen Verbreitung von Materie im Universum sehr genau nachzeichnen, ähnlich wie Leuchttürme eine Küstenlinie. Der Katalog erfasst das ganze kosmische Volumen bis zu einer Entfernung von einer Milliarde Lichtjahre. In dieser Region erscheint die neue Struktur weitaus größer als alle anderen Strukturen.

Die beobachteten Ergebnisse sind für die Kartierung des Universums entscheidend aber auch für kosmologische Messungen. Die Forscher haben gezeigt, wie die Existenz dieser Strukturen die Auswertungen der Hubble-Konstante oder des Mikrowellenhintergrundes beeinflussen. Die kosmische Hintergrundstrahlung ist kurz nach dem Urknall entstanden und gibt uns wichtige Hinweise auf den Aufbau und die Entwicklung des Universums. Die Hubble-Konstante gibt die aktuelle Expansionsrate des Universums an. "Auch wenn es sich dabei nur um Korrekturen von wenigen Prozent handelt, werden diese mit zunehmender Genauigkeit der kosmologischen Beobachtungen immer wichtiger", betont Gayoung Chon vom MPP.

Ihren beachtlichen Fund haben die Wissenschaftler "Quipu" genannt, einen Begriff aus der Sprache der Inkas. Heute übersetzt man ihn mit Knotenschrift, da die Inkas Bündel von Schnüren, in die sie Knoten flochten, für ihre Buchhaltung und als Briefe einsetzten. Die Superstruktur ähnelt dieser alten Schrift, sie erscheint als eine lange Faser an die Seitenstränge geknüpft sind. Deren Namen haben die Wissenschaftler auch gewählt, weil die meisten Entfernungsmessungen der Galaxienhaufen an der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile stattgefunden haben. Die irdischen Quipus sind im Archäologischen Museum der Hauptstadt Santiago de Chile ausgestellt.

Über ihre Entdecktung berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheinen wird.

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siehe auch
Rosat: Absturz über dem Golf von Bengalen - 25. Oktober 2011
Links im WWW

Böhringer, H. et al. (2025): Unveiling the largest structures in the nearby Universe: Discovery of the Quipu superstructure, A&A, zur Veröffentlichung akzeptiert (arXiv.org-Preprint)
Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik
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