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Nahaufnahme eines aktiven supermassereichen Schwarzen Lochs
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
20. Januar 2025
Mithilfe des Large Binocular Telescope Interferometer
konnten Forschende die Quellen der Infrarotstrahlung in der Nähe des
supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum der Galaxie NGC 1068 ermitteln. Die
jetzt vorgestellten Ergebnisse stützen das Standardmodell über aktive
galaktische Kerne und öffnen die Tür für weitere Beobachtungen.
Ein optisches Bild der Spiralgalaxie NGC
1068 (Messier 77), überlagert mit einem
eingeblendeten Bild, das mit dem Large Binocular
Telescope Interferometer (LBTI) bei thermischen
Infrarotwellenlängen (8,7 Mikrometer) aufgenommen
wurde. Das Falschfarbenbild zeigt die
Helligkeitsschwankungen des überwiegend warmen
Staubs, der das supermassereiche Schwarze Loch im
Zentrum dieser Galaxie umgibt.
Bild:
ESO / J. Isbell (UofA, MPIA) / MPIA [Großansicht] |
Aktive galaktische Kerne (AGN) sind supermassereiche Schwarze Löcher im
Zentrum von Galaxien, die gerade dabei sind, größere Mengen an Material zu
verschlingen. Bei diesem Prozess bildet sich eine schnell rotierende Scheibe aus
heißem Gas, das enorme Energiemengen freisetzt, bevor es in das Schwarze Loch
stürzt. Solche AGN gehören zu den energiereichsten Phänomenen, die im Weltraum
beobachtet werden. Dadurch beeinflussen sie auch Prozesse in ihren
Wirtsgalaxien. Die Details sind Gegenstand laufender Forschung.
Ein Team um Jacob Isbell, Postdoc am Steward Observatory der
University of Arizona und zuvor Student am Max-Planck-Instituts für
Astronomie (MPIA), richtete nun das Large Binocular Telescope
(LBT) auf die Galaxie NGC 1068, auch bekannt als Messier 77, um die winzigen
Details in ihrem Zentrum bei thermischen Infrarotwellenlängen zu untersuchen.
Diese Galaxie ist eine der nächstgelegenen mit einem AGN. Die Beobachtungen
hatten die passende räumliche Auflösung, um sich auf die Komponenten zu
konzentrieren, die diese Art von Strahlung aussenden.
Die helle, heiße Scheibe, die das supermassereiche Schwarze Loch umgibt, gibt
viel Licht ab, das den Staub auseinandertreibt, als wären die einzelnen Körner
winzige Segel – ein Phänomen, das als Strahlungsdruck bekannt ist. Die Bilder
zeigen den glühenden Staub, einen warmen, ausströmenden Wind, der durch diesen
Effekt verursacht und durch die heiße zentrale Scheibe erhitzt wird.
Gleichzeitig befinden sich weiter außen größere Mengen von Material, das viel
heller ist, als es bei alleiniger Beleuchtung durch die helle Akkretionsscheibe
hätte sein dürfen. Durch den Vergleich der neuen Bilder mit früheren
Beobachtungen bei verschiedenen Wellenlängen brachten die Forscher diese
Entdeckung mit einem gebündelten Strom heißen Gases in Verbindung, der vom
Zentrum der Scheibe ausgeht. Während er durch die Galaxie schießt, trifft er auf
Wolken aus molekularem Gas und Staub und erhitzt diese, was zu dem unerwartet
hellen Infrarotsignal führt. Solche sogenannten Jets sind bei Radiowellenlängen
besonders hell, wenn sie auf Gas und Partikel in der Umgebung der
supermassereichen Schwarzen Löcher treffen.
Insgesamt bestätigt das Ergebnis das vereinheitlichte Standardmodell von
aktiven galaktischen Kernen. Es geht von der Konfiguration eines supermassiven
Schwarzen Lochs im Zentrum einer Galaxie aus, das Gas und Staub aus der
umgebenden Wirtsgalaxie anzieht und sammelt, welches sich in einer inneren
hellen und heißen Scheibe ansammelt. Zusätzlich erschwert eine äußere, größere
Struktur aus kühlerem, ausströmendem Material die Sicht. Schließlich wird ein
intensiver "Gasjet" aus dem Zentrum ausgestoßen. Je nach Betrachtungswinkel sind
dem Beobachter unterschiedliche Komponenten zugewandt. Obwohl die beobachteten
Merkmale zwischen den Objekten erheblich variieren, geht das vereinheitlichte
Modell davon aus, dass diese Unterschiede auf ähnliche Konfigurationen von
Strukturen um das supermassereiche Schwarze Loch zurückzuführen sind, die das
AGN-Phänomen befeuern.
Das LBT befindet sich auf dem Mount Graham nordöstlich von Tucson in
den USA und betreibt seine beiden 8,4-Meter-Spiegel unabhängig voneinander,
sodass es im Wesentlichen wie zwei separate, nebeneinander montierte und
parallel ausgerichtete Teleskope funktioniert. Das MPIA ist über die
LBT-Beteiligungsgesellschaft, die 25 % der gesamten Betriebsmittel bereitstellt,
Mitglied der LBT Corporation. Durch die Kombination des Lichts beider Spiegel
wird das LBT zu einem bildgebenden Interferometer (LBTI), das Beobachtungen mit
einer etwa dreimal besseren Detailschärfe ermöglicht, als dies mit jedem Spiegel
allein möglich wäre. Um diese hochauflösende Abbildungsmaschine zu
stabilisieren, setzt das LBTI regelmäßig das Vibrationskontrollsystem OVMS+ ein,
das unter der Leitung von Jörg-Uwe Pott vom MPIA entwickelt wurde, um diese
anspruchsvollen Beobachtungen entfernter Galaxien zu ermöglichen. Diese
Bildgebungstechnik wurde bereits erfolgreich zur Untersuchung von Vulkanen auf
der Oberfläche des Jupitermondes Io eingesetzt. Die Ergebnisse ermutigten die
Forscher, das Interferometer nun zur Untersuchung eines aktiven galaktischen
Kerns einzusetzen.
"Der aktive galaktische Kern in der Galaxie NGC 1068 ist besonders hell,
sodass er die perfekte Gelegenheit bot, diese Methode zu testen", sagte Isbell.
Es handelt sich um die bisher höchstauflösenden Direktaufnahmen eines aktiven
galaktischen Kerns." Direktaufnahmen bedeutet in diesem Zusammenhang, dass sie
die gesamte schwache und diffuse Strahlung der beobachteten Strukturen abbilden.
Im Gegensatz dazu werden Bilder von anderen Interferometern, wie dem Very
Large Telescope Interferometer (VLTI), aus Berechnungen rekonstruiert, bei
denen die fehlenden Bildinformationen interpoliert werden. Durch die Kombination
beider Spiegel entstehen Bilder direkt auf dem Detektor, ähnlich wie bei
Teleskopen mit segmentierten Spiegeln, wie dem James Webb Space Telescope,
dem zukünftigen 25 Meter Giant Magellan Telescope und dem entstehenden
39 Meter Extremely Large Telescope (ELT), die beide in Chile gebaut
werden.
Auf diese Weise haben Isbell und sein Team die ersten ELT-ähnlichen Bilder
eines aktiven galaktischen Kerns aufgenommen. Dadurch konnten sie einzelne
Merkmale von bis zu 20 Lichtjahren in einer Entfernung von 47 Millionen
Lichtjahren sichtbar machen. Zuvor erschienen die verschiedenen Vorgänge
aufgrund der geringen Auflösung miteinander verschmolzen. Jetzt ist es möglich,
ihre individuellen Einflüsse zu beobachten. Die jetzt vorgelegte Studie zeigt,
dass die Umgebung von AGN komplex sein kann. Die neuen Erkenntnisse helfen der
Forschung, die komplizierten Wechselwirkungen zwischen AGN und ihren
Wirtsgalaxien besser zu verstehen. Bei der Untersuchung entfernter Galaxien im
frühen Universum, als die Galaxien noch jung waren, lässt sich dieser Detailgrad
nicht erzielen. Daher stellen diese Ergebnisse ein lokales Gegenstück zu den
Vorgängen in fernen Galaxien dar. "Diese Art der Bildgebung kann bei jedem
astronomischen Objekt eingesetzt werden", so Isbell. "Wir haben bereits damit
begonnen, Scheiben um Sterne und sehr große, entwickelte Sterne zu untersuchen,
die von staubigen Hüllen umgeben sind."
Über ihre Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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