Strahlungsausbruch vom Schwarzen Loch der Milchstraße im mittleren Infrarot
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
15. Januar 2025
Mit dem MIRI-Instrument an Bord des
James-Webb-Weltraumteleskops gelang es nun erstmals, einen Strahlungsausbruch
des supermassereichen Schwarzen Loch im Zentrum der Milchstraße im mittleren
Infrarotbereich nachzuweisen. Bei gleichzeitigen Radiobeobachtungen fand das
Team ein zeitlich verzögertes Gegenstück des Ausbruchs im Radiobereich.
Künstlerische Darstellung des
Strahlungsausbruchs in Sgr A* bei
Mid-IR-Wellenlängen.
Bild:
CfA / Mel Weiss [weitere
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Wissenschaftler beobachten Sagittarius A* (abgekürzt Sgr A*) - das
supermassereiches Schwarzes Loch im Zentrum der Milchstraße, das etwa vier
Millionen Mal mehr Masse hat als die Sonne - seit den frühen 1990er Jahren. Sgr
A* zeigt regelmäßig Strahlungsausbrüche (Flares), die in verschiedenen
Wellenlängen beobachtet werden können, so dass die Wissenschaftler verschiedene
Ansichten desselben Ausbruchs sehen und besser verstehen können, wie es
Strahlung aussendet und wie diese Emission erzeugt wird. Trotz einer langen
Reihe erfolgreicher Beobachtungen und sogar einer Aufnahme des kosmischen
Ungetüms durch das Event Horizon Telescope im Jahr 2022 fehlte bisher
ein entscheidendes Teil des Puzzles - Beobachtungen im mittleren Infrarot
(Mid-IR). Doch dies hat sich nun mithilfe von James Webb geändert.
Infrarotlicht (IR) ist eine Art von elektromagnetischer Strahlung, die
längere Wellenlängen als sichtbares Licht hat, aber kürzere Wellenlängen als die
Radiostrahlung. Das mittlere Infrarot liegt in der Mitte des Infrarotspektrums
und ermöglicht den Astronomen die Beobachtung von Objekten, die in anderen
Wellenlängenbereichen aufgrund von undurchdringlichem Staub oft nur schwer zu
beobachten sind. Bis zur gegenwärtigen Studie hatte noch kein Team die
Variabilität von Sgr A* im Mid-IR erfolgreich nachgewiesen, was eine Lücke im
Verständnis der Wissenschaftler über die Ursachen der Flares hinterlässt und die
Frage aufwirft, ob die theoretischen Modelle vollständig sind.
"Der Ausbruch von Sgr A* entwickelt und verändert sich schnell, innerhalb
weniger Stunden, und nicht alle diese Veränderungen können bei jeder Wellenlänge
gesehen werden", erklärt Joseph Michail vom Center for Astrophysics | Harvard &
Smithsonian. "Seit über 20 Jahren wissen wir, was im Radiobereich und was im
nahen Infrarot passiert, aber die Verbindung zwischen beiden war nie
hundertprozentig klar oder sicher. Diese neue Beobachtung im mittleren Infrarot
füllt diese Lücke und verbindet die beiden Bereiche." Die Forschenden sind sich
nicht vollständig sicher, was die Ursachen für die Ausbrüche sind. Daher stützen
sie sich auf Modelle und Simulationen, die sie mit Beobachtungen vergleichen, um
zu verstehen, woher sie kommen.
Viele Simulationen deuten darauf hin, dass die Flares in Sgr A* durch die
Bündelung von Magnetfeldlinien in der turbulenten Akkretionsscheibe des
supermassereichen Schwarzen Lochs verursacht werden. Wenn sich zwei
Magnetfeldlinien einander nähern, können sie sich miteinander verknüpfen und
dadurch eine große Menge ihrer Energie freisetzen. Das Nebenprodukt dieser
magnetischen Verknüpfung - Synchrotronemission - tritt auf, wenn sich
energiereiche Elektronen mit Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit
entlang der Magnetfeldlinien des supermassereichen Schwarzen Lochs bewegen. Sie
emittieren hochenergetische Strahlungsphotonen, die den Strahlungsausbruch
antreiben. Da der mittlere Infrarot-Spektralbereich zwischen dem
Submillimeterbereich und dem nahen Infrarot (NIR) liegt, bleiben Fragen zu der
Rolle der Elektronen, die abkühlen müssen, um Energie für die Flares
freizusetzen.
Die neuen Beobachtungen stimmen mit bereits bestehenden Modellen und
Simulationen überein und liefern einen weiteren starken Beweis für die Theorie,
was hinter den Ausbrüchen steckt. "Unsere Untersuchungen deuten darauf hin, dass
es einen Zusammenhang zwischen der beobachteten Variabilität bei
Millimeter-Wellenlängen und der beobachteten Emission der Strahlungsausbrüche im
mittleren Infrarotbereich geben könnte", sagt Sebastiano von Fellenberg vom
Max-Planck-Institut für Radioastronomie. Die Ergebnisse würden zudem
unterstreichen, wie wichtig es ist, Multi-Wellenlängen-Untersuchungen nicht nur
von Sgr A*, sondern auch von anderen supermassereichen Schwarzen Löchern wie
M87* durchzuführen, um ein klares Bild davon zu bekommen, was wirklich innerhalb
und außerhalb der zentralen Scheiben von Gas und Staub (Akkretionsscheiben)
geschieht.
"Unsere Beobachtungen deuten darauf hin, dass die Emission von Sgr A* im
mittleren Infrarot tatsächlich von der Synchrotronemission kühlender Elektronen
herrührt, aber wir müssen noch mehr über die magnetische Verknüpfung und die
Turbulenzen in der Akkretionsscheibe von Sgr A* verstehen", sagt von Fellenberg.
"Dieser allererste Nachweis im mittleren Infrarot und die mit dem Submillimeter
Array beobachtete Variabilität haben nicht nur eine Lücke in unserem Verständnis
der Ursache des Ausbruchs in Sgr A* geschlossen, sondern auch eine neue,
wichtige Forschungsrichtung eröffnet."
Gleichzeitige Beobachtungen mit dem Submillimeter-Array (SMA), dem
Nuclear Spectroscopic Telescope Array und dem Chandra-Röntgenobservatorium
lieferten einen weiteren Teil der Informationen. Bei den Röntgenbeobachtungen
wurde kein Flare entdeckt, was wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass
dieser spezielle Flare die Elektronen nicht auf so hohe Energien beschleunigt,
wie es bei anderen Strahlungsausbrüchen der Fall ist. Das Team war jedoch
erfolgreich bei Beobachtungen mit dem Submillimeter-Array, mit denen ein
Millimeterwellen-Flare entdeckte wurde, der zeitlich etwa zehn Minuten hinter
dem Ausbruch im Mid-IR-Bereich lag.
"Wir erstellen ein immer detaillierteres Bild der Prozesse, die in der
unmittelbaren Umgebung eines supermassereichen Schwarzen Lochs ablaufen. Die
Qualität unserer Daten im mittleren Infrarot ist ein weiterer Beweis für die
enormen technischen Möglichkeiten des James Webb Space Telescope",
schließt Gunther Witzel, wissenschaftlicher Mitarbeiter am MPIfR und Ko-autor
der Veröffentlichung.
Über die Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astrophysical Journal Letters erschienen ist.
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