Ein Altas der Milchstraße in drei Dimensionen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Institut für Astrophysik astronews.com
12. November 2024
Die Scheibe unserer Milchstraße zeigt sich als helles Band
am nächtlichen Himmel. In Wirklichkeit sind dort sichtbare Sterne, Nebel und
Staubwolken aber ganz unterschiedlich weit von uns entfernt, was von
entscheidender Bedeutung für die Erforschung unserer Heimatgalaxie ist. Nun will
ein Team einen dreidimensionalen Atlas der Milchstraße erstellen.
Nahaufnahme der Prototypen dreidimensionaler
Rekonstruktionen des galaktischen Staubs in der
Nachbarschaft unseres Sonnensystems, die aus
transparentem Material 3D-gedruckt wurden. Diese
Prototypen sind Beispiel-"Seiten" des
Milchstraßenatlasses, den das Team erstellen
will. Foto:
T. Enßlin, MPA [Großansicht] |
Torsten Enßlin vom Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA) in Garching,
Philipp Mertsch von der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen
(RTWH) in Aachen und Vasiliki Pavlidou vom Institut für Astrophysik der
Foundation for Research and Technology - Hellas (IA-FORTH) in Heraklion, Kreta,
Griechenland haben einen hochdotierten Synergy Grant des Europäischen
Forschungsrats erhalten, der darauf abzielt, den ersten dreidimensionalen,
umfassenden Atlas unserer Milchstraße zu erstellen. Er soll, so die Hoffnung der
Forschenden, die Art und Weise, wie wir das Universum beobachten und verstehen,
revolutionieren. Das Projekt mit dem Namen mw-atlas verfügt über ein
Gesamtbudget von zehn Millionen Euro und wird in den drei Instituten ab 2025 für
sechs Jahre durchgeführt.
"Die Milchstraßengalaxie ist unsere Heimat, die Wiege unseres Sonnensystems
und des Lebens, wie wir es kennen. Sie ist auch ein Schleier, durch den wir das
ferne Universum beobachten und muss daher verstanden werden, um unseren Blick
auf den Kosmos zu schärfen", sagt Enßlin, Leiter der Forschungsgruppe zur
Informationsfeldtheorie am MPA und koordinierender "principal investigator" (PI)
von mw-atlas. "Die Milchstraße ist hochkomplex", ergänzt Mertsch, Professor am
Institut für Theoretische Teilchenphysik und Kosmologie der RWTH Aachen und
Leiter des Aachener Knotens. "Sie enthält dunkle Materie, Sterne, Gas, Staub,
kosmische Strahlung, Magnetfelder und turbulente Geschwindigkeiten, die alle
durch ein Netzwerk von physikalischen Prozessen miteinander in Wechselwirkung
stehen."
"Die dreidimensionale Struktur dieser Inhalte ist entweder der Protagonist
oder eine Hauptquelle des Rauschens in der gesamten Spitzenforschung der
Astrophysik, ob wir nun über die Suche nach den Anfängen unseres Universums,
über die Natur der Dunklen Materie oder über den Ursprung der Sterne und der
energiereichsten Teilchen im Kosmos sprechen", unterstreicht Pavlidou,
Affiliated Faculty Member am IA-FORTH und Professorin am Department of Physics
der Universität Kreta in Griechenland, PI des Kreta-Knotens.
"Obwohl wir seit Jahrzehnten Daten über die Milchstraße sammeln, sind die
meisten Informationen immer noch zweidimensional: Wir nehmen die 3D-Galaxie nur
als 2D-Projektion auf die Himmelskugel wahr", so Enßlin. "Mithilfe der
Informationsfeldtheorie, bei der meine Gruppe Pionierarbeit geleistet hat,
können wir die Fülle der vorhandenen Daten über die Milchstraße kombinieren, um
die dreidimensionale Struktur aller ihrer Bestandteile zu rekonstruieren."
"Die Karten der Bestandteile der Milchstraße werden aus physikalisch
informierten Rekonstruktionen resultieren", erklärt Mertsch. "Obwohl
physikalische Wechselwirkungen zwischen den Bestandteilen die Rekonstruktion
erschweren, sind sie der Schlüssel, um die dritte Dimension für den Atlas zu
erschließen. Diese Wechselwirkungen ermöglichen es uns, Objekte in bekannten
Entfernungen zu nutzen, um schwerer fassbare Objekte zu lokalisieren, bei denen
eine Wechselwirkung mit den ersteren beobachtet wurde."
"Wenn wir den mw-Atlas erfolgreich fertigstellen, wird es in zehn Jahren kaum
einen Aspekt der astrophysikalischen Forschung geben, der den Atlas nicht nutzt.
Wir hoffen, dass er bahnbrechende Wissenschaft in einer Weise ermöglichen wird,
die wir uns heute noch nicht einmal vorstellen können", blickt Pavlidou in die
Zukunft. Das mw-atlas-Projekt wird auch Technologien und Algorithmen, die es
entwickelt hat, in andere Bereiche wie medizinische Bildgebung, Erdüberwachung
und industrielle Datenanalyse übertragen. Es wird durch das ERC-SyG-Programm
2024 finanziert. Dieses Programm bietet Zuschüsse zur Förderung der Forschung an
den intellektuellen Grenzen, indem es kleinen Gruppen von zwei bis vier
Hauptforschern und ihren Teams ermöglicht, gemeinsam ehrgeizige
Forschungsprobleme an der Schnittstelle zwischen etablierten Disziplinen mit
unkonventionellen Ansätzen anzugehen.
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