Auf der Suche nach dem Ursprung des Lebens mit ultraschneller Spektroskopie
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Photonische Technologien e.
V. astronews.com
2. September 2024
Wie entstand das Leben auf der Erde? Eine neue
wissenschaftliche Nachwuchsgruppe in Jena will mithilfe ultraschneller Spektroskopie nach
Antworten suchen. Die Forschenden versprechen sich grundlegende
Erkenntnisse über die Entstehung des Lebens und
zudem Hinweise darauf, unter welchen Bedingungen Leben auf anderen Planeten entstehen
könnte.
Dr. Corinna Kufner
baut am Leibniz-IPHT in Jena eine Nachwuchsgruppe
auf, um mit ultraschneller Spektroskopie den
Ursprung des Lebens zu erforschen.
Foto:
Stela Todorova / Leibniz-IPHT [Großansicht] |
Forschende, die dem Ursprung des Lebens auf den Grund gehen, arbeiten oft in
dunklen Laboren und mit stark konzentrierten Ausgangsstoffen – weit entfernt von
den tatsächlichen Bedingungen auf der Erde vor Milliarden Jahren. Dr. Corinna
Kufner geht einen anderen Weg: Sie will die Reaktionsmechanismen in der Ursuppe
auf der frühen Erde – so durchmischt und dreckig, wie es gewesen sein muss – mit
ultrakurzen Lichtblitzen aufklären. "Auf der Oberfläche der frühen Erde waren
die Bausteine des Lebens – Moleküle wie RNA, DNA, Peptide und Lipide – dem
Sonnenlicht ausgesetzt. Genau das könnte entscheidende Reaktionspfade
beeinflusst haben, die in dunklen Laborversuchen nicht nachvollziehbar sind",
erklärt Kufner. Ihr Ziel ist es, diese unbekannten Pfade aufzudecken und die
Mechanismen zu verstehen, die das Licht in der Ursuppe ausgelöst hat.
Um die Rolle des UV-Lichts bei der Entstehung des Lebens zu entschlüsseln,
gründet Kufner am Leibniz-Institut für Photonische Technologien (Leibniz-IPHT)
in Jena durch die Förderung der Carl-Zeiss-Stiftung im Programm CZS Nexus eine
Nachwuchsgruppe. Die Unterstützung der Carl-Zeiss-Stiftung in Höhe von 1,5
Millionen Euro ermöglicht es ihr, ab dem 1. Januar 2025 für fünf Jahre ein
fachübergreifendes Team und ein unabhängiges Labor in Jena aufzubauen. Ihr
Forschungsprojekt "UV LiFE" vereint Ansätze aus Physik, Chemie, Astronomie,
Geochemie und Machine Learning, um Herausforderungen im Forschungsfeld "Origins
of Life" durch eine neuartige photochemische Perspektive zu bewältigen.
Dazu kombiniert sie die ultraschnelle Pump-Probe-Spektroskopie mit
präbiotischer Photochemie, um neue Reaktionspfade zu erschließen und die
zugrunde liegenden molekularen Mechanismen aufzuklären. Bevor Corinna Kufner
nach Jena kam, forschte sie sechs Jahre an der renommierten Harvard
University, wo sie ein Labor für transiente Absorptionsspektroskopie
aufbaute und leitete. Dort spezialisierte sie sich auf die ultraschnelle
Pump-Probe-Spektroskopie, eine Technik, die extrem kurze molekulare Prozesse
durch zeitaufgelöste Untersuchungen mit ultrakurzen Lichtimpulsen sichtbar
macht.
Die Weichen für einen Wechsel ans Leibniz-IPHT stellte der internationale
Karriere-Workshop "Women in Photonics", mit dem das Institut
Nachwuchsforscherinnen mit Expertinnen aus Wissenschaft und Industrie vernetzt.
Kufner nahm 2020 teil und lernte das Institut und seine technologische
Infrastruktur kennen. "Das Leibniz-IPHT vereint genau die Disziplinen, die für
meine Forschung essenziell sind: Photonik, Chemie und Lebenswissenschaften",
erklärt Kufner.
"Wir freuen uns sehr, dass das Leibniz-IPHT und Jena mit Corinna Kufner eine
exzellente Wissenschaftlerin gewinnen konnten," sagt Prof. Jürgen Popp,
wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-IPHT. Für ihn ist Kufners Wechsel auch
ein Beleg für den Erfolg der gezielten Frauenförderung des Instituts: "Unser
Ziel ist es, internationale Talente auf ihrem Weg in eine Karriere in der
Photonik zu unterstützen und in Jena zu vernetzen. Es ist großartig zu sehen,
wie diese Förderung Wirkung entfaltet." Kufners Forschung sei eine wertvolle
Bereicherung für das Leibniz-IPHT mit seinem Schwerpunkt auf lichtbasierten
Verfahren für die Lebenswissenschaften. "Die potenziellen Anwendungsbereiche
ihrer Forschung ergänzen unsere Ziele in vielfacher Hinsicht: von der
photodynamischen Krebstherapie und der UV-Sterilisation gegen Bakterien und
Viren bis hin zur Entwicklung von Photokatalysatoren für nachhaltige
Energieerzeugung."
"Ich arbeite an der Schnittstelle zwischen 'Origins of Life' und Photonik",
sagt Kufner. "Auf dem Origins-of-Life-Feld wird bisher sehr wenig mechanistisch
geforscht, besonders in Bezug auf photoinduzierte Prozesse. In der
Pump-Probe-Spektroskopie-Community wiederum werden Fragen nach dem Ursprung des
Lebens bisher kaum betrachtet. Ich führe diese beiden Felder zusammen." Das
Leibniz-IPHT mit seinem Fokus auf "Photonics for Life" biete ideale Bedingungen.
"Die exzellente Infrastruktur und die Kollaborationsmöglichkeiten innerhalb
Jenas, insbesondere mit der Friedrich-Schiller-Universität sowie im deutschen
Netzwerk sind optimal, um meine interdisziplinäre Forschung voranzutreiben und
die Ursprünge des Lebens in einem neuen Licht zu betrachten."
Ihre wissenschaftliche Laufbahn begann Kufner in München, wo sie bei Prof.
Wolfgang Zinth promovierte. Bei der Untersuchung der Photochemie von DNA-Oligonukleotiden
entdeckte sie einen bemerkenswerten Effekt: "Ich stellte fest, dass bestimmte
DNA-Sequenzen UV-bedingte Schäden auf eine Weise reparieren können, die sonst
nur Enzymen zugeschrieben wird – jedoch ohne Enzyme," erklärt Kufner. Dieser
Fund weckte ihr Interesse an der Präbiotik, dem Studium der chemischen Prozesse,
die zur Entstehung des Lebens führten. Sie erkannte, dass diese lichtgesteuerten
Reparaturmechanismen möglicherweise entscheidend für die ersten Protogenome der
Erde waren – Vorläufer der heutigen DNA und RNA. "Das war der Link", sagt
Kufner, "zu verstehen, was auf der Erde war, bevor die letzten gemeinsamen
Vorfahren aller lebenden Organismen existierten."
Nach ihrer Promotion bot sich Kufner die Gelegenheit, nach Harvard zu
wechseln, wo sie unter der Leitung von Prof. Dimitar Sasselov, einem Experten
für Exoplanetenforschung, ein Labor für transiente Absorptionsspektroskopie
aufbaute. Die Zusammenarbeit mit dem Astronomen eröffnete ihr eine neue
Perspektive: Die astrobiologische Frage, wie Leben auf anderen Planeten
entstehen könnte, wurde zu einem Thema ihrer Forschung. Mit ihrem Projekt "UV
LiFE" möchte sie dazu beitragen, Observable für Raumfahrtmissionen zu
generieren, die nach Leben auf anderen Planeten suchen.
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