Wasserfrost auf den höchsten Vulkanen des Mars
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Bern astronews.com
11. Juni 2024
Zum ersten Mal wurde auf den gewaltigen Vulkanen auf dem Mars, den höchsten
Bergen in unserem Sonnensystem, Wasserfrost nachgewiesen. Das internationale
Team verwendete für ihre Studie hochauflösende Farbbilder der Berner Marskamera
CaSSIS an Bord der ESA-Sonde ExoMars Trace Gas Orbiter. Bestätigt
wurden die Daten dann durch die Sonde Mars Express.
Das Bild zeigt den Olympus Mons auf dem
Mars, den höchsten Vulkan im gesamten Sonnensystem. Die
Aufnahme ist Teil neuer Studie, die zum ersten Mal Wasserfrost
in der Nähe des Marsäquators nachweisen konnten, wo bisher
kein Frost vermutet wurde.
Bild: ESA / DLR / FU Berlin [Großansicht] |
ExoMars ist ein Weltraumprogramm der europäischen
Weltraumorganisation ESA und steht für Exobiologie auf dem Mars: Zum ersten Mal
seit den 1970er-Jahren wird aktiv nach Leben auf dem Mars geforscht. An Bord des
ExoMars Trace Gas Orbiter (TGO) befindet sich das Color and Stereo
Surface Imaging System (CaSSIS), ein Kamerasystem, das von einem
internationalen Team unter der Leitung von Professor Nicolas Thomas vom
Physikalischen Institut der Universität Bern entwickelt und gebaut wurde. CaSSIS
beobachtet den Mars seit April 2018 und liefert hochauflösende Farbbilder der
Marsoberfläche. Mit diesen hochauflösenden Farbbildern konnte ein
internationales Team unter der Leitung von Dr. Adomas Valantinas Wasserfrost auf
dem Mars nachweisen. Valantinas war bis Oktober 2023 Doktorand am Departement
Space Research & Planetary Sciences des Physikalischen Instituts der Universität
Bern und arbeitet derzeit als Gastforscher an der Brown University in
den USA.
Der Frost wurde auf den Gipfeln der höchsten Berge des Mars entdeckt – den
Tharsis-Vulkanen. Diese Vulkane sind die höchsten Berge im Sonnensystem, der
Olympus Mons ragt bis zu 26 Kilometer über die umliegenden Ebenen hinaus. Diese
Frostbildung war nicht erwartet worden, da diese Berge in niedrigen
Breitengraden in der Nähe des Marsäquators liegen. "In diesen niedrigen
Breitengraden hält die starke Sonneneinstrahlung die Oberflächentemperaturen
tendenziell hoch. Daher haben wir nicht erwartet, dass wir dort Frost finden",
so Valantinas. Außerdem kühlt die dünne Atmosphäre auf dem Mars die Oberfläche
nur unzureichend ab, so dass hoch gelegene Oberflächen in den Mittagsstunden
genauso heiß werden können wie niedrig gelegene, was auf der Erde nicht der Fall
ist.
"Aufsteigende Winde bringen wasserdampfhaltige Luft aus dem Tiefland nach
oben, die sich in der Höhe abkühlt und kondensiert", erklärt Valantinas. "Das
ist ein bekanntes Phänomen sowohl auf der Erde als auch auf dem Mars." Das
gleiche Phänomen verursacht die auffällige Arsia Mons Elongated Cloud – und die
neue Studie zeigt, dass dieses Phänomen auch auf den Tharsis-Vulkanen zu
morgendlichen Frostablagerungen führt. "Wie wir anhand der CaSSIS-Bilder sehen
konnten, sind die dünnen Reifablagerungen nur kurz vorhanden, nämlich für einige
Stunden um den Sonnenaufgang herum, bevor sie im Sonnenlicht verdampfen", so
Valantinas weiter.
Um den Frost zu identifizieren, analysierten Valantinas und das Team mehr als
5000 Bilder der Marskamera CaSSIS. Seit April 2018 liefert CaSSIS Beobachtungen
zur lokalen Staubaktivität, zu den jahreszeitlichen Veränderungen der
Kohlendioxid-Eisvorkommen und zur Existenz von Trockenlawinen auf dem Mars.
"Dass wir nun die nächtliche Ablagerung von Wassereis auf dem Mars bei visuellen
Wellenlängen und mit hoher Auflösung nachweisen konnten, ist ein weiterer Beweis
für die beeindruckenden wissenschaftlichen Fähigkeiten des Berner
Kamerasystems", freut sich Thomas.
Die Entdeckung wurde durch unabhängige Beobachtungen der hochauflösenden
Stereokamera (HRSC) an Bord des ESA-Orbiters Mars Express und des
Spektrometers Nadir and Occultation for Mars Discovery (NOMAD) an Bord
von TGO validiert. "Diese Studie zeigt sehr schön, wie wertvoll verschiedene
Orbitalinstrumente sind", unterstreicht Ernst Hauber, Geologe am DLR-Institut
für Planetenforschung in Berlin. "Durch die Kombination von Messungen
verschiedener Instrumente und Modellierung können wir unser Verständnis der
Wechselwirkungen zwischen Atmosphäre und Oberfläche auf eine Weise verbessern,
die mit einem Instrument allein nicht möglich wäre." Die Ergebnisse würden, so
Hauber, auch zeigen, wie wichtig die langfristige Beobachtung planetarer
Prozesse ist, da einige Phänomene erst durch den Vergleich mehrerer Messungen im
Laufe der Zeit sichtbar werden.
Trotz ihrer geringen Dicke – wahrscheinlich nur ein Hundertstel eines
Millimeters (so dick wie ein menschliches Haar) – bedecken die Frostflecken eine
riesige Fläche. "Die Menge an Frost entspricht etwa 150.000 Tonnen Wasser, die
während der kalten Jahreszeit jeden Tag zwischen der Oberfläche und der
Atmosphäre ausgetauscht werden, was etwa 60 olympischen Schwimmbecken
entspricht", erklärt Valantinas. "Zu verstehen, wo Wasser zu finden ist und wie
es sich zwischen den Reservoirs bewegt, ist für viele Aspekte der Marsforschung
von Bedeutung", so Thomas. "Natürlich wollen wir die physikalischen Prozesse
verstehen, die das Klima auf dem Mars bestimmen. Aber auch das Verständnis des
Wasserkreislaufs auf dem Mars ist von großer Bedeutung, um wichtige Ressourcen
für die künftige Erforschung des Mars durch den Menschen zu finden und
herauszufinden, wo es auf dem Mars Wasser gibt und ob der Mars früher oder heute
bewohnbar war oder ist", so Valantinas.
Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift
Nature Geoscience veröffentlicht.
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