Magnetismus bei massereichen Sternen außerhalb der Milchstraße nachgewiesen
Redaktion
/ Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam astronews.com
30. Mai 2024
Erstmalig wurden Magnetfelder in drei massereichen, heißen
Sternen in unseren Nachbargalaxien, den Großen und Kleinen Magellanschen Wolken,
nachgewiesen. Ein solcher Nachweis ist von besonderer Bedeutung, um mehr über
die Entstehung massereicher Sterne in einer Umgebung zu erfahren, die sich von
unserer Milchstraße unterscheidet.
Das massereichste Sternentstehungsgebiet NGC
346 in der Kleinen Magellanschen Wolke im
Sternbild Tukan am südlichen Sternenhimmel, etwa
200.000 Lichtjahre von der Erde entfernt.
Foto:
NASA, ESA, A. James (STScI) [Großansicht] |
Der Magnetismus gilt als Schlüsselkomponente bei der Entwicklung massereicher
Sterne und hat weitreichende Auswirkungen auf deren endgültiges Verhalten. Es
sind die massereichen Sterne mit anfänglich mehr als acht Sonnenmassen, die am
Ende ihrer Entwicklung Neutronensterne und Schwarze Löcher zurücklassen.
Spektakuläre Verschmelzungen solcher kompakten Überbleibsel wurden von
Gravitationswellen-Observatorien bereits beobachtet. Darüber hinaus schlagen
einige Theorien einen magnetischen Mechanismus für die Explosion massereicher
Sterne vor, der für Gammastrahlenausbrüche, Röntgenblitze und Supernovae
relevant ist.
"Untersuchungen von Magnetfeldern in massereichen Sternen in Galaxien mit
jungen Sternpopulationen liefern entscheidende Informationen über die Rolle von
Magnetfeldern bei der Sternentstehung im frühen Universum mit nicht durch
Metalle verunreinigtem Sternentstehungsgas", sagt Dr. Swetlana Hubrig vom
Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP). Stellare Magnetfelder werden
mittels Spektropolarimetrie gemessen. Dazu wird das zirkular polarisierte
Sternlicht aufgezeichnet und die kleinsten Änderungen in den Spektrallinien
werden untersucht. Um die notwendige Genauigkeit der Polarisationsmessungen zu
erreichen, benötigt diese Methode jedoch Daten von hoher Qualität.
"Die Methode ist extrem hungrig nach Photonen. Das ist eine besondere
Herausforderung, denn selbst die hellsten massereichen Sterne, die mehr als acht
Sonnenmassen haben, sind bei der Beobachtung in unseren Nachbargalaxien, der
Großen und der Kleinen Magellanschen Wolke, relativ lichtschwach", erklärt Dr.
Silva Järvinen vom AIP. Aufgrund dieser Bedingungen sind herkömmliche
hochauflösende Spektropolarimeter und kleinere Teleskope für solche
Untersuchungen ungeeignet.
Deshalb wurde das niedrig auflösende Spektropolarimeter FORS2 verwendet, das
auf einem der vier 8-Meter-Teleskope des Very Large Telescope (VLT) der
europäischen Südsternwarte ESO montiert ist. Frühere Versuche, Magnetfelder in
massereichen Sternen außerhalb unserer Galaxie nachzuweisen, blieben bisher ohne
Erfolg.
Diese Messungen sind komplex und hängen von mehreren Faktoren ab. Das
Magnetfeld, das mit zirkularer Polarisation gemessen wird, wird als
longitudinales Magnetfeld bezeichnet und entspricht ausschließlich der
Feldkomponente, die in Richtung des Beobachters zeigt. Es ist vergleichbar mit
dem Licht eines Leuchtturms, das leicht zu sehen ist, wenn der Strahl in
Richtung des Beobachters strahlt. Da die Magnetfeldstruktur in massereichen
Sternen in der Regel durch einen globalen Dipol mit einer zur Rotationsachse
geneigten Achse gekennzeichnet ist, kann die Stärke des longitudinalen
Magnetfelds in Rotationsphasen gleich Null sein, wenn der Beobachter direkt auf
den magnetischen Äquator des rotierenden Sterns blickt.
Die Nachweisbarkeit des Polarisationssignals hängt auch von der Anzahl der
Spektralmerkmale ab, die zur Untersuchung der Polarisation verwendet werden. Die
Beobachtung eines breiteren Spektralbereichs mit einer größeren Anzahl von
spektralen Merkmalen ist vorzuziehen. Darüber hinaus sind längere
Belichtungszeiten entscheidend für die Aufnahme polarimetrischer Spektren mit
einem ausreichend hohen Signal-Rausch-Verhältnis.
Unter Berücksichtigung dieser wichtigen Faktoren führte das AIP-Team
spektropolarimetrische Beobachtungen von fünf massereichen Sternen in den
Magellanschen Wolken durch. Beobachtet wurden zwei vermutlich einzelne Sterne,
die typische spektrale Eigenschaften für magnetische massereiche Sterne
aufweisen, wie sie in unserer eigenen Galaxie üblich sind, sowie ein
massereiches Doppelsternsystem, das aktiv miteinander in Wechselwirkung steht
(Cl*NGC346 SSN7). Dieses Doppelsternsystem befindet sich im Kern der
massereichsten Sternentstehungsregion NGC 346 in der Kleinen Magellanschen
Wolke.
Dabei gelang es, Magnetfelder in der Größenordnung von Kilogauss
nachzuweisen. Auf der Oberfläche unserer Sonne können solch starke Magnetfelder
nur in kleinen, stark magnetisierten Regionen - den Sonnenflecken - nachgewiesen
werden. Die berichteten Magnetfeldnachweise in den Magellanschen Wolken sind der
erste Hinweis darauf, dass die Bildung massereicher Sterne in Galaxien mit
jungen Sternpopulationen ähnlich abläuft wie in unserer Galaxie.
Über ihre Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erschienen ist.
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