Bislang massereichstes stellares Schwarzes Loch in der Milchstraße entdeckt
von
Stefan Deiters astronews.com
16. April 2024
Mithilfe des europäischen Astrometriesatelliten Gaia
ist es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelungen, dass bislang
massereichste stellare Schwarze Loch in unserer Milchstraße aufzuspüren. Das
Objekt hat die 33-fache Masse unserer Sonne und fiel durch die Taumelbewegung
seines Begleitsterns auf.
Künstlerische Darstellung des Schwarzen Lochs Gaia BH3 und
seines Begleiters.
Bild: ESO / L. Calçada [Großansicht] |
Bei Schwarzen Löchern, also Objekten, die so kompakt sind, dass noch nicht
einmal Licht von ihrer Oberfläche entweichen kann, lassen sich gesichert zwei
Klassen unterscheiden: Supermassereiche Schwarze Löcher, die sich in Zentren
von Galaxien finden und die die millionen- bis milliardenfache Masse unserer Sonne
aufweisen und stellare Schwarze Löcher, die das Ergebnis der Explosion eines
massereichen Sterns am Ende seines stellaren Lebens darstellen. Diese stellaren
Schwarzen Löcher haben in der Regel Massen von vielleicht der zehnfachen Masse
unserer Sonne.
Das massereiste bislang bekannte stellare Schwarze Loch in der Milchstraße
ist Cygnus X-1 und hat die 21-fache Masse der Sonne. Somit stellt die jetzt
veröffentlichte Entdeckung eines stellaren Schwarzen Lochs mit der 33-fachen
Masse der Sonne eine Besonderheit dar. Mit einer Entfernung von nur 2000
Lichtjahren ist Gaia BH3 zudem das zweitnächste bekannte Schwarze Loch. Gaia BH3
befindet sich im Sternbild Adler.
Der Fund gelang eher zufällig. Das Gaia-Team war mit der Aufbereitung und
Überprüfung von Gaia-Beobachtungen für eine neue Datenveröffentlichung
beschäftigt: "Niemand hat erwartet, ein massereiches Schwarzes Loch in der Nähe
zu finden, das bisher unentdeckt geblieben ist", sagt Pasquale Panuzzo, Astronom
am Observatoire de Paris - PSL und Mitglied der Gaia-Kollaboration.
"Das ist die Art von Entdeckung, die man nur einmal in seinem Forscherleben macht."
Die Entdeckung wurde dann durch Daten von verschiedenen bodengebundenen
Teleskopen, darunter das Very Large Telescope der europäischen
Südsternwarte ESO, bestätigt. Mit deren Hilfe war es möglich, die
Eigenschaften des Begleitsterns genauer zu ermitteln, so dass sich die Masse des
Schwarzen Lochs genau bestimmen ließ. Der Begleitstern von Gaia BH3 war auch für die Entdeckung
des Schwarzen Lochs verantwortlich: In den Gaia-Daten war nämlich eine
eigentümliche Taumelbewegung dieses Sterns aufgefallen.
Es wurden bereits stellare Schwarze Löcher mit ähnlicher Masse außerhalb
unserer Galaxie und mit einer anderen Nachweismethode aufgespürt. Man vermutet,
dass diese durch den Kollaps von massereichen Sternen entstanden sind, die nur
über sehr wenige schwere Elemente verfügen. Diese
sogenannten metallarmen Sterne verlieren im Laufe ihres stellaren Lebens weniger Masse
und haben daher am Ende mehr Material übrig, aus dem ein Schwarzes
Loch entstehen kann. Bisher gab es jedoch keine direkten Beweise für den
Zusammenhang zwischen metallarmen Sternen und massereichen Schwarzen Löchern.
Da Gaia BH3 Teil eines Doppelsystems war und Sterne in solchen Systemen in
der Regel eine ähnliche chemische Zusammensetzung aufweisen, dürfte die Analyse
des Begleitsterns von Gaia BH3 auch etwas über den Anteil schwerer Elemente im
Vorläuferstern des Schwarzen Lochs verraten. Tatsächlich erwies sich der
Begleiter als metallarm, so dass dies auch für den Vorläufer des Schwarzen Loch
gegolten haben dürfte.
"Wir haben uns für den außergewöhnlichen Schritt entschieden, diese
Ergebnisse auf der Grundlage vorläufiger Daten vor der offiziellen
Datenveröffentlichung zu publizieren, da die Entdeckung einzigartig ist",
erklärt Elisabetta Caffau vom Observatoire de Paris - PSL. Durch die frühzeitige
Bereitstellung der Daten können andere Astronomen bereits jetzt mit der
Untersuchung dieses Schwarzen Lochs beginnen, ohne auf die Veröffentlichung der
vollständigen Daten zu warten, die frühestens Ende 2025 erfolgen soll.
Die Ergebnisse wurden jetzt in der Fachzeitschrift Astronomy &
Astrophysics veröffentlicht.
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