Lange übersehener Quasar mit Rekordwerten
von
Stefan Deiters astronews.com
20. Februar 2024
Mithilfe des Very Large Telescope der ESO wurde nun
ein heller Quasar untersucht, der offenbar nicht nur der hellste seiner Art ist,
sondern sogar das leuchtstärkste Objekt, das jemals beobachtet wurde.
Gleichzeitig handelt es sich vermutlich um das am schnellsten wachsende Schwarze
Loch. Trotz dieser Rekordwerte war der Quasar lange Zeit übersehen worden.

Künstlerische Darstellung des Quasars J059-4351.
Bild: ESO / M. Kornmesser [Großansicht] |
Ursprünglich waren Quasare nur als sehr helle und meist weit entfernte,
punktförmige Objekte aufgefallen, die daher auch "quasistellare Objekte" oder
"quasistellare Radioquelle" genannt wurden - abgekürzt eben Quasar. Heute weiß
man, dass es sich bei Quasaren um aktive Galaxienkerne handelt, in denen ein
supermassereiches Schwarzes Loch gerade große Mengen an Material verschluckt.
Bevor dieses Material aber in dem Schwarzen Loch verschwindet, sammelt es sich
in einer großen Scheibe, der Akkretionsscheibe, heizt sich hier auf und wird
dadurch sehr hell, so dass die eigentliche Galaxie komplett überstrahlt wird.
In der Regel weisen die leuchtkräftigsten Quasare auf die am schnellsten
wachsenden supermassereichen Schwarzen Löcher hin.
"Wir haben das am schnellsten wachsende Schwarze Loch entdeckt, das bisher
bekannt ist. Es hat eine Masse von 17 Milliarden Sonnen und verschlingt etwas
mehr als eine Sonnenmasse pro Tag. Damit ist es das leuchtstärkste Objekt im
bekannten Universum", sagt Christian Wolf, Astronom an der Australian
National University (ANU). Der Quasar mit der Bezeichnung J0529-4351 ist so
weit von der Erde entfernt, dass sein Licht über zwölf Milliarden Jahre braucht,
um uns zu erreichen. Die Materie, die in das Schwarze Loch gezogen wird, strahlt
so viel Energie ab, dass J0529-4351 über 500 Billionen Mal heller leuchtet als
die Sonne. "All dieses Licht kommt von einer heißen Akkretionsscheibe mit einem
Durchmesser von sieben Lichtjahren - das muss die größte Akkretionsscheibe im
Universum sein", vermutet Samuel Lai, Doktorand an der ANU.
Erstaunlicherweise konnte sich der rekordverdächtige Quasar lange Zeit seiner
Entdeckung entziehen. "Es ist eine Überraschung, dass er bis heute unbekannt
geblieben ist, wo wir doch bereits eine Million weniger beeindruckende Quasare
kennen", so Christopher Onken von der ANU. Bereits auf Bildern des Schmidt
Southern Sky Survey
der ESO aus dem Jahr 1980 ist er zu sehen, wurde allerdings viele Jahrzehnte
lang nicht als Quasar identifiziert. Um Quasare zu finden, müssen
möglichst präzise Beobachtungsdaten von großen Bereichen des Himmels vorliegen.
Dieses Datenmaterial ist aber oft so umfangreich, dass die Astronomie
automatisierte Verfahren zur Auswertung einsetzt, die auf maschinelles Lernen
oder auch Künstliche Intelligenz beruhen. So wird versucht, potentielle Quasare
von anderen Himmelsobjekten zu unterschieden. Da diese Modelle aber als
Grundlage für die Suche bereits entdeckte Quasare nutzen, finden sie nur
Objekte, die den schon bekannten ähnlich sind. Ein besonders heller Quasar kann
so schon einmal als nahegelegener Stern aussortiert werden.
Genau dies ist auch bei J0529-4351 passiert: In einer automatischen Analyse
von Daten des Astrometriesatelliten Gaia wurde der helle Quasar als
Stern klassifiziert. Erst durch Beobachtungen mit dem 2,3-Meter-Teleskop der ANU
am Siding Spring Observatory in Australien wurde er als ferner Quasar
identifiziert. Seine genauen Eigenschaften konnte das Team dann aus
Beobachtungen mit dem X-Shooter-Spektrographen am Very Large Telescope
der Europäischen Südsternware ESO ermitteln.
Von der Entdeckung und Untersuchung entfernter supermassereicher Schwarzer
Löcher verspricht sich die Astronomie wichtige Informationen über die
Geschehnisse im frühen Universum. Für Wolf ist das aber nicht der einzige
Grund, um nach ihnen zu suchen: "Ich persönlich mag einfach die Jagd", sagt er.
"Für ein paar Minuten am Tag fühle ich mich wieder wie ein Kind, das auf
Schatzsuche geht."
Die Ergebnisse werden in der Fachzeitschrift Nature Astronomy veröffentlicht.
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