Bausteine des Lebens im Winchcombe-Meteoriten nachgewiesen
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Münster astronews.com
30. Januar 2024
Meteoriten können wertvolle Hinweise zur Entstehung unseres Sonnensystems
liefern. Ein Forschungsteam hat jetzt den sogenannten Winchcombe-Meteoriten
mithilfe eines neuartigen Detektordesigns untersucht. So konnten erstmals
stickstoffhaltige Verbindungen wie Aminosäuren ohne chemische Behandlung in
diesem Meteoriten nachgewiesen werden.
Im Elektronenmikroskop können die
Wissenschaftler die organischen Partikel im Meteoriten
analysieren.
Bild: SuperSTEM Laboratory, Daresbury, UK [Großansicht] |
Meteorite sind Bruchstücke von Asteroiden, die als Sternschnuppen ihren Weg
auf die Erde finden. Diese kosmischen Sedimente haben die Ur-Suppe, aus denen
unser Sonnensystem entstanden ist, wie eine Zeitkapsel eingefroren. Mithilfe
dieser Gesteine können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dem Ursprung
unserer Materie und des Lebens auf der Erde auf den Grund gehen. Dr. Christian
Vollmer vom Institut für Mineralogie der Universität Münster hat mit britischen
Kollegen eine ganz besondere dieser Zeitkapseln untersucht: den Winchcombe-Meteoriten.
Dem Forschungsteam ist es dabei erstmals gelungen, einige wichtige
stickstoffhaltige Verbindungen wie Aminosäuren und heterocyclische
Kohlenwasserstoffe ohne chemische Behandlung mit hoher Präzision und mithilfe
eines neuartigen Detektordesigns in diesem Meteoriten nachzuweisen.
Der Winchcombe-Meteorit wurde im Februar 2021 von einem Kameranetzwerk in
England beobachtet und konnte innerhalb weniger Tage aufgesammelt werden.
"Normalerweise werden Meteorite in den kalten und heißen Wüsten dieser Erde
aufgespürt, wo sie im trockenen Klima zwar nicht sehr schnell verwittern, sich
aber durch Feuchtigkeit verändern. Wird ein Meteoritenfall zeitnah beobachtet
und schnell eingesammelt, wie es bei Winchcombe der Fall war, sind sie für uns
wichtige 'Zeugen' von der Geburt des Sonnensystems und daher für die Forschung
besonders interessant", betont Vollmer.
Der Ursprung des Lebens auf unserem Planeten ist noch immer ungelöst, und
manche Wissenschaftler vermuten, dass die ersten biorelevanten Stoffe vor über
vier Milliarden Jahren in Meteoriten auf die Erde transportiert wurden. Dazu
zählen beispielsweise komplexe organische Verbindungen wie Aminosäuren oder
Kohlenwasserstoffe. Diese Moleküle haben jedoch nur sehr geringe Konzentrationen
und Experten müssen sie meistens durch Lösungsmittel oder Säuren aus dem
Meteoriten herauslösen und für die Analysen anreichern.
Das Team um Christian Vollmer konnte diese biorelevanten stickstoffhaltigen
Verbindungen nun zum ersten Mal ohne vorherige chemische Behandlung im
Winchcombe-Meteoriten nachzuweisen, obwohl auch hier die Konzentrationen dieser
Stoffe sehr gering sind. Dazu nutzten die Forscher ein modernes, hochauflösendes
Elektronenmikroskop, das es weltweit nur an wenigen Standorten gibt. Dieses
"Super-Mikroskop" am SuperSTEM-Labor im englischen Daresbury bildet nicht nur
kohlenstoffreiche Verbindungen in atomarer Auflösung ab, sondern kann auch
mithilfe eines neuartigen Detektors diese Proben chemisch analysieren.
"Der Nachweis dieser biorelevanten organischen Verbindungen in einem
unbehandelten Meteoriten ist für die Forschung eine wichtige Errungenschaft. Er
zeigt, dass diese Bausteine des Lebens auch ohne die chemische Extraktion in
diesen kosmischen Sedimenten charakterisiert werden können", erläutert Vollmer.
Die chemische Behandlung birgt nämlich das Risiko, dass sich diese fragilen
Stoffe verändern könnten. Die hier angewandten Analyseverfahren an festem
Material seien deshalb auch für die Forschung an kleinen und wertvollen
Missionsproben von großer Bedeutung, wie etwa den kürzlich von Asteroiden zur
Erde zurückgebrachten Staubpartikeln der japanischen Raumfahrtbehörde
(Hayabusa2) und der NASA (OSIRIS-REx).
Die Ergebnisse des Teams wurden in der Fachzeitschrift Nature
Communications veröffentlicht.
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