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Eisen aus Meteoriten könnte bei der Entstehung von Leben geholfen haben
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
30. Mai 2023
Forschende haben ein neues Szenario für die Entstehung der
ersten Bausteine des Lebens auf der Erde vor rund vier Milliarden Jahren
vorgeschlagen: Sie konnten zeigen, dass Eisenpartikel aus Meteoriten und
Vulkanasche als Katalysatoren für Reaktionen gedient haben könnten, die aus den
Stoffen der Uratmosphäre Moleküle entstehen lassen, die für die Entstehung von
Leben unerlässlich sind.

Ein kleines Fragment des Campo-del-Cielo-Eisenmeteoriten.
Dieselbe intensive Hitze, die den Meteoriten teilweise
aufgeschmolzen und so die hier sichtbare glatte Oberfläche
erzeugt hat, hätte auch Eisen verdampft und abgetragen, wobei
winzige, nanometergroße Partikel entstanden wären. Diese
Partikel könnten als Katalysatoren für die Herstellung der
chemischen Bausteine des Lebens auf der frühen Erde gedient
haben.
Foto: O. Trapp [Großansicht] |
Nach unserem heutigen Kenntnisstand entstand das Leben auf der Erde nur rund
400 bis 700 Millionen Jahre nach der Entstehung der Erde selbst. Das ist eine
ziemlich schnelle Entwicklung, zum Vergleich: Danach dauerte es etwa zwei
Milliarden Jahre, bis sich die ersten richtigen (eukaryotischen) Zellen
bildeten. Der erste Schritt zur Entstehung von Leben ist dabei die Bildung von
organischen Molekülen, die als Bausteine für Organismen dienen können. Bedenkt
man, wie schnell das Leben insgesamt entstanden ist, ist plausibel, dass sich
dieser vergleichsweise einfache erste Schritt ebenfalls schnell vollzog.
Die jetzt vorgestellte Studie zeigt einen neuen Weg auf, wie solche
organischen Verbindungen unter den auf der frühen Erde herrschenden Bedingungen
entstehen konnten. Die Schlüsselrolle dabei spielen Eisenpartikel aus
Meteoriten, die als Katalysator wirken. Katalysatoren sind Stoffe, deren
Anwesenheit bestimmte chemische Reaktionen beschleunigt, die aber bei jenen
Reaktionen nicht verbraucht werden. In dieser Hinsicht sind sie vergleichbar mit
Werkzeugen, die ja notwendig sind, um beispielsweise ein Auto herzustellen, die
aber nachdem ein Auto gebaut wurde gleich für den Bau des nächsten verwendet
werden können.
Die Inspiration für die Forschung kam ausgerechnet aus der industriellen
Chemie: Konkret fragte sich Oliver Trapp, Professor an der
Ludwig-Maximilians-Universität München und Max-Planck-Fellow am
Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA), ob das sogenannte Fischer-Tropsch-Verfahren
zur Umwandlung von Kohlenmonoxid und Wasserstoff in Kohlenwasserstoffe mithilfe
metallischer Katalysatoren nicht eine Entsprechung auf einer frühen Erde mit
einer kohlendioxidreichen Atmosphäre gehabt haben könnte. "Als ich mir die
chemische Zusammensetzung des Campo-del-Cielo-Eisenmeteoriten ansah, der aus
Eisen, Nickel, etwas Kobalt und winzigen Mengen Iridium besteht, war mir klar,
dass dies ein perfekter Fischer-Tropsch-Katalysator ist", erklärt Trapp.
Der logische nächste Schritt war die Durchführung von Experimenten, um die
kosmische Version von Fischer-Tropsch zu testen. Dmitry Semenov, Mitarbeiter am
Max-Planck-Institut für Astronomie, sagt: "Als Oliver mir von seiner Idee
erzählte, die katalytischen Eigenschaften von Eisenmeteoritenpartikeln zur
Synthese von Lebensbausteinen experimentell zu untersuchen, war mein erster
Gedanke, dass wir auch die katalytischen Eigenschaften von Vulkanascheteilchen
untersuchen sollten. Schließlich sollte die frühe Erde geologisch aktiv gewesen
sein. In der Atmosphäre und auf den ersten Landmassen der Erde hätte es
reichlich feine Aschepartikel geben müssen."
Trapp und Semenov taten sich mit Trapps Doktorandin Sophia Peters zusammen,
die die Experimente dann im Rahmen ihrer Doktorarbeit durchführte. Für den
Zugang zu Meteoriten und Mineralien sowie für das Fachwissen über die Analyse
solcher Materialien wandten sie sich an den Mineralogen Rupert Hochleitner,
einen Experten für Meteoriten an der Mineralogischen Staatssammlung in München.
Die erste Zutat für die verschiedenen Varianten des Experiments war jeweils eine
Quelle von Eisenpartikeln: Eisen aus einem echten Eisenmeteoriten, oder Partikel
aus einem eisenhaltigen Steinmeteoriten oder vulkanische Asche vom Ätna,
letztere als Ersatz für die eisenhaltigen Partikel, die auf der frühen Erde mit
ihrem hochaktiven Vulkanismus vorkommen würden. Anschließend wurden die
Eisenpartikel mit verschiedenen Mineralien vermischt, wie sie auch auf der
frühen Erde vorgekommen sein sollten. Diese Mineralien dienten dann als
Trägerstruktur – Katalysatoren sind in der Regel als kleine Partikel auf einem
geeigneten Substrat zu finden.
Die Größe der Partikel ist bei dieser Art von Experiment wichtig. Die feinen
Aschepartikel, die bei Vulkanausbrüchen entstehen, sind in der Regel nur wenige
Mikrometer groß. Bei Meteoriten, die durch die Atmosphäre der frühen Erde
fallen, würde die atmosphärische Reibung dagegen Eisenpartikel in Nanometergröße
abtragen. Der Einschlag eines Eisenmeteoriten (oder des Eisenkerns eines
größeren Asteroiden) wiederum würde durch Fragmentierung direkt mikrometergroße
Eisenpartikel erzeugen, und zusätzlich nanometergroße Partikel, wenn das Eisen
in der starken Hitze verdampft und später in der umgebenden Luft wieder
erstarrt.
Die Forscherinnen und Forscher versuchten, diese Vielfalt an Partikelgrößen
auf zwei verschiedene Arten nachzubilden. Indem sie das Meteoritenmaterial in
Säure auflösten, erzeugten sie aus ihrem präparierten Material Partikel in
Nanometergröße. Und indem sie entweder das meteoritische Material oder die
Vulkanasche 15 Minuten lang in eine Kugelmühle gaben, konnten das Team auf
mechanischem Wege größere, mikrometergroße Partikel herstellen. Eine solche
Kugelmühle ist eine Trommel, die sowohl das Material als auch Stahlkugeln
enthält. Die Trommel wird mit hoher Geschwindigkeit gedreht, in diesem Fall mit
mehr als zehn Mal pro Sekunde, wobei die Stahlkugeln das Material zermahlen. Da
die ursprüngliche Erdatmosphäre keinen Sauerstoff enthielt, führten die
Forscherinnen und Forscher anschließend chemische Reaktionen durch, bei denen
fast der gesamte Sauerstoff aus dem Gemisch entfernt wurde.
Zum Schluss wurde das jeweilige Gemisch dann in eine Druckkammer gebracht,
die überwiegend mit Kohlendioxid sowie mit (einigen) Wasserstoffmolekülen
gefüllt war, um die Atmosphäre der frühen Erde zu simulieren. Sowohl das
Mischungsverhältnis als auch der Druck wurden von Versuch zu Versuch variiert.
Die Ergebnisse waren beeindruckend: Dank des Eisenkatalysators entstanden in
beträchtlichen Mengen organische Verbindungen wie Methanol, Ethanol und
Acetaldehyd, aber auch Formaldehyd. Das ist eine erfreuliche Ausbeute.
Insbesondere Acetaldehyd und Formaldehyd sind wichtige Bausteine für Fettsäuren,
Nukleobasen (ihrerseits die Bausteine der DNA), Zucker und Aminosäuren. Wichtig
ist außerdem, dass diese Reaktionen unter einer Vielzahl von Druck- und
Temperaturbedingungen erfolgreich abliefen.
"Da es viele verschiedene Möglichkeiten für die Eigenschaften der frühen Erde
gibt, habe ich versucht, jedes mögliche Szenario experimentell zu testen", so
Peters. "Am Ende habe ich fünfzig verschiedene Katalysatoren verwendet und das
Experiment bei verschiedenen Werten für den Druck, die Temperatur und das
Verhältnis von Kohlendioxid- und Wasserstoffmolekülen durchgeführt." Die
Tatsache, dass sich die organischen Moleküle unter so unterschiedlichen
Bedingungen bildeten, ist ein starkes Indiz dafür, dass solche Reaktionen auf
der frühen Erde stattgefunden haben könnten – weitgehend unabhängig von der
genauen Zusammensetzung der Erdatmosphäre in jener Zeit, die wir derzeit noch
nicht kennen.
Mit diesen Ergebnissen gibt es nun eine neue Möglichkeit, wie die ersten
Bausteine des Lebens auf der Erde entstanden sein könnten. Zu den "klassischen"
Mechanismen gehören die Synthese rund um Hydrothermalquellen am Meeresboden,
elektrische Entladungen in einer methanreichen Atmosphäre (wie beim
Urey-Miller-Experiment) sowie Modelle, die vorhersagen, wie sich organische
Verbindungen in den Tiefen des Weltraums gebildet haben könnten und von
Asteroiden oder Kometen zur Erde transportiert wurden (astronews.com
berichtete). Dazu gesellt sich nun eine weitere Möglichkeit: Eisenpartikel aus
Meteoriten oder feine Vulkanasche, die als Katalysatoren in einer frühen,
kohlenstoffdioxidreichen Atmosphäre wirken.
Mit dieser Bandbreite an Möglichkeiten sollten zukünftige Forschungen zur
atmosphärischen Zusammensetzung und zu den physikalischen Eigenschaften der
frühen Erde gute Chancen haben herauszufinden, welcher der verschiedenen
Mechanismen unter realistischen Bedingungen die höchste Ausbeute an Bausteinen
liefert – und somit der wichtigste Mechanismus für die ersten Schritte vom
Nicht-Leben zum Leben auf unserem Heimatplaneten gewesen sein dürfte.
Über ihre Ergebnisse berichten Peters, Semenov, Hochleitner und Trapp in
einem Fachartikel, der in der Zeitschrift Scientific Reports erschienen
ist.
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