Sterne mit Schwarzem Loch im Zentrum
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astrophysik astronews.com
28. Dezember 2023
Könnten nach dem Urknall kleine Schwarze Löcher entstanden
sein, die dann von gerade entstehenden Sternen eingefangen wurden? Ein
Forschungsteam hat sich nun mit solchen sogenannten Hawking-Sternen befasst und
kam zu einem überraschenden Ergebnis: Sterne mit Schwarzem Loch im Zentrum wären
kaum von normalen Sonnen zu unterscheiden und könnten sehr langlebig sein.
Künstlerische Darstellung des
Gedankenexperiments, ein kleines Schwarzes Loch im Zentrum der
Sonne zu platzieren.
Bild: MPA, Wikimedia / Creative Commons
(Hintergrund) [Großansicht] |
Würde man annehmen, dass kurz nach dem Urknall viele kleine Schwarze Löcher
entstanden sind (sogenannte primordiale Schwarze Löcher), dann könnte man sich
die Frage stellen, ob einige davon bei der Entstehung neuer Sterne eingefangen
werden und was dies für die Entwicklung dieser Sterne bedeuten würde.
"Wissenschaftler stellen manchmal verrückte Fragen, um ihr Wissen zu vertiefen",
sagt Selma de Mink, Direktorin der Abteilung Sternforschung am
Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA). "Wir wissen nicht einmal, ob solche
primordialen Schwarzen Löcher überhaupt existieren, aber wir können trotzdem ein
interessantes Gedankenexperiment durchführen."
Primordiale Schwarze Löcher könnten sich im sehr frühen Universum mit sehr
unterschiedlichen Massen gebildet haben, von einigen so klein wie ein Asteroid
bis zu Tausenden von Sonnenmassen. Sie könnten einen wichtigen Bestandteil der
Dunklen Materie darstellen und die Keimzellen für die supermassereichen
Schwarzen Löcher im Zentrum der heutigen Galaxien sein. Mit einer sehr geringen
Wahrscheinlichkeit könnte ein neu entstehender Stern ein Schwarzes Loch mit der
Masse eines Asteroiden oder eines kleinen Mondes einfangen, und hätte dann in
seinem Zentrum ein Schwarzes Loch. Ein solcher Stern wird als "Hawking-Stern"
bezeichnet, benannt nach Stephen Hawking, der diese Idee erstmals in den 1970er
Jahren in einem Fachartikel darlegte.
Das Schwarze Loch im Zentrum eines solchen Hawking-Sterns würde nur langsam
wachsen, da der Einfall von Gas auf das Schwarze Loch durch die entweichende
Leuchtkraft behindert wird. Ein internationales Team von Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftlern hat nun die Entwicklung eines solchen Sterns mit
verschiedenen Ausgangsmassen für das Schwarze Loch und mit verschiedenen
Akkretionsszenarien für das Zentrum des Sterns modelliert. Ihr verblüffendes
Ergebnis: Wenn die Masse des Schwarzen Lochs klein ist, ist der Stern im
Wesentlichen nicht von einem normalen Stern zu unterscheiden.
"Sterne, die ein Schwarzes Loch in ihrem Zentrum beherbergen, können
erstaunlich lange leben", sagt Earl Patrick Bellinger, MPA-Postdoc und jetzt
Assistenzprofessor an der Yale University, der die Studie leitete.
"Unsere Sonne könnte in ihrem Zentrum sogar ein Schwarzes Loch haben, das so
groß ist wie der Planet Merkur, ohne dass wir es bemerken."
Der Hauptunterschied zwischen einem solchen Hawking-Stern und einem normalen
Stern zeigt sich in der Nähe des Kerns, der durch die Akkretion auf das Schwarze
Loch konvektiv wird. Dies würde die Eigenschaften des Sterns an seiner
Oberfläche nicht verändern und sich den derzeitigen Nachweisverfahren entziehen.
Er könnte jedoch mithilfe des relativ neuen Gebiets der Asteroseismologie
nachgewiesen werden, bei der man akustische Schwingungen nutzt, um das Innere
eines Sterns zu untersuchen. Auch in seiner späteren Entwicklung, in der
Rote-Riesen-Phase, könnte das Schwarze Loch zu charakteristischen Signaturen
führen. Mit künftigen Projekten wie PLATO könnten solche Objekte entdeckt
werden.
Es sind jedoch weitere Simulationen erforderlich um herauszufinden, welche
Auswirkungen ein zentrales Schwarzes Loch auf Sterne verschiedener Massen und
Elementzusammensetzungen hätte. Wenn primordiale Schwarze Löcher tatsächlich
kurz nach dem Urknall entstanden sind, könnte die Suche nach Hawking-Sternen zu
ihrem Nachweis führen. "Auch wenn die Sonne hier nur als Beispiel verwendet
wurde, gibt es gute Gründe für die Annahme, dass Hawking-Sterne in
Kugelsternhaufen und sehr schwach strahlenden Zwerggalaxien häufig vorkommen",
betont Professor Matt Caplan von der Illinois State University. "Das
bedeutet, dass Hawking-Sterne ein Werkzeug sein könnten, um sowohl die Existenz
primordialer Schwarzer Löcher als auch ihre mögliche Rolle bei der Dunklen
Materie zu testen."
Über ihre Studie berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal erscheinen ist.
|