Kurzzeitige Schwankungen des Sonnenlichts im Visier
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung e. V. astronews.com
8. September 2023
Wie viel Sonnenlicht kommt eigentlich auf der Erdoberfläche an? Entsprechende
Daten sind nicht nur für den Betrieb von Solaranlagen interessant, sondern auch
für einen Vergleich mit Satellitendaten und Klimamodellen. Nun haben Forschende
den Einfluss von Wolken auf die kurzfristigen Schwankungen der
Sonneneinstrahlung gemessen.
Die PyrNet-Geräte vom TROPOS haben drei
Monaten in den Feldern Oklahomas Globalstrahlung, Temperatur
und Luftfeuchtigkeit im Sekundentakt gemessen.
Foto: Jonas Witthuhn, TROPOS [Großansicht] |
Erstmals haben deutsche Forschende den Einfluss von Wolken auf kurzfristige
Schwankungen der Sonneneinstrahlung in Nordamerika gemessen. Zum Einsatz kam
dabei ein weltweit einmaliges Netz von Strahlungssensoren, das am
Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (TROPOS) konzipiert und gebaut wurde.
Es war von Anfang Juni bis Ende August dieses Jahres in der flachen Prärie des
mittleren Westens der USA im Einsatz. So genannte Pyranometer haben dabei das
eingehende Sonnenlicht an 60 Standorten verteilt über einer Fläche von 6x6
Quadratkilometern im US-Staat Oklahoma sekundengenau erfasst.
Die Leipziger Forschenden haben dazu in der unmittelbaren Umgebung des
Southern Great Plains (SGP) Atmospheric Observatory gemessen, dem weltweit
größten und umfangreichsten Observatoriums zur Messung der atmosphärischen
Strahlung. Die Messkampagne "Small-Scale Variability of Solar Radiation" (S2VSR)
von TROPOS, dem US-Strahlungsmessprogramm ARM und der University of Oklahoma
hat erfolgreich wichtige Klimadaten an der Erdoberfläche gesammelt, damit die
neuesten Generationen an Wetter- und Umweltsatelliten sowie Photovoltaik-Anlagen
effektiver genutzt sowie Wettervorhersagen und Klimamodelle genauer gemacht
werden können.
Diese Messungen ergänzen dabei die seit dem Bau des Netzwerks vor zehn Jahren
im Rahmen von sechs Feldkampagnen in Deutschland und in der Arktis gewonnenen
Datensätze. Von wissenschaftlichem Interesse sind in diesem Fall neben den
vorherrschenden meteorologischen Bedingungen auch die umfangreichen
Vergleichsmöglichkeiten mit Routinemessungen am Standort des dortigen
Observatoriums und im gesamten Bundesstaat Oklahoma, nämlich die umfangreichen
atmosphärischen Messungen des ARM-Programms sowie des Oklahoma MESONETs. Das
TROPOS-Pyranometer-Messnetz hat diese dabei um Informationen über Schwankungen
auf Sekunden- und Dekameterskala ergänzt, die die bisherigen Messungen aufgrund
eines zu großen Abstands der Stationen nicht liefern können.
Die Daten sollen nun insbesondere als Grundlage für den geplanten Vergleich
mit den neusten Satellitenbeobachtungen dienen: einerseits mit dem
amerikanischen geostationären GOES-R-Satellit, der bereits jetzt Beobachtungen
mit 500 Meter Auflösung im 5-Minutentakt liefert wie die europäischen
METEOSAT-Satelliten der dritten Generation ab Ende des Jahres; andererseits mit
der europäischen Sentinel-2-Mission, mit Bildern von bis zu zehn Metern
räumlicher Auflösung.
Die Feldkampagne profitierte dabei von der logistischen Unterstützung und der
sehr guten Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Atmospheric Radiation
Measurement (ARM) Programm, das auf die Untersuchung der Atmosphäre und
ihrer Wechselwirkungen mit der atmosphärischen Strahlung ausgerichtet ist und
das Observatorium in Oklahoma seit 1992 betreibt. Ein weiterer wichtiger Partner
für die Kampagne und die nun beginnende wissenschaftliche Auswertung ist die
School of Meteorology an der Universität von Oklahoma. Sie ist der größte
Meteorologie-Fachbereich in den Vereinigten Staaten und traditionell eher für
ihre Unwetterforschung bekannt, hat aber in den letzten acht Jahren einen
erheblichen Umschwung zu einem breiteren Atmosphärenforschungsprogramm
vollzogen.
"Die S2VSR-Messkampagne bietet hervorragende Möglichkeiten für unsere
Forschungsgruppe CL2EAR (CLouds ClimatE Aerosols Radiation)", so Prof. Jens
Redemann, Director der School of Meteorology. "Durch S2VSR haben unsere
Studenten 'hands-on'-Training in der Durchführung von Messungen und in der
Analyse dieser weltweit einzigartigen Beobachtungen bekommen, die den Schlüssel
für viele Fragen in unserem Forschungsgebiet bieten könnte. Wir hoffen auf eine
lange und vielfältige Zusammenarbeit mit TROPOS."
"Während der 12-wöchigen Kampagne wurden zwei Messstationen leider durch
Mäharbeiten beschädigt, davon konnte nur eine repariert werden. Im Rahmen der
Routinewartung wurden vereinzelt Beeinträchtigungen der Messungen durch
verschmutzte oder gekippte Pyranometer festgestellt. Die vorläufige
Qualitätssicherung der gewonnenen Daten zeigt jedoch, dass ihre Qualität und
Verfügbarkeit auch im Vergleich zu vergangenen Kampagnen sehr hoch ist und die
Kampagne somit ein voller Erfolg war. Hier ist insbesondere das hohe Engagement
der Studenten der Universität von Oklahoma bei der Wartung zu betonen",
berichtet Dr. Hartwig Deneke vom TROPOS.
Die nun beginnende Auswertung der Beobachtungen der Kampagne "Small-Scale
Variability of Solar Radiation" (S2VSR) soll neuartige Erkenntnisse über die
kurzfristige Schwankung des Sonnenlichts an der Erdoberfläche liefern, wie sie
vor allem durch Wolken verursacht werden. "Auf diesen Skalen kommt es dabei
insbesondere aufgrund der 3-dimensionalen Wolkenstrukturen zu Effekten im
atmosphärischen Strahlungstransport, die sowohl von aktuellen Wetter- und
Klimamodellen als auch in Satellitenprodukten bisher nur unzureichend
berücksichtigt werden. Wir hoffen, dass die gewonnenen Erkenntnisse
mittelfristig auch dazu beitragen, Kurzfristvorhersagen des Sonnenlichts zu
verbessern für eine optimale Nutzung der mit Photovoltaik erzeugter erneuerbarer
Energie", erklärt Deneke.
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