Mit Hochleistungscomputern dem solaren Magnetfeld auf der Spur
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung astronews.com
21. Juni 2023
In gewaltigen Ausbrüchen katapultiert die Sonne immer wieder Teilchen und
Strahlung ins All. Auf der Erde kann dies Stromnetze lahmlegen oder Satelliten
beschädigen. Verantwortlich für die Eruptionen ist das starke und dynamische
Magnetfeld der Sonne. Wie dieses erzeugt und verstärkt wird, ist noch nicht
vollständig verstanden. Detaillierte Computersimulationen lieferten nun neue
Erkenntnisse.
Computersimulationen magnetischer Strukturen
unter sonnenähnlichen Bedingungen.
Bild: MPS (J. Warnecke) [Großansicht] |
Das Magnetfeld der Sonne entsteht durch einen Prozess, den Forschende als
Dynamo bezeichnen. Darin generieren die solaren Plasmaströmungen zwei Effekte
bzw. Phänomene: den großskaligen Dynamo, der Magnetfelder auf Skalen
vergleichbar mit der Größe der Sonne selbst erzeugt, und den kleinskaligen
Dynamo, der für sehr viel feinere Magnetfeldstrukturen verantwortlich ist. Beide
konnten bisher noch nicht vollständig am Computer simuliert werden. Tatsächlich
ist es nicht einmal sicher, ob ein kleinskaliger Dynamo unter den in der Sonne
herrschenden Bedingungen überhaupt existieren kann. Diese Ungewissheit zu
beseitigen ist wichtig, denn ein solcher Dynamo hätte große Auswirkungen auf die
gesamte Dynamik der Sonne.
In einer neuen Studie sind Forschende des Max-Planck-Instituts für
Sonnensystemforschung (MPS) in Göttingen und der Aalto-Universität im finnischen
Espoo nun genau dieser Frage nachgegangen: Kann unter sonnenähnlichen
Bedingungen ein kleinskaliger Dynamo am Werk sein? Dafür führte das Team
umfangreiche Computersimulationen auf Petascale-Supercomputern in Finnland und
Deutschland durch. "Mit einer der höchstauflösenden derzeit verfügbaren
Computersimulationen haben wir die bisher realistischsten Bedingungen für die
Modellierung dieses Dynamos geschaffen", sagt Prof. Dr. Maarit Korpi-Lagg,
Leiterin der MPS-Forschungsgruppe "Solare und Stellare Dynamos" und
außerordentliche Professorin an der Fakultät für Informatik der
Aalto-Universität. "Wir haben nicht nur gezeigt, dass der kleinskalige Dynamo
existiert, sondern auch, dass er umso plausibler wird, je mehr unser Modell der
Sonne ähnelt", fügt sie hinzu.
Einige frühere Studien deuteten darauf hin, dass der kleinskalige Dynamo
unter den Bedingungen, die in Sternen wie der Sonne herrschen, möglicherweise
nicht auftreten kann. Solche Sterne werden durch eine sehr niedrige magnetische
"Prandtl-Zahl" beschrieben. In der Fluiddynamik und Plasmaphysik erlaubt es
diese Größe zu vergleichen, wie schnell sich Schwankungen der Magnetfeldstärke
und der Strömungsgeschwindigkeit in einem bestimmten Medien ausgleichen.
Das Forscherteam um Korpi-Lagg hat Turbulenzbedingungen mit beispiellos
niedrigen Werten der magnetischen Prandtl-Zahl modelliert und festgestellt, dass
entgegen den bisherigen Annahmen ein kleinskaliger Dynamo bei solch niedrigen
Werten existieren kann. "Dies ist ein wichtiger Schritt um zu verstehen, wie das
Magnetfeld in der Sonne und anderen Sternen entsteht", so Dr. Jörn Warnecke vom
MPS. "Die neuen Ergebnisse werden helfen, das Rätsel um die Entstehung von
Teilchen- und Strahlungsausbrüchen auf der Sonne zu lösen. Dies ist
entscheidend, um die Erde vor gefährlichem Weltraumwetter schützen zu können."
Die Forschungsgruppe weitet ihre Studie derzeit auf noch niedrigere und somit
sonnenähnlichere Werte der magnetischen Prandtl-Zahl aus. In einem nächsten
Schritt wollen die Forschenden zudem die Wechselwirkung des kleinskaligen
Dynamos mit dem großskaligen Dynamo untersuchen. Dieser ist für den elfjährigen
Zyklus der Sonne verantwortlich.
Über ihre Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
|