Wie beeinflussten Blitze die Entstehung von Leben?
Redaktion
/ Pressemitteilung des Instituts für Weltraumforschung der OeAW astronews.com
13. Juni 2023
Welchen Bedeutung hatten Blitze bei der Produktion von biologisch nutzbarem
Stickstoff auf der frühen Erde? Um diese Frage zu beantworten, führte ein
internationales Forschungsteam Blitzexperimente durch. Danach könnten
Entladungen in der Atmosphäre frühes Leben zwar unterstützt haben, dürften aber
kein wesentlicher Stickstofflieferant gewesen sein.
Aufbau des Blitzexperiments an der
University of St Andrews.
Bild: ÖAW / IWF [Großansicht] |
Stickstoff ist ein Schlüsselelement für die Entstehung sowie das Bestehen von
Leben, wie wir es kennen. Auch in der Atmosphäre der frühen Erde lag Stickstoff
hauptsächlich in Form des sehr stabilen und daher für mögliche Lebensformen
unzugänglichen N2-Moleküls vor. Vor der Entwicklung von
Mikroorganismen, die den Stickstoff anderen Lebewesen zur Verfügung stellen
können, mussten daher energiereiche, physikalische Prozesse, wie z. B. Blitze,
die N2-Moleküle aufbrechen.
Um zu untersuchen, wie Blitze Stickstoff für Lebewesen verfügbar machen
können, haben Forscherinnen und Forscher an der University of St. Andrews
in Schottland, gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen vom Institut für
Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und von
der Brown University in den USA, Blitzexperimente durchgeführt. Dabei
wurden Glaskolben mit Wasser und verschiedenen Gasgemischen gefüllt, um die
Atmosphäre der heutigen sowie die der frühen Erde zu imitierten. Diese Gase
wurden elektrischen Entladungen von knapp 50.000 Volt ausgesetzt und es wurde
untersucht, wie sich die Zusammensetzung des Gases durch die Blitze ändert. Von
besonderem Interesse waren für das Team die Konzentrationen der produzierten
Stickstoffmoleküle: Stickoxide, Nitrit und Nitrat.
"Unsere Ergebnisse zeigen, dass Blitze Stickoxide effizient in der CO2-reichen
Atmosphäre der frühen Erde erzeugen können. Diese sind eine mögliche
Nährstoffquelle für Leben auf der frühen Erde und auf Planeten außerhalb unseres
Sonnensystems", sagt Patrick Barth, Doktorand am IWF und dem St. Andrews
Centre for Exoplanet Science. Allerdings zeigt die Analyse von
Stickstoffmolekülen in Gesteinsproben von der frühen Erde nicht die
Isotopenzusammensetzung, die die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in
ihren Blitzexperimenten gefunden haben. Dies legt nahe, dass Blitze kein
wesentlicher Stickstofflieferant für die ersten Lebensformen auf der Erde waren.
Stattdessen liefert dieses Ergebnis einen weiteren Hinweis darauf, dass
Mikroorganismen schon vor mindestens 3,8 Milliarden Jahren für die
Bereitstellung von Stickstoff verantwortlich gewesen sein müssen. "Es gibt
jedoch Gesteinsproben aus dem Isua-Grünsteingürtel in Grönland, deren
Isotopenzusammensetzung teilweise durch Blitze erklärt werden kann", so Eva
Stüeken, Dozentin an der University of St Andrews. Dies zeigt, dass Blitze
möglicherweise die ersten Lebensformen auf der Erde zumindest unterstützt haben.
"Mithilfe dieser Ergebnisse könnte auch der Ursprung von Nitratproben auf dem
Mars erklärt werden", ergänzt Barth.
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Geoscience erschienen ist.
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