Unterstützung für nachhaltigen Wassereinsatz in der
Landwirtschaft
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Fraunhofer-Gesellschaft astronews.com
5. Juni 2023
Wasser wird zunehmend knapper. Eine neuartige
Satellitentechnologie, die in Form eines Prototyps mit dem Namen LisR bereits
auf der Internationalen Raumstation ISS erprobt wurde, ermöglicht es künftig,
Pflanzen bedarfsgerecht zu bewässern und einen nachhaltigen Umgang mit der
lebenswichtigen Ressource sicherzustellen. Geplant es nun eine Konstellation aus
24 Kleinsatelliten.
LisR detektiert aus dem Orbit heraus
Wärmestrahlung und misst somit physikalisch die
Landtemperatur.
Foto: Fraunhofer / Piotr Banczerowski[Großansicht] |
In Deutschland sind wir es gewohnt, ausreichend Wasser zur Verfügung zu
haben. Künftig jedoch dürfte die lebenswichtige Ressource knapp werden –
schließlich geht der Weltklimarat davon aus, dass infolge des Klimawandels die
Intensität und Häufigkeit von Dürren weiter zunehmen wird. Darüber hinaus wächst
die Weltbevölkerung immer weiter: Bis 2050 werden Schätzungen zufolge knapp zehn
Milliarden Menschen auf der Erde leben – Menschen, die mit Nahrungsmitteln
versorgt werden müssen. Eine Herausforderung, wenn man bedenkt, dass aktuell
etwa 70 Prozent unseres Trinkwassers für Bewässerung genutzt werden. Besonders
besorgniserregend: 60 Prozent davon werden durch übermäßige Bewässerung
verschwendet.
Geleitet durch die Gründungsidee der constellr GmbH entwickelten die
Forschenden des Fraunhofer EMI, des Fraunhofer IOF sowie der Unternehmen
constellr und SPACEOPTIX – beides Ausgründungen dieser Institute – die
Infrarotkamera LisR, kurz für "Longwave infrared sensing demonstratoR". Nach
erfolgreicher Demonstration auf der Internationalen Raumstation ISS sollen die
Erkenntnisse der LisR-Mission als Grundlage für eine Satelliten-Konstellation
genutzt werden – eine Satelliten-Konstellation, mit der sich künftig aus dem
Orbit die Landoberflächentemperatur messen und die Bewässerung auf den
tatsächlichen Bedarf abstimmen lässt. Schon ab 2026 könnten sich auf diese Weise
jährlich 180 Milliarden Tonnen Wasser und 94 Million Tonnen Kohlendioxid
einsparen lassen, während die globale Ernte durch eine gezieltere Versorgung der
Pflanzen um bis zu vier Prozent steigen könnte. Dies entspräche zusätzlicher
Nahrung für über 350 Millionen Menschen.
Doch wie ermöglicht es die Technologie, solche großen Mengen an Wasser und
Kohlendioxid einzusparen? "Von einem Satelliten aus behält die Technologie die
Erdoberfläche im Blick und detektiert die von dort ausgesandte Infrarotstrahlung
– also die Wärmestrahlung", erläutert Welling. "Während andere Lösungen
lediglich die Landoberflächentemperatur modellieren, messen wir die Temperatur
des Blätterdachs oder der Landoberfläche der Vegetation direkt. Auf diese Weise
können wir eine genaue Bewertung von Wasserverfügbarkeit gegenüber Wasserbedarf
vornehmen und Stress früher als je zuvor erkennen."
Über die Bewertung lässt sich damit auch auf den Bewässerungszustand der
Pflanzen schließen: Sind die Pflanzen nicht ausreichend mit Wasser versorgt,
verdunstet weniger Wasser über ihre Blätter – die Temperatur steigt. Die Wärme
an bestimmten Stellen des Ackers kann Landwirtinnen und Landwirten daher einen
direkten Anhaltspunkt geben, wo Bewässerung nötig ist und wo nicht. Elementar
für die Entwicklung des Technologie-Demonstrators war das Zusammenspiel der
verschiedenen Partner mit ihren sich ergänzenden Expertisen. Während das
Fraunhofer IOF die kompakte und leicht zu integrierende Optik für das
Kameramodul entwickelte, fertigte SPACEOPTIX die dafür nötige
Freiform-Spiegeloptik in Nanometer-Präzision. Die Forschenden des Fraunhofer EMI
wiederum steuerten ein patentiertes Messverfahren bei, mit dem sich aus den
Kameraaufnahmen die präzise Oberflächentemperatur bestimmen lässt. Die
Missionsplanung sowie die Auswertung der Daten übernahm die constellr GmbH.
Um die neue Technologie unter Realbedingungen zu testen, entwickelten die
Forschenden den Demonstrator. Im Frühjahr und Sommer 2022 wurde dieser auf der
Internationalen Raumstation ISS erprobt – eine große Ehre. "Von der ISS aus
konnten wir etwa zehn Millionen Bilder aufnehmen, mit einer Auflösung von rund
80 Metern", freut sich Horch. Aufbauend auf diesem Erfolg plant constellr, bis
zum Jahr 2028 mit 16 Kleinsatelliten alle 24 Stunden die Temperatur der
Landoberfläche überall auf der Erde mit täglicher Frequenz und einer Auflösung
von mehr als 50 Metern präzise zu messen. So kann vom Weltraum aus die optimale
Bewässerung von Agrarflächen unterstützt werden.
Für ihre Entwicklung des Technologie-Demonstrators LisR wurden Clemens
Horch vom Fraunhofer EMI, Dr. Henrik von Lukowicz vom Fraunhofer IOF, Cassi
Welling von der constellr GmbH und Dr. Matthias Beier von der SPACEOPTIX GmbH
mit dem Fraunhofer-Preis "Technik für den Menschen und seine Umwelt" 2023
ausgezeichnet. Es handelt sich dabei um einen Preis der Fraunhofer-Gesellschaft
zur Förderung der angewandten Forschung e. V., der Fraunhofer-Zukunftsstiftung
sowie der ehemaligen Vorstände, Institutsleitungen sowie diesen verbundenen
Fördernden der Fraunhofer-Gesellschaft. Er wird alle zwei Jahre an Forschungs-
und Entwicklungsleistungen vergeben, die die Lebensqualität von Menschen
verbessern oder für eine nachhaltigere Umwelt sorgen. 2023 beteiligt sich die
Fraunhofer-Zukunftsstiftung an der Finanzierung dieser Auszeichnung, die mit
50.000 Euro dotiert ist.
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