Die dunkle Zukunft eines massereichen Doppelsternsystems
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Universität Potsdam astronews.com
28. April 2023
Ein Doppelsternsystem in der Kleinen Magellanschen Wolken
ist offenbar sehr viel interessanter als bislang angenommen: Die beiden
massereichen Sterne in SSN 7 berühren sich bereits und sind auf dem besten Weg
zu Schwarzen Löchern zu werden. Diese dürften sich dann für viele Milliarden
Jahre weiter umkreisen, bevor sie zu einem größeren Schwarzen Loch
verschmelzen.
Ein Doppelsternsystem auf dem Weg zur Verschmelzung von
Schwarzen Löchern. Der kleinere und heißere Stern
mit 32 Sonnenmassen (links) verliert aktuell
Material an seinen 55 Sonnenmassen schweren
Begleiter (künstlerische Darstellung).
Bild: UCL / J. daSilva [Großansicht] |
Gegenstand der jetzt vorgestellten Studie von zwei Nachwuchswissenschaftlern
war das bekannte Doppelsternsystem SSN 7 in der Kleinen Magellanschen Wolke,
einer Satellitengalaxie der Milchstraße. Durch die Analyse von Daten
verschiedener Teleskope stellten sie fest, dass die Sterne miteinander im
Kontakt stehen und Material austauschen, wobei der eine Stern den anderen
"nährt". Sie umkreisen sich alle drei Tage und sind die massereichsten bisher
bekannten Doppelsterne.
Vergleicht man die Ergebnisse mit theoretischen Modellen der Entwicklung von
Doppelsternsystemen, so wird der Stern, der derzeit Material verliert, zuerst zu
einem Schwarzen Loch kollabieren und nach einiger Zeit beginnen, Material von
seinem Sternbegleiter abzusaugen. Der Begleiter wird daraufhin ebenfalls zu
einem Schwarzen Loch. Diese Schwarzen Löcher werden sich innerhalb weniger
Millionen Jahre bilden und einander für viele Milliarden Jahre umkreisen, bis
sie schließlich kollidieren und verschmelzen. Dabei sollten dann nachweisbare
Gravitationswellen entstehen.
"Dank der Gravitationswellendetektoren Virgo und LIGO wurden in den letzten
Jahren Dutzende verschmelzender Schwarzer Löcher entdeckt", so Doktorand Matthew
Rickard vom University College London. "Bisher haben wir jedoch noch
keine Sterne beobachtet, die zu Schwarzen Löchern dieser Größe kollabieren und
in einer Zeitspanne verschmelzen, die kürzer ist als das Alter des Universums.
Unser am besten passendes Entwicklungsmodell legt nahe, dass diese Sterne in 18
Milliarden Jahren verschmelzen werden. Die Entdeckung von Sternen auf diesem
Entwicklungspfad so nah an unserer Galaxis bietet uns eine hervorragende
Gelegenheit, noch mehr über die Entstehung dieser Systeme zu erfahren."
"Dieses Kontakt-Doppelsternsystem ist das massereichste, was bisher
beobachtet wurde", ergänzt Daniel Pauli, Doktorand an der Universität Potsdam.
"Der kleinere und heißere Stern besitzt 32 Sonnenmassen und verliert aktuell
Material an seinen 55 Sonnenmassen schweren Begleiter."
In ihrer Studie haben die Wissenschaftler verschiedene Wellenlängenbereiche
des Doppelsternsystems spektroskopisch vermessen, von ultraviolettem über
sichtbares bis hin zu infrarotem Licht. Dazu verwendeten sie unter anderem Daten
des Hubble Space Telescope und des Multi Unit Spectroscopic
Explorer (MUSE) am Very Large Telescope der ESO in Chile. Mit
diesen Daten haben sie die Radialgeschwindigkeit der Sterne, ihre Massen,
Helligkeiten, Temperaturen und Umlaufbahnen bestimmt. Schließlich passten sie
diese Parameter mit einem Entwicklungsmodell an.
"Der kleinere Stern wird in nur 700.000 Jahren zu einem Schwarzen Loch
kollabieren, entweder in einer spektakulären Supernova-Explosion oder auch ohne
Explosion aufgrund seiner Masse. Für etwa drei Millionen Jahre werden beide
unbequeme Nachbarn sein, bevor das erste Schwarze Loch anfängt, Masse von seinem
Begleiter anzuziehen und sich an ihm 'zu rächen'." Pauli, der die Modellierungen
durchgeführt hat, fügt hinzu: "Nach nur 200.000 Jahren, einem astronomischen
Augenblick, wird der Begleitstern ebenfalls zu einem Schwarzen Loch kollabieren.
Die beiden massereichen Sterne werden einander weiterhin für einige Milliarden
Jahre umkreisen. Langsam werden sie durch die Abgabe von Gravitationswellen
Energie verlieren, bis sie sich immer schneller im Sekundentakt umkreisen und
schließlich in 18 Milliarden Jahren miteinander verschmelzen, während sie über
Gravitationswellen enorme Energiemengen freisetzen."
Über die Ergebnisse berichten die beiden Doktoranden in einem
Fachartikel, der in der Zeitschrift Astronomy & Astrophysics erscheinen
wird.
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