Roboter-Team erkundet Lavahöhle auf Lanzarote
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Deutsches Forschungszentrum für Künstliche
Intelligenz GmbH astronews.com
8. März 2023
Lavahöhlen auf dem Mond sind als Standort von
Basislagern astronautischer Missionen von großem Interesse. Wie sich diese
erreichen und robotisch erforschen lassen, hat ein europäisches Konsortium im
Rahmen des Projekts CoRob-X untersucht. Höhepunkt und Abschluss war jetzt ein
Feldtest auf Lanzarote, wo Roboter gemeinsam eine Lavahöhle erkundeten.
Coyote III seilt sich mithilfe eines von
SherpaTT bereitgestellten Abseil- und
Dockingsystems in die Höhle ab.
Foto: Tom Becker / DFKI [Großansicht] |
Eine feste Station auf dem Mond, die als Ausgangspunkt für die weitere
Erkundung unseres Sonnensystems dienen kann, ist ein entscheidendes Ziel der
internationalen Raumfahrt. Optimale Bedingungen dafür könnten vor allem schwer
erreichbare Umgebungen wie Krater oder Lavahöhlen bieten, die nicht nur Schutz
vor Strahlung, Meteoriten und Temperaturschwanken gewähren. Auch wichtige
Ressourcen wie gefrorenes Wasser werden im lunaren Untergrund vermutet. Bevor
sich jedoch Menschen in die Tiefen des Erdtrabanten wagen, sollen diese
vielversprechenden Orte durch autonome Roboter untersucht werden. Doch wie
gelangen die Roboter in die Höhlen hinein?
Während die heutige Rahmfahrt noch auf ferngesteuerte Einzelgänger setzt,
gehört die Zukunft der autonomen kollaborativen Robotik. In dem vom Robotics
Innovation Center des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche
Intelligenz (DFKI) koordinierten Projekt CoRob-X (Cooperative Robots for Extreme
Environments) untersuchten neun europäische Partner seit März 2021 ein
ambitioniertes Explorationskonzept, das auf der Zusammenarbeit heterogener
Robotersysteme basiert. Das Projekt war eines der Abschlussvorhaben des
Strategic Research Clusters (SRC) "Space Robotics Technologies", das mehrere
Forschungsprojekte umfasst, die im Rahmen des Horizon 2020-Programms der
Europäischen Kommission finanziert und von der PERASPERA Programme Support
Activity betreut wurden.
Innerhalb der Projekte, den sogenannten Operational Grants, wurden
grundlegende, für die robotische Exploration benötige Technologien entwickelt,
die in zukünftigen Raumfahrtmissionen zum Einsatz kommen sollen – dazu gehören
u. a. ein adaptives Autonomiesystem für einzelne und kollaborative Roboter, ein
allgemeines Software-Framework zur Sensordatenfusion sowie Umweltsensoren für
die Lokalisierung und 3D-Kartenerstellung. Eine elektromechanische Schnittstelle
ermöglicht zudem die Kupplung von Robotern mit anderen Systemen oder Werkzeugen
bei gleichzeitiger Übertragung von elektrischer Energie, Daten und Wärme.
Im Mittelpunkt von CoRob-X stand der Test und die Validierung der im SRC
entwickelten Technologien, um den Robotern die Teamarbeit im Lavahöhlenszenario
zu ermöglichen. Das Szenario sieht vor, dass drei autonome Rover – zum Einsatz
kamen die DFKI-Roboter SherpaTT und Coyote III sowie der Rover
LUVMI-X des belgischen Unternehmens Space Applications Services NV/SA –
gemeinsam den Eingang einer Lavahöhle, das sogenannte Skylight, untersuchen.
Mithilfe eines Sensorwürfels, den LUVMI-X in das Skylight schießt, erhält das
Team erste Informationen aus dem Inneren der Höhle. Auf Basis dieser Daten
ermitteln die Systeme eine geeignete Stelle, an welcher der robuste SherpaTT den
kompakten Coyote III mithilfe eines Seilzugs hinablassen kann. Am Boden
angekommen, entkoppelt sich der wendige Rover vom Seil- und Dockingmechanismus
und erkundet die Höhle.
Um die Machbarkeit dieser komplexen Mission zu beweisen, reisten rund 25
Projektmitarbeitende vom 21. Januar bis 11. Februar 2023 nach Lanzarote. Nach
knapp zwei Jahren intensiver Forschungs- und Entwicklungsarbeit sowie
mehrwöchigen Integrationsarbeiten im vergangenen September am DFKI in Bremen
galt es nun, die Funktionsfähigkeit der Technologien in umfassenden Feldtests zu
erproben. Dafür bot die vulkanisch geprägte Kanareninsel mit ihren ausgedehnten
Lavatunneln ideale Bedingungen. Auf einem zuvor ausgewählten Testareal
errichteten die Projektpartner ihre Zelte direkt neben einem Skylight, einem
etwa fünf Meter breiten Loch im vulkanischen Boden, das den Zugang in eine etwa
vier Meter tiefe Lavahöhle gewährt. Ziel des Teams war es, in dieser
realitätsnahen Umgebung sowohl die Komponenten und Systeme auf den Prüfstand zu
stellen als auch die einzelnen Missionsphasen intensiv zu testen.
In den kommenden Wochen sahen sich die Beteiligten nicht nur mit äußerst
wechselhaften Wetterbedingungen konfrontiert, sondern mussten auch immer wieder
wissenschaftliche und technische Herausforderungen bewältigen, die ihnen
mitunter Arbeitsstunden bis spät in die Nacht abverlangten. Den Abschluss der
dreiwöchigen Tests bildete die finale Demonstration der Gesamtmission vor den
Augen externer Besucherinnen und Besucher, zu denen u. a. Vertreterinnen und
Vertreter verschiedener Raumfahrtagenturen gehören.
Die erste Missionsphase verlief reibungslos: Das Roboter-Team näherte sich
dem Höhleneingang, während es die Umgebung scannte und eine Karte davon
erstellte. In der zweiten Phase beförderte LUVMI-X den Sensorwürfel durch das
Skylight ins Höhleninnere. Um die Fallgeschwindigkeiten auf dem Mond zu
simulieren, wurden zum Hinablassen des Würfels eine elektrische Seilwinde mit
Kabel verwendet. Die während dieses Vorgangs aufgenommen Daten lieferten eine
präzise 3D-Karte des Höhleneingangs.
Ziel der dritten Missionsphase war das Erreichen des Höhleninneren durch
Hinablassen von Coyote III. Dafür dockte der Rover über eine Schnittstelle an
ein von SherpaTT bereitgestelltes Abseil- und Dockingsystem an. Ein daran
befestigtes Kabel ermöglichte es ihm, sich langsam durch das Skylight hindurch
abzuseilen und anschließend sicher am Höhlenboden zu landen. Unten angekommen
startete die vierte und letzte Phase der Mission: Coyote III erkundete das
unbekannte Terrain und erstellte erfolgreich eine Karte des Höhlenumgebung.
Insgesamt zeigten sich die externen Gäste in höchstem Maße beeindruckt von
der Leistung des gesamten CoRob-X-Teams. Sie werteten die Feldtests als großen
Erfolg und Meilenstein für zukünftige Langzeitmissionen auf dem Mond. Dr. Thomas
Vögele vom DFKI, der das Projekt koordinierte, bezeichnete die Analogmission in
Lanzarote als "eine wahre Herausforderung für Mensch und Material. Die
Erforschung einer Lavahöhle mit drei autonomen Rovern ist vor CoRob-X in dieser
Form noch nicht demonstriert worden. Wir haben gezeigt, dass es möglich ist und
sind damit hoffentlich einer echten Mondmission ein Stück nähergekommen."
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