Warum sich Sterne schneller bilden können als bislang gedacht
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität zu Köln astronews.com
20. Februar 2023
Gaswolken, in denen in der Cygnus-X-Region neue Sterne
entstehen, sind aus einem dichten Kern aus molekularem Wasserstoff und einer
atomaren Hülle zusammengesetzt. Diese Ensembles gehen miteinander dynamische
Wechselwirkungen ein, um schnell neue Sterne zu bilden. Das ergab jetzt die
Analyse von Daten des Flugzeugobservatoriums SOFIA.
Blick des Infrarotteleskops Spitzer auf die
Region Cygnus-X.
Bild:
NASA / JPL-Caltech / Harvard-Smithsonia CfA [Großansicht] |
Die Cygnus-X-Region ist eine ausgedehnte leuchtende Wolke aus Gas und Staub
rund 5000 Lichtjahre von der Erde entfernt. Mithilfe von Beobachtungen von
Spektrallinien des ionisierten Kohlenstoffs (CII) konnten Wissenschaftlerinnen
und Wissenschaftler nun zeigen, dass sich die Wolken dort in einigen Millionen
Jahren bilden, was für astronomische Verhältnisse ein schneller Vorgang ist. Die
Beobachtungen wurden in einem internationalen Projekt unter der Leitung von Dr.
Nicola Schneider von der Universität Köln und Prof. Alexander Tielens von der
University of Maryland auf der fliegenden Sternwarte SOFIA (Stratospheric
Observatory for Infrared Astronomy) im Rahmen des FEEDBACK-Programms
durchgeführt.
Die neuen Erkenntnisse stehen im Gegensatz zu der bisherigen Lehrmeinung,
dass dieser Prozess der Sternentstehung quasi-statisch und sehr langsam abläuft.
Die nun beobachtete Form der dynamischen Entstehung würde auch die Bildung von
besonders massereichen Sternen erklären. Durch den Vergleich der Verteilung von
ionisiertem Kohlenstoff, molekularem Kohlenmonoxid und atomarem Wasserstoff fand
das Team heraus, dass die Hüllen von interstellaren Gaswolken aus Wasserstoff
bestehen und mit bis zu zwanzig Kilometer pro Sekunde miteinander kollidieren.
Im Inneren befindet sich ein dichter Kern aus molekularem Wasserstoff (H2).
"Durch diese hohe Geschwindigkeit wird das Gas zu dichteren molekularen
Gebieten komprimiert, in denen sich neue, hauptsächlich massereiche Sterne
bilden. Wir brauchten die CII-Beobachtungen, um dieses ansonsten 'dunkle' Gas zu
detektieren", erläutert Schneider. Die Beobachtungen zeigen das erste Mal die
schwache CII-Strahlung aus den Randgebieten der Wolken, die man bisher nicht
beobachten konnte. Nur mit SOFIA und dessen empfindlichen Instrumenten konnte
diese Strahlung aufgefangen werden.
SOFIA wurde bis September 2022 von der NASA und dem Deutschen Zentrum für
Luft- und Raumfahrt (DLR) betrieben. Das Observatorium bestand aus einer
umgebauten Boeing 747 mit einem eingebauten 2,7-Meter-Teleskop. SOFIA
beobachtete von der Stratosphäre (oberhalb von 13 Kilometern) aus den Himmel und
deckte den infraroten Bereich des elektromagnetischen Spektrums ab – also knapp
jenseits dessen, was der Mensch sehen kann. Die Boeing ist damit über dem
Großteil des Wasserdampfs der Erdatmosphäre geflogen, der ansonsten das
Infrarotlicht abblockt. So konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler
einen Wellenlängenbereich beobachten, der von der Erde aus nicht zugänglich ist.
Für die aktuellen Ergebnisse nutzte das Team den 2015 auf SOFIA installierten
Empfänger upGREAT des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie in Bonn und der
Universität Köln. Auch wenn SOFIA nicht mehr fliegt, sind die bisher gemessenen
Daten von großer Bedeutung für die astronomische Grundlagenforschung, weil es
kein Instrument mehr gibt, das in diesem Wellenlängenbereich (typischerweise 60
bis 200 Mikrometer) ausgedehnte Kartierungen anfertigt. Das jetzt aktive James
Webb-Weltraumteleskop beobachtet im Infrarotbereich bei kürzeren Wellenlängen
und konzentriert sich auf räumlich kleine Gebiete.
Daher dauert die Analyse der bisher gesammelten SOFIA-Daten an und liefert
weiterhin wichtige Erkenntnisse – auch zu anderen Sternentstehungsregionen: "In
der Liste der FEEDBACK-Quellen befinden sich weitere Gaswolken in
unterschiedlichen Entwicklungsstadien, in denen wir jetzt die schwache
CII-Strahlung in den Randgebieten der Wolken suchen, um ähnliche
Wechselwirkungen wie in der Cygnus-X-Region aufzuspüren“, so Schneider.
Die Ergebnisse werde in einem Fachartikel in der Zeitschrift Nature
Astronomy veröffentlicht und sind bereits jetzt online abrufbar.
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