Zwei Wasserwelten um Kepler-138
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Astronomie astronews.com
23. November 2022
Um den Stern Kepler-138 kreisen zwei Planeten, bei denen es
sich um Ozeanplaneten handeln dürfte - das ergab jetzt die Auswertung von
Beobachtungen verschiedener Teleskope. Kepler-138 d ist danach von einem 2000
Kilometer tiefen globalen Wasserozean und einer flüchtigen Atmosphäre umgeben.
Kepler-138 c dürfte ganz ähnlich aussehen.
Künstlerische Darstellung des
Planetensystems um Kepler-138, im Vordergrund der Planet
Kepler-138 d.
Bild:
NASA, ESA, Leah Hustak (STScI) [Großansicht] |
Bisher wurden extrasolare Planeten, die weniger als 1,7 Erdradien haben,
entweder zu den Gesteinsplaneten gezählt oder zu den Mini-Neptunen, also zu
Planeten, die ihre ursprünglichen – im Fachjargon als "primordial" bezeichneten
– Wasserstoffgashüllen nicht verloren haben. Gesteinsplaneten umkreisen ihr
Zentralgestirn meist auf sehr engen Umlaufbahnen, sodass sie ihre Atmosphären
durch den Einfluss der stellaren Strahlung im Laufe der Zeit verlieren.
Wasserstoffreiche Mini-Neptune hingegen reicherten bei ihrer Entstehung so viel
Wasserstoffgas an, dass sie es – wie auch die großen Gasplaneten im äußeren
Sonnensystem – nicht mehr in den Weltraum verlieren konnten. Dasselbe gilt für
Hycean-Planeten, hypothetische Himmelskörper, die von einem heißen Wasserozean
und einer entsprechend sehr wasserstoffreichen Atmosphäre umgeben sind.
Im Jahr 2014 wurden erstmals drei Planeten entdeckt, die den Roten Zwergstern
Kepler 138 umkreisen. Nun haben Forscherinnen und Forscher in diesem
Planetensystem eine überraschende Entdeckung gemacht. Mithilfe der
Weltraumteleskope Hubble und Spitzer wurden mehrere
Planetentransits beobachtet, die durch 28 Radialgeschwindigkeits-Messungen mit
dem Keck-Observatorium auf Hawaii ergänzt wurden. Numerischen Simulationen von
Daria Kubyshkina vom Grazer Institut für Weltraumforschung (IWF)zufolge sollte
jede hypothetische Wasserstoffgashülle um Kepler-138 d, einen der drei Planeten,
innerhalb von zehn Millionen Jahren in den Weltraum verloren gegangen sein.
Auf Grund seines wesentlich höheren Alters von ein bis 2,7 Milliarden Jahren
kann der Planet deshalb kein Mini-Neptun oder Hycean-Planet sein. Flüssiges
Wasser konnte durch diese Beobachtungen bei Kepler-138 d nicht direkt
nachgewiesen werden. Erst durch den Vergleich der Größe und Masse des Planeten
mit Modellen kommen die Astronominnen und Astronomen zu dem Schluss, dass ein
erheblicher Teil seines Volumens – bis zur Hälfte – aus Materialien bestehen
sollte, die leichter als Gestein, aber schwerer als Wasserstoff oder Helium
sind. Das häufigste dieser möglichen Materialien ist Wasser.
"Gekoppelte Modellierungen des Planeteninneren und der Atmosphärenstruktur,
die mit den aufwendigen Beobachtungen übereinstimmen, ergaben, dass der
erdähnliche Gesteinskern von Kepler-138 d sehr wahrscheinlich von einem 2000
Kilometer tiefen Wasserozean und einer flüchtigen Atmosphäre umgeben ist",
schildert Luca Fossati, IWF-Gruppenleiter und an der Studie beteiligt. "Der
Ozean ist also 500-mal tiefer als der durchschnittliche irdische Ozean. Die
Gesamtzusammensetzung des Planeten ähnelt deshalb eher den Eismonden des
Jupiters in unserem Sonnensystem", so Fossati.
Eine Kombination aus Transitbeobachtungen und Radialgeschwindigkeitsmessungen
zeigt auch, dass Kepler-138 c ein etwas wärmerer Zwilling von Kepler-138 d ist,
also eine weitere Wasserwelt im selben System. Inzwischen vermutet man auch die
Existenz eines vierten Planeten, Kepler-138 e, der sich am inneren Rand der
bewohnbaren Zone befindet.
Sogenannte "Ozeanplaneten" wurden schon 2004 prognostiziert. Wie auch an der
aktuellen Studie war IWF-Gruppenleiter Helmut Lammer bereits an der allerersten
Untersuchung über diese damals noch hypothetischen Himmelskörper beteiligt.
Kepler-138 d scheint nun der erste extrasolare Planet zu sein, auf den die
Bezeichnung wirklich zutrifft. "Das wiederum wirft die Frage nach der möglichen
Habitabilität des Planeten auf", ergänzt Lammer. Habitate der Klasse V, die
Planeten mit großen Wasserschichten über einem felsigen Kern entsprechen, wurden
2013 von Lammer erstmals definiert. Die möglichen Lebensbedingungen bei solchen
potentiellen Habitaten richten sich dabei nach den Extrembedingungen in der
Tiefsee von Ozeanen auf der Erde.
"Bei Kepler-138 d hingegen handelt es sich jedoch um eine Unterklasse eines
solchen Habitats," erklärt Lammer. "Aufgrund der riesigen Wassermenge bildet
sich sehr wahrscheinlich Hochdruckeis oder sogar Wasser in einer anderen Phase,
die bei hohem Druck auftritt, einer sogenannten überkritischen Flüssigkeit.
Diese extremen Zustände blockieren den Kontakt zwischen dem Wasser an der
Oberfläche und den Mineralien im darunterliegenden Gesteinskörper." Die
Entstehung von Leben, wie wir es kennen, wird dadurch – laut derzeitigem
Wissensstand – verhindert.
Über die Ergebnisse berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Astronomy erschienen ist.
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