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Blick auf einen entstehenden Galaxienhaufen im jungen Universum
Redaktion
/ Pressemitteilung der Universität Heidelberg astronews.com
15. Dezember 2022
Während der Beobachtung einer weit entfernten und sehr
hellen Galaxie mit dem James Webb Space Telescope haben Astronominnen
und Astronomen einen gerade entstehenden Galaxienhaufen und zugleich eines der
dichtesten bekannten Gebiete der Galaxienentstehung im frühen Universum
entdeckt. Dies erlaubt einen Blick auf die frühesten Phasen der
Galaxienentwicklung.
Der Quasar SDSS J165202.64+172852.3 auf
einer Aufnahme des Weltraumteleskops Hubble (links oben).
Rechts daneben und unten Aufnahmen des Instruments NIRSpec von
James Webb, die etwas über die Bewegung des Gases in dem
Galaxienhaufen verraten.
Bild:
NASA, ESA, CSA, STScI, Dominika Wylezalek (ZAH), Andrey Vayner
(JHU), Nadia Zakamska (JHU), Q-3D Team, Leah Hustak (STScI) [Großansicht] |
Durch Beobachtungen einer weit entfernten und sehr hellen Galaxie hat ein
internationales Forschungsteam mithilfe des James Webb Space Telescope
(JWST) einen Galaxienhaufen und zugleich eines der dichtesten bekannten Gebiete
der Galaxienentstehung im frühen Universum entdeckt. Die Beobachtungen mit dem
neuen Weltraumteleskop enthüllten einen Galaxien-Protohaufen, der sich im Umfeld
eines Quasars bildet. Dieser noch in Entstehung begriffene Galaxienhaufen könnte
Aufschluss darüber geben, wie sich die Galaxien im frühen Universum zum heute
sichtbaren kosmischen Netz entwickelt haben. Geleitet wurden die
Forschungsarbeiten von Dr. Dominika Wylezalek, Wissenschaftlerin am Zentrum für
Astronomie der Universität Heidelberg (ZAH).
Ziel der Untersuchungen war eine Galaxie mit einem sehr aktiven und hellen
Kern, der von einem extrem massereichen Schwarzen Loch im Herzen der Galaxie
gespeist wird. Von einem solchen als Quasar bezeichneten Kern wird angenommen,
dass er einen sogenannten galaktischen Wind auslösen kann, der Gas aus der
Heimatgalaxie verdrängt. Diese Ausflüsse von Materie könnten damit die
Entstehung anderer Sterne und Galaxien beeinflussen. Das internationale
Forschungsteam hat den Quasar SDSS J165202.64+172852.3 – kurz J1652 – mit
James Webb beobachtet. Er existierte bereits im sehr frühen Universum, das
heißt vor etwa 11,5 Milliarden Jahren. Sein auffälliges rotes Licht wurde durch
seine große Entfernung und die Ausdehnung des Universums in den Infrarotbereich
verschoben. Daher eignet sich der Quasar J1652 ganz besonders für Beobachtungen
mit dem für diesen Spektralbereich konzipierten James-Webb-Teleskop.
In früheren Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass schnelle
Gasausflüsse von dem Quasar angetrieben werden; zudem wurden Hinweise auf das
Verschmelzen des Quasars mit einer Nachbargalaxie gefunden. Überraschenderweise
bestätigen die Beobachtungen mit dem JWST, dass nicht nur eine einzige Galaxie,
sondern mindestens drei weitere mit hoher Geschwindigkeit und sehr dicht gepackt
umherwirbeln. In der Wissenschaft wird ein derartiges System auch als
Galaxien-Protohaufen bezeichnet – ein Galaxienhaufen in der Phase der
Entstehung.
Die Objekte im direkten Umfeld des Quasars wurden im infraroten
Spektralbereich analysiert. Sie deuten darauf hin, dass J1652 Teil eines dichten
Knotens der Galaxienentstehung ist. Erst die hervorragenden bildgebenden und
spektroskopischen Fähigkeiten von James Webb erlaubten diese
Schlussfolgerung. "Es gibt nur wenige Galaxien-Protohaufen, die zu diesem frühen
Zeitpunkt bekannt sind. Sie sind schwer zu finden und nur sehr wenige hatten
seit dem Urknall Zeit, sich zu bilden. Unsere Entdeckung könnte dabei helfen, zu
verstehen, wie sich Galaxien in dichten Umgebungen entwickeln", so Wylezalek.
"Wir werfen einen Blick in die frühesten Entwicklungsphasen dieser Galaxien."
Das internationale Forscherteam glaubt, eines der dichtesten bekannten
Gebiete der Galaxienentstehung im frühen Universum entdeckt zu haben – aufgrund
der Geschwindigkeit, mit der drei bestätigte Galaxien einander umkreisen, und
der Dichte, mit der sie in die Region um den Quasar "gepackt" sind. "Selbst ein
dichter Knoten aus Dunkler Materie reicht nicht aus, um die von uns beobachteten
Eigenschaften zu erklären. Wir nehmen an, dass wir eine Region sehen, in der
zwei Knoten aus Dunkler Materie miteinander verschmelzen", sagt die
Wissenschaftlerin, die an der Universität Heidelberg eine Emmy-Noether-Nachwuchsgruppe
an dem zum ZAH gehörenden Astronomischen Rechen-Institut leitet. Von
Folgebeobachtungen erhofft sie sich Aufschluss darüber, wie solche dichten,
chaotischen Galaxienhaufen entstehen und wie sie sich zum heute sichtbaren
kosmischen Netz entwickelt haben.
Mit ihrem Team will Wylezalek zunächst herausfinden, welchen Einfluss
galaktische Winde und die von dem aktiven, supermassiven Schwarzen Loch in
seinem Herzen erzeugten Quasar-Rückkopplungen auf den Protohaufen ausüben. An
den Forschungsarbeiten waren neben dem Heidelberger Team auch weitere
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland sowie aus Frankreich,
Großbritannien, Mexiko und den USA beteiligt. Die Beobachtungen mit dem James
Webb Space Telescope fanden im Rahmen des sogenannten Early Release
Science-Programms innerhalb der ersten fünf Monate nach Beginn des
wissenschaftlichen Betriebs des JWST statt.
Über die Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal Letters erschienen ist.
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