Die Massenverteilung des First-Deep-Field-Haufens
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung der Technischen Universität München astronews.com
28. Juli 2022
Auch mit den ersten Bildern des James Webb Space
Telescope wird bereits Wissenschaft gemacht: So nutzte ein Team die Deep-Field-Aufnahme
von SMACS J0723.3−7327 zur Erstellung eines verbesserten Modells der
Massenverteilung in dem Galaxienhaufen. Dies erlaubt auch Rückschlüsse auf die
Entfernung der durch den Gravitationslinseneffekt verstärkten Galaxien.
Das First Deep Field des Weltraumteleskops
James Webb zeigte den Galaxienhaufen SMACS
J0723.3−7327.
Bild:
NASA, ESA, CSA und STScI [Großansicht] |
Das erste vom James Webb Space Telescope (JWST) veröffentlichte
wissenschaftliche Bild zeigt den Galaxienhaufen SMACS J0723.3−7327. Insbesondere
Galaxienhaufen können als Gravitationslinsen wirken und das Licht von
Hintergrundgalaxien verstärken sowie mehrere Bilder von diesen erzeugen. Vor
JWST waren hinter SMACS J0723.3−7327 insgesamt 19 Mehrfachbilder von sechs
Hintergrundquellen bekannt. Die JWST-Daten enthüllten nun 27 zusätzliche
Mehrfachbilder von zehn weiteren Objekten. "In diesem ersten Schritt haben wir
die Daten dieses brandneuen Teleskops verwendet, um den Linseneffekt von
SMACS0723 mit großer Genauigkeit zu modellieren", erklärt Gabriel Bartosch
Caminha, Postdoc-Fellow am Max-Planck-Institut für Astrophysik (MPA), der
Technischen Universität München und dem German Centre for Cosmological
Lensing (GCCL).
Die Forschenden verwendeten zunächst Daten des Weltraumteleskops Hubble und
des Multi Unit Spectroscopic Explorers (MUSE) am Very Large
Telescope der ESO, um ein "Pre-JWST"-Linsenmodell zu erstellen, und
verfeinerten es dann mit den neu verfügbaren JWST-Nahinfrarotdaten. "Die
JWST-Aufnahmen sind absolut verblüffend und wunderschön. Sie zeigen viel mehr
Mehrfachbilder von Hintergrundquellen, die es uns ermöglichten, unser
Massenmodell für die Gravitationslinse erheblich zu verbessern", so Bartosch
Caminha. Von den neu entdeckten, gelinsten Objekten gibt es bisher noch keine
Entfernungsschätzungen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verwendeten ihr neues Modell für
die Massenverteilung, um die Entfernung dieser Linsengalaxien abzuschätzen. Ein
Objekt scheint sich demnach in so großer Entfernung zu befinden, dass sein Licht
13 Milliarden Jahre benötigte, um uns zu erreichen. Sein Licht wurde somit in
den frühen Entwicklungsstadien unseres Universums emittiert. Von dieser Galaxie
entstanden drei Mehrfachbilder und ihre Helligkeit wurde insgesamt um etwa das
20-fache verstärkt.
Um solche weit entfernten Objekte zu untersuchen, ist es jedoch von
grundlegender Bedeutung, den Linseneffekt des Galaxienhaufens im Vordergrund
genau zu beschreiben. "Unser genaues Massenmodell bildet die Grundlage für die
Untersuchung der JWST-Daten", betont Sherry Suyu, Professorin für Observational
Cosmology an der TUM, Forschungsgruppenleiterin am MPA und dem Exzellenzcluster
Origins und Gastwissenschaftlerin am Academia Sinica Institut für Astronomie und
Astrophysik. "Die spektakulären JWST-Bilder zeigen eine große Vielfalt stark
gelinster Galaxien, die dank unseres genauen Modells jetzt im Detail untersucht
werden können", erläutert sie.
Das neue Modell für die Massenverteilung des Vordergrundhaufens ist in der
Lage, die Positionen aller Mehrfachbilder mit hoher Genauigkeit zu reproduzieren
und ist damit eines der besten verfügbaren Massenmodelle. Für Folgestudien
dieser Quellen werden die Linsenmodelle, einschließlich Vergrößerungskarten und
Rotverschiebungen (also Entfernungen), die aus dem Modell geschätzt werden,
öffentlich zugänglich gemacht. "Wir freuen uns sehr darüber", fügt Suyu hinzu,
"und wir warten gespannt auf zukünftige JWST-Beobachtungen anderer
Galaxienhaufen mit starkem Linseneffekt. Diese werden es uns nicht nur
ermöglichen, die Massenverteilungen von Galaxienhaufen besser einzugrenzen,
sondern auch Galaxien mit hoher Rotverschiebung zu untersuchen."
Ein Fachartikel über diese ersten Auswertungen des Deep-Field-Bildes von
SMACS J0723.3−7327 wurde bei Astronomy & Astrophysics Letters zur
Veröffentlichung eingereicht.
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