Detaillierte Radiobeobachtungen des Jets
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
25. November 2022
Eine internationales Team aus Astronominnen und Astronomen
hat neue Beobachtungen des ersten jemals identifizierten Quasars 3C 273
vorgestellt. Die neuen hochauflösenden Radiobilder verfolgen den Jet bis zu der
Region, wo sich der Jet bildet. Zu erkennen ist, wie die Breite des Jets mit
zunehmender Entfernung vom zentralen Schwarzen Loch variiert.
Darstellung des Jets von 3C 273 bei
unterschiedlicher Auflösung.
Bild:
Hiroki Okino und Kazunori Akiyama; GMVA+ALMA und HSA-Bilder:
Okino et al.; HST-Bild: ESA/Hubble & NASA [Vergrößerte
Gesamtansicht] |
Aktive supermassereiche Schwarze Löcher stoßen schmale, unglaublich
energiereiche Plasmastrahlen aus, die mit nahezu Lichtgeschwindigkeit
entweichen, sogenannte Jets. Nun hat ein Team von Astronominnen und Astronomen
den Jet des ersten jemals identifizierten Quasars 3C 273 im Sternbild Jungfrau
genauer untersucht: "Radiojets in Quasaren werden schon seit langem untersucht,
aber die Details der Jetbildung sind immer noch nicht gut verstanden und ein
aktuelles Thema der laufenden Forschung", erläutert Thomas Krichbaum, Astronom
am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR) und einer der
Hauptautoren der Arbeit. "Eine ungelöste Frage ist, wie und wo genau die Jets zu
einem engen Strahl gebündelt werden, so dass sie sich bis weit über die Grenzen
ihrer Wirtsgalaxie ausbreiten können. Die Astronomen wissen jetzt, dass Jets
sogar die Entwicklung von Galaxien beeinflussen können. Die neuen
Radiobeobachtungen dringen bis zu 0,5 Lichtjahre tief in das Herz von 3C 273
vor, in die Region nahe dem Schwarzen Loch, in der der Jet-Plasmastrom zu einem
schmalen Strahl kollimiert wird."
Die neue Studie umfasst Beobachtungen des Jets von 3C 273 mit der bisher
höchsten Winkelauflösung. Diese bahnbrechende Arbeit wurde durch den Einsatz eng
miteinander koordinierter Radioteleskopen rund um den Globus ermöglicht, einer
Kombination aus dem Global Millimeter VLBI Array (GMVA) und dem
Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) in Chile. Darüber
hinaus wurden ebenfalls koordinierte Beobachtungen mit dem High Sensitivity
Array (HSA) durchgeführt, um die Untersuchung von 3C 273 auf einen größeren
Maßstab auszudehnen und die Expansion und Form des Jets auch bei größeren
Entfernungen vom Quasarkern zu bestimmen. Die diesem Forschungsprojekt zu Grunde
liegenden Messdaten wurden im Frühjahr 2017 aufgezeichnet, etwa zur gleichen
Zeit wie die Beobachtungen des Event Horizon Telescope (EHT), die die
ersten Bilder eines Schwarzen Lochs im Zentrum von M87 enthüllten, einer
Radiogalaxie, die etwa 20 Mal näher ist als 3C 273.
Das MPIfR ist federführendes Institut für den Betrieb des GMVA. Die Daten
werden im Korrelatorzentrum des Instituts verarbeitet, und die Beobachtungen
werden vom Institut aus koordiniert. "3C 273 wird seit Jahrzehnten als ideales,
nahe gelegenes Labor für die Untersuchung von Quasar-Jets betrachtet", sagt
Hiroki Okino, Hauptautor dieser Arbeit und Doktorand an der Universität von
Tokio und dem National Astronomical Observatory of Japan. "Doch obwohl
der Quasar relativ nah ist, hatten wir bis vor kurzem kein
Beobachtungsinstrument, das Bilder erzeugen konnte, die scharf genug waren, um
zu sehen, wie sich dieser schmale und starke Plasmastrom bildet."
Das Bild des Jets von 3C 273 ermöglicht den Wissenschaftlern einen
allerersten Blick in den innersten Teil des Jets in einem Quasar, dort wo die
Kollimation oder Bündelung des Plasmastrahls stattfindet. Das Team fand außerdem
heraus, dass sich der Öffnungswinkel des Plasmastroms, der vom Schwarzen Loch
wegfließt, langsam verengt. Dieser sich verengende Teil des Strahls setzt sich
unglaublich weit fort, weit über den Bereich hinaus, in dem die Schwerkraft des
Schwarzen Lochs dominiert. "Es ist erstaunlich zu sehen, wie sich die Form des
mächtigen Plasmastroms in einem extrem aktiven Quasar langsam und über eine
große Entfernung ändert. Dies wurde auch in der Nähe von viel schwächeren und
weniger aktiven supermassereichen Schwarzen Löchern beobachtet", sagt Kazunori
Akiyama, Forscher am MIT-Haystack-Observatorium und Leiter des
Forschungsprojekts. "Die Ergebnisse werfen eine neue Frage auf: Wie kommt es,
dass die Jet-Kollimation in derart unterschiedlichen Systemen Schwarzer Löcher
so gleichmäßig verläuft?"
Die neuen, extrem scharfen Bilder des Jets 3C 273 wurden durch die
Einbeziehung des ALMA-Interferometers ermöglicht, das bei diesen Messungen wie
ein einziges großes Radioteleskop funktioniert. Das GMVA und ALMA wurden über
Kontinente hinweg mit einer Technik namens Very Long Baseline Interferometry
(VLBI) verbunden, um sehr detaillierte Informationen auch von weit entfernten
astronomischen Quellen zu erhalten. Die bemerkenswerte VLBI-Fähigkeit von ALMA
wurde durch das ALMA Phasing Project (APP) Team ermöglicht. Das
internationale APP-Team unter der Leitung des MIT-Haystack-Observatoriums und
des MPIfR entwickelte die Hard- und Software, um ALMA, ein Array von 66
Teleskopen, in die empfindlichste astronomische Interferometriestation der Welt
zu verwandeln.
Die Einbeziehung von ALMA in das Beobachtungsnetzwerk erhöht die Auflösung
und Empfindlichkeit des VLBI-Arrays erheblich. Diese Fähigkeit war nicht nur für
das GMVA von grundlegender Bedeutung, sondern auch für die Kartierung von
Schwarzen Löchern mit dem Event Horizon Telescope. "Der Beitritt von
ALMA zu den globalen VLBI-Netzwerken markiert einen Wendepunkt für die
Erforschung Schwarzer Löcher. Damit ist es zum ersten Mal möglich, Bilder von
supermassereichen Schwarzen Löchern erhalten, und jetzt hilft es uns in
Beobachtungsobjekten wie 3C 273, zum ersten Mal im Detail zu erforschen, wie
Schwarze Löcher ihre Jets antreiben, und das selbst bei weit entfernten
Galaxien", so Anton Zensus, Direktor am MPIfR und Mitautor der vorliegenden
Arbeit.
Die Ergebnisse wurden in einem Fachartikel beschrieben, der in der
Zeitschrift The Astrophysical Journal erschienen ist.
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