Konzentrische Staubringe um ein Sternenpaar
Redaktion
/ Pressemitteilung des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie astronews.com
13. Oktober 2022
Ein neues Bild des Weltraumteleskops James Webb
zeigt einen bemerkenswerten kosmischen Anblick: mindestens 17 konzentrische
Staubringe, die von einem Sternenpaar ausgehen. Dieses Sternenduo befindet sich
in einer Entfernung von gut 5000 Lichtjahren von der Erde und ist unter der
Bezeichnung Wolf-Rayet 140 bekannt. Von der Erde aus sind maximal zwei der Ringe
zu sehen.
Die beiden Sterne in Wolf-Rayet 140 erzeugen
alle acht Jahre bei ihrer größten Annäherung ringförmige
Staubschalen, wie auf diesem JWST-Bild zu sehen. Dabei
kollidieren die Sternwinde, wodurch das Gas komprimiert wird
und zur Entstehung von Staub führt.
Bild:
NASA, ESA, CSA, STScI, JPL-Caltech [Großansicht] |
Ein neues Bild des James-Webb-Weltraumteleskops (JWST) offenbart einen
bemerkenswerten kosmischen Anblick: mindestens 17 konzentrische Staubringe, die
von einem Sternenpaar ausgehen. Dieses Sternsystem befindet sich in etwas mehr
als 5000 Lichtjahre Entfernung in Richtung des Sternbilds Schwan und ist unter
dem Namen Wolf-Rayet 140 (WR 140) bekannt. Die Ringe entstanden jeweils beim
geringsten Abstand beider Sterne auf ihrer Umlaufbahn durch Kollision der
Sternwinde (Gasströme, die sie ins All blasen). Dadurch wurde das Gas
komprimiert und es bildete sich Staub. Die Umlaufbahnen der Sterne bringen sie
etwa alle acht Jahre zusammen; wie die Ringe eines Baumstamms markieren die
Staubschleifen den Lauf der Zeit.
"Wir sehen die Staubproduktion über mehr als ein Jahrhundert in diesem
System", sagt Ryan Lau, Astronom am NOIRLab der National Science Foundation,
der Erstautor einer neuen Studie über das System. "Das Bild zeigt auch, wie
empfindlich das JWST ist. Früher konnten wir mit bodengebundenen Teleskopen nur
zwei Staubringe sehen. Jetzt sehen wir mindestens 17 davon." Zusätzlich zur
allgemeinen Empfindlichkeit des James-Webb-Teleskops ist sein Mid-Infrared
Instrument (MIRI) in einzigartiger Weise geeignet, die Staubringe zu
untersuchen, die Lau und seine Kollegen als Schalen bezeichnen, da sie in
Wirklichkeit dicker und breiter sind als sie auf dem Bild erscheinen.
Die wissenschaftlichen Instrumente des Teleskops erfassen infrarotes Licht,
einen Bereich von Wellenlängen, der für das menschliche Auge unsichtbar ist.
MIRI erkennt die längsten Infrarot-Wellenlängen, was bedeutet, dass es im
Vergleich zu den anderen Instrumenten des JWST oft kühlere Objekte sehen kann,
darunter auch die Staubringe. Das MIRI-Spektrometer enthüllte auch die
Zusammensetzung des Staubs, der größtenteils aus Material besteht, das von einem
Sterntyp ausgestoßen wird, der als Wolf-Rayet-Stern bekannt ist.
Ein Wolf-Rayet-Stern wird mit mindestens 25-mal mehr Masse als unsere Sonne
geboren und nähert sich dem Ende seines Lebens. Ein Wolf-Rayet-Stern erzeugt
starke Winde, die riesige Mengen an Gas ins All stoßen. Der Wolf-Rayet-Stern in
diesem speziellen Paar hat durch diesen Prozess möglicherweise bereits mehr als
die Hälfte seiner ursprünglichen Masse verloren.
Die Umwandlung von Gas in Staub ist in etwa so, als würde man Mehl in Brot
verwandeln: Es sind bestimmte Bedingungen und Zutaten erforderlich. Das in
Sternen am häufigsten vorkommende Element, Wasserstoff, kann von sich aus keinen
Staub bilden. Da Wolf-Rayet-Sterne jedoch so viel Masse abwerfen, stoßen sie
auch komplexere Elemente aus, die normalerweise tief im Inneren eines Sterns zu
finden sind, darunter Kohlenstoff. Die schweren Elemente im Wind kühlen auf
ihrer Reise in den Weltraum ab und werden dort komprimiert, wo die Winde beider
Sterne zusammentreffen. Einige andere Wolf-Rayet-Systeme bilden ebenfalls Staub,
aber von keinem ist bekannt, dass es Ringe wie bei WR 140 bildet.
Das einzigartige Ringmuster entsteht, weil die Umlaufbahn des Wolf-Rayet-Sterns
im Doppelsternsystem länglich und nicht kreisförmig ist. Nur wenn sich die
Sterne einander genügend annähern - etwa auf die gleiche Entfernung wie zwischen
Erde und Sonne - und ihre Sternwinde miteinander kollidieren, steht das Gas
unter ausreichendem Druck, um Staub zu bilden. Lau und seine Mitautoren gehen
davon aus, dass die Winde von WR 140 auch die Umgebung von Materialresten
befreit haben, mit denen sie sonst kollidiert wären. Das könnte der Grund dafür
sein, dass die Ringe so unberührt und nicht verschmiert oder zerstreut
erscheinen.
Wahrscheinlich gibt es sogar noch mehr Ringe, die so schwach und zerstreut
sind, dass man sie nicht einmal in den Daten vom JWST erkennen kann. "WR 140
stellt ein faszinierendes astrophysikalisches Labor dar, um Windkollisionen,
Staubbildung und das Überleben von Staub in der feindlichen Strahlungsumgebung
um diese massereichen und heißen Sterne zu untersuchen", sagt Gerd Weigelt vom
Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn, der auch zum Forschungsteam
gehörte. "Beobachtungen in verschiedenen Orbitalphasen ermöglichen es uns zu
untersuchen, wie die Staubproduktion von der Entfernung zwischen den beiden
heißen Sternen abhängt, da die Umlaufbahn gut bekannt ist. Die Entdeckung von
entfernten Schalen aus der Staubproduktion vor mehr als 100 Jahren zeigt, dass
der von WR 140 gebildete Staub lange Zeit überleben kann."
Die neue Studie mit den Daten des MIRI-Spektrometers mit mittlerer Auflösung
liefert den bisher besten Beweis dafür, dass Wolf-Rayet-Sterne kohlenstoffreiche
Staubmoleküle produzieren. Und die Erhaltung der Staubhüllen deutet darauf hin,
dass dieser Staub in der lebensfeindlichen Umgebung zwischen den Sternen
überleben und Material für zukünftige Sterne und Planeten liefern kann. "Obwohl
Wolf-Rayet-Sterne in unserer Galaxie selten sind, weil sie im Vergleich zu
anderen Sternen sehr kurzlebig sind, ist es möglich, dass sie im Laufe der
Geschichte der Galaxie viel Staub produziert haben, bevor sie explodierten und
Schwarze Löcher bildeten", sagt Patrick Morris, Astrophysiker am Caltech
im kalifornischen Pasadena und Mitautor der neuen Studie. "Ich denke, mit JWST
werden wir viel mehr darüber lernen, wie diese Sterne das Material zwischen den
Sternen formen und neue Sternentstehung in Galaxien auslösen."
Über ihre Beobachtungen berichtet das Team in einem Fachartikel, der in der
Zeitschrift Nature Astronomy erscheinen wird.
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