Der Eisriese Neptun in neuem Licht
von
Stefan Deiters astronews.com
22. September 2022
Das Weltraumteleskop James Webb hat erstmals den
äußersten Planeten des Sonnensystems ins Visier genommen, den Eisriesen Neptun.
Der Blick im Infraroten unterscheidet sich deutlich von dem vertrauten Anblick
im sichtbaren Bereich des Lichts. Dafür ist das Ringsystem von Neptun sehr
deutlich zu sehen. Dominiert wird die Aufnahme allerdings von einem Neptunmond.
Blick mit der Near-Infrared Camera des Weltraumteleskops James
Webb auf Neptun. Auffallend ist der sehr helle Mond Triton.
Bild: NASA, ESA, CSA und STScI [Großansicht] |
Es gibt nicht nur einen Ringplaneten im Sonnensystem: Das beweisen die
gestern von der amerikanischen Weltraumagentur NASA, der europäischen
Weltraumorganisation ESA und der kanadischen Raumfahrtagentur CSA
veröffentlichten neue Bilder des James Webb Space Telescope sehr
eindrucksvoll: Darauf zu sehen sind nämlich der Neptun und die dynamischen
Ringe des Planeten - einige von ihnen waren seit dem Vorbeiflug von
Voyager 2 im Jahr 1989 überhaupt nicht mehr zu beobachten gewesen,
insbesondere nicht in dieser Deutlichkeit.
Neptun wurde 1846 entdeckt und wird aufgrund seiner chemischen
Zusammensetzung auch als Eisriese bezeichnet. Im Vergleich zu den Gasriesen
Jupiter und Saturn ist Neptun viel reicher an Elementen, die schwerer sind als
Wasserstoff und Helium. Dies zeigt auch die bläuliche Farbe, die bei
Beobachtungen von Neptun im sichtbaren Bereich des Lichts sofort auffällt: Sie
erklärt sich durch geringe Mengen an gasförmigem Methan in der Atmosphäre von
Neptun.
Die Bilder von James Webb hingegen sehen anders aus, da
sie nicht im sichtbaren Bereich des Lichts, sondern im Infraroten gemacht
wurden: Die Nahinfrarotkamera (NIRCam) von Webb erfasst Objekte im
Nahinfrarotbereich von 0,6 bis 5 Mikrometer, so dass Neptun für Webb
nicht blau erscheint. Tatsächlich ist das Methangas so stark absorbierend, dass
der Planet bei diesen Wellenlängen ziemlich dunkel ist, außer dort, wo hochgelegene Wolken vorhanden sind. Solche Methaneiswolken sind als helle Streifen
und Flecken zu erkennen, die das Sonnenlicht reflektieren, bevor es vom
Methangas absorbiert wird. Andere Observatorien haben diese sich schnell
entwickelnden Wolkenstrukturen im Laufe der Jahre immer wieder beobachtet.
Neptun benötigt für einen Umlauf um die Sonne 164 Jahre. Aktuell ist sein
Nordpol nicht zu beobachten, die nördlicheren Regionen zeigen sich auf dem Bild
aber deutlich aufgehellt. Am Südpol des Planeten ist ein bereits bekannter
Wirbel zu erkennen. Bislang unbeobachtet war allerdings ein durchgehendes
Wolkenband um den Südpol herum. Wer genau hinschaut, entdeckt zudem entlang des
Äquators eine dünne hellere Linie. Dabei könnte es sich um eine visuelle
Signatur der globalen atmosphärischen Zirkulation handeln, die Neptuns Winde und
Stürme antreibt. Die Atmosphäre sinkt ab und erwärmt sich am Äquator, so dass
sie bei Infrarotwellenlängen stärker leuchtet als die umgebenden, kühleren Gase.
Webb hat auf dem Bild auch sieben der 14 bekannten Monde des Neptun
eingefangen. Dominiert wird die Aufnahme dabei von einem Mond, der als sehr
heller Lichtpunkt zu sehen ist und das für Webb typische Beugungsmuster
aufweist: Es handelt sich um den Mond Triton. Dessen Oberfläche ist von
Stickstoffeis überzogen, die das Licht sehr gut reflektiert. Weitere
Beobachtungen von Triton und Neptun mit James Webb sind für das
kommende Jahr geplant.
|
|