Quantentechnologie für den Erdorbit
Redaktion
/ idw / Pressemitteilung des Ferdinand-Braun-Instituts gGmbH Leibniz-Institut
für Höchstfrequenztechnik astronews.com
30. August 2022
Der erste mithilfe von Quantentechnologie gesteuerte
Satellit soll 2027 in den Weltraum starten. An Bord werden sich Quantensensoren
befinden, die eine genaue Ausrichtung des kleinen Kommunikationssatelliten
gewährleisten. Ziel ist ein weltumspannendes Netz aus Mini-Satelliten, das die
Internetverbindung in abgelegenen Regionen verbessern helfen soll.
Um eine zuverlässige Übertragung der Signale
sicherzustellen, müssen die
Kommunikationssatelliten auf ihrer Umlaufbahn
dauerhaft höchstpräzise ausgerichtet sein.
Quantensensoren sollen dabei helfen.
Bild: DLR (CC BY-NC-ND 3.0) [Großansicht] |
Das Quantentechnologie-Start-up Q.ANT, Bosch, TRUMPF und das Deutsche
Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) haben eine Partnerschaft zur Entwicklung
weltraumtauglicher Lagesensoren geschlossen. Mithilfe dieser auf
Quantentechnologie basierenden Sensoren soll es gelingen, Mini-Satelliten
präzise auszurichten und die weltweite Datenkommunikation zu verbessern. Die
Sensoren sind eine Schlüsseltechnologie, da sie eine hochgenaue Ausrichtung der
Satelliten untereinander und damit eine Hochgeschwindigkeitsverbindung für Daten
ermöglicht.
"Diese strategische Partnerschaft zeigt, welches Potenzial in der gemeinsamen
Entwicklung von Zukunftstechnologien steckt. Der Einsatz von Quantentechnologie
in der Luft- und Raumfahrt ist für den Industriestandort Deutschland eine
riesige Chance", sagt Michael Förtsch, CEO von Q.ANT. Die Partnerschaft soll ein
weltumspannendes, erdnahes Mini-Satelliten-Netz unterstützen, das die
Internetverbindung insbesondere in abgelegenen Regionen verbessert. Den ersten
Mini-Satelliten mit Quantentechnologie möchte das DLR in fünf Jahren Richtung
Weltall starten.
Quanteneffekte nutzende Lagesensoren lassen sich nicht nur bei Satelliten,
sondern auch beim automatisierten Fahren oder bei der Indoor-Navigation zum
Beispiel in Fabrik- und Logistikhallen einsetzen. Das Forschungsbudget für das
Projekt liegt bei rund 28 Millionen Euro, ein Großteil davon stammt vom
Bundesministerium für Bildung und Forschung. Mit dem Ferdinand-Braun-Institut,
Leibniz-Institut für Höchstfrequenztechnik beteiligt sich zudem ein renommiertes
Forschungsinstitut für Laserdioden, insbesondere für Anwendungen im Weltraum.
Um eine zuverlässige Übertragung der Signale von Satelliten sicherzustellen,
müssen die Satelliten auf ihrer Umlaufbahn dauerhaft höchstpräzise ausgerichtet
sein. Verlieren die Satelliten die richtige Position, schwächen sich die
Kommunikationssignale ab. Das Konsortium möchte mithilfe von Quantentechnologie
eine langfristige Messstabilität garantieren. Quantensensoren eignen sich für
den Einsatz in Satelliten besonders, weil sie dauerhaft genaue Messergebnisse
liefern können, hohe Leistung auf wenig Raum erbringen, und wenig wiegen. Die
Satelliten können dadurch jahrelang präzise ihre Position halten.
Die Entwicklung europäischer Quantensensoren soll die Unabhängigkeit vom
Weltmarkt stärken. Q.ANT leitet die Entwicklungspartnerschaft, entwickelt das
Gesamtkonzept des Sensors und ist für die Integration der verschiedenen
Komponenten verantwortlich. Dabei liegt der Schwerpunkt auf einer präzisen und
stabilen Ausrichtung der Sensorkomponenten untereinander, um die
Funktionsfähigkeit im Satelliten zu gewährleisten. "Mit unserem Sensor wollen
wir vereinfacht gesagt den Gleichgewichtssinn des Satelliten verbessern", so
Förtsch. Das deutsche Quantentechnologie-Start-up mit Sitz in Stuttgart liefert
zudem elektronische Schlüsselkomponenten wie eine sehr rauscharme
Detektionseinheit.
Die Bosch-Forschung entwickelt eine miniaturisierte, weltraumtaugliche
Messzelle. "Die Messzelle ist das Herzstück des Quantensensors", sagt Thomas
Kropf, Forschungschef von Bosch. Sie ist mit einem atomaren Gas befüllt, das mit
Laserstrahlen und Magnetfeldern zu einer Kreiselbewegung der Atome angeregt
wird. Die gemessene Drehgeschwindigkeit der Kreiselbewegung ändert sich durch
die Drehung des Sensors und gibt damit hochpräzise Rückschlüsse über
Lageänderung des Satelliten und ermöglicht damit eine genauere Lagekontrolle.
"Wir freuen uns, dass wir unsere Expertise im Bereich Quantensensoren in das
Projekt einbringen und damit die Erfolgsgeschichte der MEMS (Micro-electro-mechanical
Systems) Sensorik bei Bosch fortschreiben können."
TRUMPF bringt gleich von zwei deutschen Standorten sein Laser-Knowhow ein.
Die Miniaturlaserdioden entstehen bei TRUMPF Photonic Components in Ulm, und
werden bislang zum Beispiel Smartphones und in industriellen optischen Sensoren
eingesetzt. Gemeinsam mit dem Ferdinand-Braun Institut werden die robusten
Strahlquellen nun für den Einsatz in der Quantentechnologie und im Weltraum
entwickelt. "Die Zukunft für unsere Minilaser ist vielversprechend und eröffnet
viele neue Anwendungen. Mit dem Förderprojekt stärken wir einmal mehr den
Photonik-Standort Deutschland. Viele Zukunftstechnologien profitieren von dem
Knowhow und unserer hochmodernen Produktion, welche wir über Jahre aufgebaut
haben", sagt Berthold Schmidt, CEO bei TRUMPF Photonic Components.
Der TRUMPF Standort in Berlin ist spezialisiert auf Lösungen in den Bereichen
Sensorik, Laser- und Quantentechnologie. Dort werden die Lichtquellen aus Ulm
mit neuartiger Aufbau- und Automatisierungstechnik in robusten, miniaturisierten
Gehäusen mit weiterer Messtechnik integriert und temperaturstabilisiert, sodass
sie den anspruchsvollen Bedingungen im Weltall standhalten. Das
Galileo-Kompetenzzentrum im DLR ist für alle weltraumrelevanten Aspekte
verantwortlich. Es stellt die Weltraumtauglichkeit sicher und ist für die
Implementierung, den Transport und den Betrieb des Satelliten zuständig. Das
Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das Verbundprojekt
QYRO im Rahmen der Fördermaßnahme "Leuchtturmprojekte der quantenbasierten
Messtechnik zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen."
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