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APPLAUSE
Digitale Auswertung alter Fotoplatten abgeschlossen
Redaktion / Pressemitteilung des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
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5. Juli 2022

Die vierte und letzte Datenveröffentlichung des APPLAUSE-Projekts stellt insgesamt 94.000 digitalisierte astronomische Fotoplatten zur Verfügung, die unter anderem mithilfe von Machine-Learning-Methoden analysiert und katalogisiert wurden. Erstmals sind dadurch nun auch digitalisierte Aufnahmen des vatikanischen Observatoriums verfügbar.

Fotoplatte

Diese Fotoplatte vom 24. November 1951 aus den Archiven des Vatikan-Observatoriums zeigt die Plejaden, einen Sternhaufen im Sternbild Stier.
Bild: APPLAUSE [Großansicht]

Astronomische Fotoaufnahmen sind einzigartig – sie zeigen Sterne und andere Himmelsobjekte zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt, der nicht wiederkommt. Das Projekt APPLAUSE (Archives of Photographic PLates for Astronomical USE) hat es sich zur Aufgabe gemacht, die in den beteiligten Sternwarten schlummernden Schätze an Fotoplatten zu scannen, zu analysieren und mit zusätzlichen Informationen angereichert allen Interessierten bereitzustellen. Das dafür verantwortliche Konsortium besteht aus Forschenden des Leibniz-Instituts für Astrophysik Potsdam (AIP), den Universitäten Hamburg und Erlangen-Nürnberg sowie der Sternwarte Tartu (Estland) und kündigt nun die vierte Datenveröffentlichung (DR4) der Datenbank APPLAUSE an. Damit wird die Publikation der mehr als 94.000 fotografischen astronomischen Aufnahmen aus den Jahren 1893 bis 1998 aus den Archiven der Partnerinstitute vervollständigt.

Die wichtigste Ergänzung stellen die Daten der Bamberger Durchmusterung des Nordhimmels dar, resultierend aus 17.600 fotografischen Platten, die zwischen 1912 und 1968 von der Dr. Karl Remeis-Sternwarte der Universität Erlangen-Nürnberg in Bamberg aufgenommen wurden. Damit hat APPLAUSE eine substantielle Erweiterung der Beobachtungsdaten der nördlichen Hemisphäre erfahren. Außerdem wurden Digitalisierungsbestände der Thüringer Landessternwarte (TLS) aus dem Archiv der Karl-Schwarzschild-Sternwarte bei Jena, der damaligen Sternwarte der Akademie der Wissenschaften der DDR, aus den Jahren 1960 bis 1998 zur Verfügung gestellt und integriert. 

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Auch der Vatikanstaat betreibt ein astronomisches Observatorium am Sommersitz des Papstes in Castel Gandolfo. Das Observatorium lieferte digitalisierte Daten aus den eigenen Archiven, die das Konsortium in APPLAUSE integrierte und die aufgrund ihrer sehr guten Qualität einen wichtigen Bestandteil darstellen. Von entscheidender Bedeutung für die astronomische Nutzung ist eine genaue Kalibration der digitalisierten Daten. Dazu entwickelten die beteiligten Forschenden das Open-Source-Programm PyPlate. Dieses nutzt Methoden des maschinellen Lernens zur Fehlererkennung. Beispielsweise konnte die Erkennung von Artefakten wie Kratzern und Staubkörnen auf den Platten mit den neuen Methoden gesteigert werden, was zu einer deutlich höheren Qualität der Daten führte.

Umfangreiche, im Dezember 2020 publizierte Kalibrationsdaten der ESA-Weltraummission Gaia bildeten die Grundlage für den Abgleich mit anderen astronomischen Katalogen. Nahezu 4,5 Milliarden Lichtquellen konnten extrahiert, kalibriert und in DR4 publiziert werden. Diese stehen nunmehr den Forschenden weltweit zur Verfügung und sind Teil der Daten des internationalen Virtuellen Observatoriums.

Doch welche Erkenntnisse lassen sich aus den historischen Fotoplatten heute noch gewinnen? Die Bamberger Sternwarte beispielsweise hatte mit ihren Durchmusterungen des Nord- und Südhimmels im vergangenen Jahrhundert zum Ziel, Sterne zu untersuchen, deren Helligkeit schwankt. Bei manchen Objekten ist ihre physikalische Beschaffenheit nicht bekannt. Der Stern HD49798 ist ein besonders interessantes Beispiel: Seine unstetigen Lichtschwankungen wurden in den 1960er- und frühen 1970er-Jahren auf den Bamberger Fotoplatten registriert, konnten aber erst im vergangenen Jahr ausgewertet werden. Sie zeigen nämlich, dass der Stern in den Jahren 1964/65 immer heller leuchtete, um danach bis 1974 wieder schwächer zu leuchten. Hinzu kamen schnelle Lichtveränderungen innerhalb weniger Tage.

Im Jahr 1999 wurde durch Satellitenmessungen schließlich entdeckt, dass von dem Stern Röntgenstrahlung ausgeht. Heute ist die Annahme, dass sie von einem unsichtbaren, sehr kompakten Begleiter, möglicherweise einem Neutronenstern, herrührt. Die langfristigen Helligkeitsvariationen waren bisher nicht bekannt, weil keine Messungen über einen so langen Zeitraum – zehn Jahre – existierten. Die historischen Daten der Fotoplatten liefern also bedeutende Hinweise für die Astronomie, die in den kommenden Jahren von Forscherinnen und Forschern noch auszuwerten sind. Das Sternenduo ist übrigens weiterhin einzigartig, denn bislang wurde keine andere Konstellation dieser Art im Weltall entdeckt.

Forum
Die Verbindung zwischen Radiostrahlung und Sternentstehung in Galaxien. Diskutieren Sie mit anderen Lesern im astronews.com Forum.
siehe auch
APPLAUSE: Archivschätze verwertbar gemacht - 5. November 2018
Links im WWW
APPLAUSE-Archiv
Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam
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